Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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Blick über ihre Schulter /61/ nach dem räthselhaften Grafen zurück und sah jetzt, daß er stehen geblieben war und ihr nachschaute. Aber wenn er kein Geld bei sich hatte, konnte ihr auch seine Person nichts nützen. Sie besaß ja nun seine richtige Adresse und er war ihr gewiß.

      Hobelmann übrigens folgte ihr, wie sie sich abdrehte, gerade so wie der Steuerräthin, um sie ebenfalls sicheren Händen zu überliefern, als er plötzlich durch eine neue Erscheinung zurückgehalten wurde. Auf dem andern Gang nämlich kam eine ganze Gesellschaft lachend und scherzend heraus, und als er einen flüchtigen Blick hinüberwarf, wollte er seinen eigenen Augen nicht mehr trauen. Vor sich nämlich sah' er die beiden hübschen jungen Mädchen von gestern Abend - mit der Einen hatte er selber getanzt - sah er außerdem jenes Fräulein von Losenbrett, die ihnen die entsetzlichen Gedichte vorgelesen, und noch eine andere Dame, auf deren Namen er sich nicht gleich besinnen konnte. Daß sie aber mit in die Anstalt gehöre, hätte er beschwören können, und zum Ueberfluß ging der junge unbändige Mensch, vor dem ihn sein Führer besonders gewarnt hatte, mit ihnen. Dieser Irrsinnige lachte und erzählte und that gar nicht, als ob er jeden Augenblick beim Kragen genommen und wieder zurück unter Schloß und Riegel geschafft werden könne.

      Aber war denn das ganze Irrenhaus heute ausgebrochen? Denn daß man solchen Leuten gestattete frei umher zu gehen und ihre Mitmenschen zu gefährden, ließ sich doch nicht denken. Fast unwillkürlich nahm er auch den Hut vor der Gesellschaft ab, die ihn ebenfalls erkannte, und schritt rasch vorüber. - Die Königin von Birma hatte er ganz vergessen.

      „Das ist eine wunderliche Geschichte," brummte er in sich hinein. „Kein Gefangenwärter, kein Polizeidiener in der Nähe, und hier auf öffentlicher Promenade ein ganzer Trupp von Wahnsinnigen, - Aber was kümmert es eigentlich mich? Wenn sich Die, die es angeht, nicht daran kehren, brauch' ich mir auch keine Sorge weiter deshalb zu machen. Der alte Medicinalrath mag aber eine schöne Nase bekommen, wenn die Sache ruchbar wird."

      In solchen Gedanken und ganz mit den eben gesehenen /62/ Leuten beschäftigt, blieb er endlich stehen, als diese an ihm vorbeigegangen waren, und wußte jetzt wirklich nicht, was er thun solle: nach Hause gehen und sich weiter gar nicht um das Geschehene kümmern, oder die Flucht der Wahnsinnigen anzeigen. Gerade aber war er mit sich im Reinen, das erstere zu befolgen, als ein langer, breitschultriger Herr mit einem großen Schnurrbart auf ihn zukam und sagte:

      „Apropos, mein Herr, Sie treffe ich hier zur guten Stunde."

      „Ich weiß nicht, daß ich das Vergnügen hätte, Ihre werthe Bekanntschaft -" stammelte Herr Hobelmann, von der rauhen Anrede verblüfft.

      „Wir waren gestern Abend zusammen in Gesellschaft beim Regierungsrath Kettenbrock," unterbrach ihn aber der mit dem Schnurrbart, „und dort hatten Sie die Unverschämtheit, mir, als Sie gingen, nachdem Sie fast alle Damen der Gesellschaft beleidigt, einen Thalerschein in die Hand zu drücken. Herr, für wen halten Sie mich?"

      Bei diesen Worten nahm der Ergrimmte das sorgfältig aufbewahrte Papier aus der Tasche und hielt es dem bestürzten Herrn Hobelmann unter die Nase.

      Herr Hobelmann wollte eben dagegen protestiren, daß er je in einer Gesellschaft bei einem Herrn Kettenbrock gewesen wäre, als er die Persönlichkeit, den langen Mann mit dem großen Schnurrbart, wieder erkannte. Vor der trotzigen Anrede und dem finstern Blick übrigens einen Schritt zurückweichend, sagte er freundlich:

      „Sehr verehrter Herr, es ist mir außerordentlich beruhigend, daß ich Sie gerade jetzt, und jener Gesellschaft folgend, treffe. Was übrigens den Kassenschein betrifft, so hatte ich nicht die entfernteste Absicht, Sie zu beleidigen, sondern wollte Ihnen nur, als dem Krankenwärter der Anstalt, ein Trinkgeld geben. Heute scheinen indessen alle Ihre Kranken -"

      „Herr, sind Sie verrückt?" unterbrach der Hauptmann den Andern, indem er ganz bleich vor Wuth wurde. „Aber diesen Schimpf sollen Sie mit Ihrem Blute bezahlen. Ich ein Krankenwärter? - Tod und Teufel Wo ist Ihre Wohnung. Herr?"

      „Aber ich begreife Sie nicht -" /63/

      „Wo ist Ihre Wohnung, Herr - geben Sie mir Ihre Karte, oder Sie reizen mich, etwas zu thun, das ich später vielleicht bereuen würde," flüsterte der Hauptmann, und Herr Hobelmann bemerkte zu seinem Schrecken, wie der Fremde vor verhaltener Wuth förmlich blau im Gesicht geworden war. Von einem so entsetzlich aufgeregten Menschen ließ sich das Schlimmste erwarten, und um nicht auf offener Promenade angefallen zu werden, gab er ihm rasch die verlangte Karte. Damit hatte er aber auch jeder Anforderung, die der Beleidigte in diesem Augenblick an ihn stellen konnte, genügt, und der Hauptmann sagte, indem er ihm verächtlich den Rücken wandte:

      „Sie werden heut Abend von mir hören, da - nehmen Sie!" - und mit den Worten, indem er dem bestürzten Herrn Hobelmann seine eigene Karte und den Papierthaler in die Hand drückte, schritt er, ohne den verdutzten Advocaten weiter eines Blickes zu würdigen, die Promenade eilig hinab. Herr Hobelmann aber sprach bestürzt vor sich hin:

      „Wenn der nicht toller ist, wie irgend Einer der seiner Zucht anvertrauten Patienten, so will ich selber dort eingesperrt werden. Jetzt aber habe ich die Geschichte satt, und bis die ganze Bande nicht wieder eingefangen ist, setze ich keinen Fuß mehr vor die Thür."

      Damit bog er seitwärts der Stadt zu und in eine kleine Seitenstraße ein, und eilte so rasch er konnte seiner Wohnung zu.

      VII.

      Dort angekommen, suchte er aber unverzüglich seinen Wirth, den Geheimrath von Pottlitz, aus, um diesem die Begebnisse des letzten Abends und heutigen Tages zu erzählen und ihn um seinen Rath zu fragen, wie er sich dabei zu verhalten habe. Der alte Herr hörte ihm aufmerksam zu, schüttelte dabei erst langsam, dann jedoch immer bedenklicher mit dem /64/ Kopfe, und sagte endlich, als Herr Hobelmann fertig war und ihn erwartungsvoll ansah:

      „Hören Sie, mein guter Herr Hobelmann, das ist eine höchst wunderliche Geschichte, die Sie mir da erzählen. Vor allen Dingen möchte ich Ihnen aber Eins bemerken. Wir haben hier allerdings ein Irrenhaus, eine Privatanstalt, aber eine gute Stunde von der Stadt entfernt und weit außerhalb des Droschkenbezirks. Sind Sie gestern Abend dort gewesen?"

      „Gott bewahre," sagte Herr Hobelmann, „die Anstalt muß in der unmittelbaren Nähe der Stadt liegen, oder vielmehr in der Vorstadt da drüben. Wir sind keine zehn Minuten gefahren, und ich bin den Weg dann in nicht ganz einer Viertelstunde zurückgegangen."

      „Und bei wem sagte Ihr vermeintlicher Krankenwärter, daß sie einander gestern Abend in Gesellschaft begegnet wären?"

      „Der faselte von einem Regierungsrath Kettenbork oder Kettenbrock."

      „Und wer hat Sie in jene Anstalt eingeführt?"

      „Ein junger Mann, ein gewisser Doctor Franz, ein Neffe des alten Obermedicinalraths. Er nannte ihn auch Onkel."

      „Und die ganze Gesellschaft haben Sie heut Abend auf der Promenade getroffen?"

      „Die ganze Gesellschaft allerdings nicht, aber wenigstens sechs oder sieben Personen davon."

      „Soll ich Ihnen jetzt meine Meinung sagen?"

      „Ich bitte Sie darum."

      „Gut. Jener Herr Doctor Franz hat sich einen, allerdings ziemlich derben Spaß mit Ihnen erlaubt und Sie in eine ganz vernünftige, gewöhnliche Abendgesellschaft gebracht, unter dem Vorwände Sie in ein Irrenhaus zu führen."

      „Aber das ist nicht möglich!" rief Herr Hobelmann entrüstet aus. „Die Königin von Birma -"

      „Erlauben

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