Wind über der Prärie. Regan Holdridge

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Wind über der Prärie - Regan Holdridge

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und wandte sich zum Gehen. „Ich muss nach Hause! Auf Wiedersehen!“

      Er lächelte. „Auf Wiedersehen, Julie-Mädchen!“

      Großen Schrittes marschierte sie die Straße hinab. Sie wusste, dass es unschicklich aussah und dass Luise sie schelten würde, doch Julie war viel zu aufgeregt, um sich darüber groß Gedanken zu machen. Sie freute sich, wieder einmal reiten zu können und vor allem, einen Nachmittag mit den Stromsons zu verbringen. Es war immer nett bei ihnen und Geertje konnte aus einfachsten Bestandteilen herrlichstes Gebäck zaubern. Sie musste es nur noch ihren Eltern schonend beibringen, denn der Sonntag war heilig und unantastbar in den Augen ihres Vaters. Ein Tag, an dem niemand arbeitete oder etwas tat, was ihn entheiligen könnte. Julie seufzte. Manchmal hasste sie es, die Tochter eines Pastors zu sein.

      Ihr Haus lag einige Meter hinter der Hauptstraße zurückversetzt. So hatte Friedrich es sich gewünscht, denn dort wuchsen hohe, alte Bäume und unter denen wollte er zukünftig im Sommer sitzen und die Sonnenuntergänge beobachten. Es war ein einfacher Bau, nur aus dem Erdgeschoß bestehend. Ein Obergeschoß sollte erst später hinzukommen, jedenfalls sah das Friedrichs Planung vor. Ein kleiner Wohnraum mit angeschlossener Küche befand sich gleich hinter der Haustür. Von dort führten drei schmale Türen in die winzigen Schlafzimmer. Mehr gab es nicht. Gebadet wurde in einer kleinen Wanne im jeweiligen Schlafzimmer und die Wäsche wurde im See gewaschen.

      Als Julie eintrat, fiel ihr Blick als erstes auf Hugh, der am Tisch saß und über den Unterlagen für den morgigen Unterricht brütete. Es gab keinen Lehrer unter den Einwanderern und so hatte jemand anderer die Stelle vorerst übernehmen müssen. Zunächst war die Wahl des Stadtrats auf Friedrich gefallen, doch dieser sah sich neben seinem Kirchendienst nicht dazu in der Lage, auch noch eine Schar von knapp fünfzig Kindern zu unterrichten und zu bändigen. Nach einigen Überlegungen hatten sie schließlich Hugh gebeten, die Aufgabe so lange zu übernehmen, bis mit einem anderen Siedlertreck vielleicht ein Lehrer ankommen würde. Zu Anfang war Hugh nicht begeistert gewesen von dieser Idee. Er selbst war gerade einmal neunzehn Jahre alt und was konnte er den Kindern schon beibringen? Gut, er beherrschte am besten Englisch von allen hier, inzwischen sogar besser als seine Schwester und er hatte in Deutschland die höchste Schule besucht. Dennoch war er dem Vorschlag zunächst sehr skeptisch gegenübergestanden. Er hatte noch nie unterrichtet und er besaß auch im Umgang mit Kindern nicht viel Erfahrung. Inzwischen lagen jedoch drei Wochen zurück und er hatte sich einige Bücher zusammengeliehen, ein paar aus dem Fort, andere von Bürgern des Ortes. So hatte er zumindest eine gewisse Grundlage für das, was er neben Englisch und Rechnen noch unterrichten konnte. Er begrüßte die Entscheidung des Stadtrats sehr, schnellstens richtige Schulbücher aus dem Osten zu bestellen und konnte ihre Ankunft kaum erwarten. Für Montag nahm er sich immer Erkunde zur Brust und deshalb blätterte er jetzt eifrig in einem Atlas mit bunten Bildern und einem Buch über die Substanzen im Erdboden und den Aufbau der verschiedenen Vegetationszonen. Dass er sich diesen wertvollen Band von Captain Harbach hatte persönlich ausleihen dürfen, machte Hugh besonders stolz und er behandelte ihn mit größter Sorgfalt.

      Jetzt, als er die Türe neben sich aufschwingen bemerkte, hob er kurz den Blick, um ein „Hallo Julie!“ zu murmeln und sich dann wieder über die Unterlagen zu beugen.

      Seine Schwester seufzte und schenkte ihm keine weitere Beachtung. Sie hatte sich eine ganz andere Strategie ausgedacht, um auf jeden Fall von hier fortzukommen. Zu ihrer Zufriedenheit stellte sie fest, dass der Rest ihrer Familie noch vor der Kirche versammelt sein musste, um ein sonntägliches Gespräch mit den Gemeindemitgliedern zu führen. Wie großartig! Julie eilte in ihr Zimmer und befreite sich von den unbequemen Röcken, dem Korsett und der steifen Jacke. Achtlos warf sie alles auf ihr Bett, um stattdessen in die schiefgelaufenen Stiefel und den Reitrock zu schlüpfen. Dazu trug sie immer eine weite, meist farbig karierte Bluse, wie es die Männer taten. Heute allerdings zog sie noch eine ärmellose Weste darüber, denn der Wind konnte am späten Nachmittag bereits empfindlich kühl werden.

      Hugh blickte nicht auf, als sie wieder in den Wohnraum zurückkam, die Tasche in der Hand, die Hardy ihr bereits in St. Louis vermacht hatte und die Julie immer begleitete, wenn sie zu einem Patienten musste.

      „Ich gehe dann! Sag Vater und Mutter, dass sie nicht auf mich warten müssen, mit dem Essen, meine ich. Es könnte später werden!“ Sie eilte zur Tür.

      „Moment!“, rief Hugh ihr verdutzt nach. „Wo willst du denn hin? Und was hast du gesagt, soll ich ausrichten?“

      Julie verzog das Gesicht. „Du sollte ihnen sagen...ach, ist doch egal! Ich muss zu den Stromsons hinaus und nach Geertje sehen!“

      „Jetzt? Heute? Am Sonntag?“

      „Warum nicht?“, rief Julie trotzig. „Du arbeitest heute auch und du bist sogar gleich nach dem Gottesdienst auf und davon! Warum sollte ich nicht zu Geertje reiten und sehen, ob es ihr gut geht?“

      „Weil...weil...“ Hugh fiel kein passendes Argument ein. Er machte eine ärgerliche, wegwerfende Handbewegung. „Ach, hau doch ab! Wirst schon sehen, was Vater davon hält!“

      „Jawohl, ich gehe!“ Julie riss die Tür auf und stürmte ins Freie. Wütend stapfte sie den Weg zu Miklós’ Stall hinauf. Sie hoffte inständig, er würde bereits da sein. Ansonsten sattelte sie sich einfach den großen Fuchs selbst, den sie immer ritt, wenn sie auf eine der Farmen musste. Bis dahin würde ihr ungarischer Freund bestimmt zurück sein. Tatsächlich war niemand im Stall anzutreffen, obwohl das große Tor an der Frontseite offenstand. Julie seufzte. Sie hasste es, den schweren Sattel alleine auf das große Tier hieven zu müssen, aber es half nichts. Es dauerte fast eine Viertelstunde, bis sie den Fuchs gesattelt und aufgezäumt hatte und dann erschien Miklós.

      „Ah!“, sagte er und grinste. „Du! Hätte ich wissen müssen! Nur du holst einfach ein Pferd!“

      „Entschuldige!“ Julie band ihre Tasche am Sattel fest. „Aber du weißt ja, dass ich ihn dir zurückbringe!“

      Der Ungar lachte heiser auf. „Natürlich! Reite nur zu, Mädchen! Immer auf und davon! Brauchst mir dieses Pferd auch gar nicht mehr bringen! Lässt sich sowieso bloß von dir gut reiten!“

      „Na, mein Vater wäre nicht begeistert!“, meinte Julie lachend, während sie sich in den Sattel schwang. „Er findet es schon sündhaft, dass ich überhaupt reite wie ein Mann!“

      „Wie ein Mann?“, rief Miklós verständnislos. „Bei uns in Ungarn alle Mädchen reiten mit einem Bein rechts und einem links! Ist doch viel einfacher!“

      „Bis heute Abend!“ Julie grinste und trieb das Pferd vorwärts. Sie mochte den Stallbesitzer und seine Sprüche, die er stets auf seine lustige Art mit inkorrekter Grammatik von sich gab. Er verriet sie nie, wenn sie wieder einmal davonritt und außer Hardy niemand wusste, wohin ihr Weg sie führte. Er gab ihr auch jedesmal ohne lange Fragereien den Wallach und verlangte kein Geld von ihr dafür, weil er wusste, dass sie irgendwo außerhalb der Stadt jemanden zu versorgen hatte.

      Der Weg zur kleinen Farm der Stromsons führte über unwegsames, steiniges Gelände. Einen richtigen Weg gab es ohnehin nicht, nur einen schmalen Pfad, der zur Not auch mit einer kleinen Kutsche befahren werden konnte, das allerdings nur langsam. Julie kannte die Gegend und sie träumte ein wenig vor sich hin, wie sie es meistens tat, wenn sie zu einem der Siedler hinaus ritt. Dunkle Wolken machten sich von Westen her über dem Land breit, die wohl bald Regen bringen sollten. Auf einem der Felsformationen zu ihrer Linken, weit hinter dem Wald, schien jemand ein Feuer gemacht zu haben, denn weißer Rauch zog von dort langsam gen Himmel. Julie schenkte ihm keine weitere Beachtung, denn sie hatte das kleine Farmhaus beinahe erreicht. Es lag geschützt zwischen hohen Sträuchern am Fuße eines Hügels. Aus dem einfachen Steinkamin stieg Rauch auf und die Schafherde blökte in der großzügigen Umzäunung

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