Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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geworden und todmatt auf einen Stuhl geflüchtet war, während Franz Kettenbrock, der seinen Gast nicht aus den Augen ließ, wieder zu ihm trat, „so, das glaub' ich! Für sich suchen Sie sich die hübschesten Mädchen aus, und mir hängen Sie die alten auf, damit sie mich durch ihre Tanzwuth ruiniren."

      „Aber Fräulein von Losenbrett -"

      „Daß die verrückt ist, will ich selber unterschreiben," stöhnte der durchaus Fertige, „denn was mir die für Unsinn in den paar Minuten vorgeschwatzt hat, das geht auf kein Buch groß Royalpapier. Ich sagte nur immer Ja, um sie nicht zu reizen."

      „So kommen Sie jetzt mit in jenen Erker, daß wir uns ein wenig ausruhen," sagte Franz - „auch stehen dort Erfrischungen. Bleiben wir hier, so werden wir doch gleich

      wieder zum Tanzen abgefaßt."

      „Wohin?" rief Hobelmann erfreut. „Nur nicht wieder tanzen, sonst bin ich morgen früh ein todter Mann."

      Er erschrak aber ordentlich, als ihnen am Eingang des /46/ kleinen Erkers anstatt einer Erfrischung die unvermeidliche Emma von Losenbrett, diesmal mit einem Heft Manuscript in der Hand, entgegentrat, und wollte sich rasch aus der Schlinge ziehen. Franz hielt aber sein Opfer fest, und die Dame sagte lächelnd:

      „Das ist hübsch von Ihnen, daß Sie Wort halten. Jetzt nehmen Sie hier Platz, Louise wird uns Gesellschaft leisten. Ich habe mich unendlich auf diesen Augenblick gefreut."

      „Mich entschuldigen Sie vielleicht," sagte Herr Hobelmann.

      Franz aber warf ihm einen warnenden Blick zu, der ihn in den Erker hineintrieb. Als einmal der Vorhang hinter ihm gefallen, gab es kein Entrinnen. Hobelmann sowohl wie Franz kamen nicht eher von der Vorlesung los, als bis sie von der Commerzienräthin in ihrem Versteck aufgestöbert wurden.

      „Zur Belohnung für Ihre Geduld gegen eine unserer gefährlichsten Kranken," tröstete Franz den Advocaten, der keine einzige vernünftige Stelle in allen den Versen des Fräuleins gefunden haben wollte, „zur Belohnung dafür werde ich Sie jetzt mit ein paar ganz harmlosen jungen Geschöpfen bekannt machen, die, vollkommen vernünftig in jeder andern Hinsicht, nur ein paar unbedeutende fixe Ideen haben."

      „Mit Einer von diesen haben Sie vorhin getanzt?"

      „Allerdings - und dort kommt die Andere. Die ist Ihnen doch hübsch und jung genug?"

      „Ein allerliebstes Mädchen."

      „Schön - wenn Sie sich bei ihr in Gunst setzen wollen, so bitten Sie sie nur um eine Prise."

      „Sie schnupft?"

      „Leidenschaftlich."

      „Aber das ist doch nicht ihre Krankheit?"

      „Nein - das arme Geschöpf, das kaum siebzehn Jahre zählen kann, bildet sich ein, daß es seit zehn Jahren verheiratet sei - an einen Mann, der nach Amerika gegangen und von dort in der nächsten Woche zurückkehren werde."

      „Das ist sehr traurig," sagte Herr Hobelmann.

      „Sie ist übrigens vollständig zurechnungsfähig, sobald man sie in diesem Wahn läßt," fuhr Franz Kettenbrock fort, /47/ „verfällt aber in die gefährlichsten Ausbrüche, sobald man ihr nur im Geringsten widerspricht."

      „Dann wäre es mir am liebsten, Sie ließen mich ihr aus dem Weg gehen," meinte Herr Hobelmann.

      „Sie haben nicht das Geringste zu besorgen," beruhigte ihn aber Franz; „so wie Sie sich nur angelegentlich nach dem Befinden ihres Gemahls erkundigen - von seinem Wohlsein mit ihr sprechen - ist sie überaus glücklich. - Fränzchen!" wandte er sich in diesem Augenblick an die herantretende Dame. „Hier habe ich das Vergnügen, Dir den Herrn Grafen Hobelmann vorzustellen, der Dich durch mich um den nächsten Walzer ersuchen läßt."

      Hobelmann zupfte seinen Peiniger heimlich am Rock, denn er konnte vor Mattigkeit kaum noch die Füße vom Boden heben; aber es half ihm nichts, Base Fränzchen, in ihrer Gutmüthigkeit, neigte sich freundlich gegen ihn, und die einfallende Musik erlaubte kein weiteres Sträuben.

      „Onkel hat uns schon mitgetheilt," sagte sie mit ihrer liebenswürdigen Freundlichkeit, während Franz etwas auf die Seite trat, „daß uns der Vetter einen werthen Besuch in Ihnen mitgebracht."

      „Wie jammerschade um das liebe Wesen," dachte Hobelmann. „Sie sind sehr gütig, gnädige Frau," erwiderte er laut. „Haben Sie kürzlich Nachricht von Ihrem Herrn Gemahl erhalten?"

      Fränzchen sah ihn erstaunt an, aber eben folgten sie dem ihnen zunächst vorantanzenden Paare. Sie begnügte sich daher, mit einem tiefen Erröthen zu fragen:

      „Meinem Gemahl?"

      „Ich weiß, daß er lange in Amerika ist," keuchte Herr Hobelmann. „Und jetzt auf dem Rückwege zu Ihnen."

      „Für wie alt halten Sie mich?" lächelte ihn da Fränzchen so schelmisch an, daß Herr Hobelmann seine Geistesgegenwart vollends verlor und verlegen stammelte:

      „Sie entschuldigen, gnädige Frau - aber - ich - ich weiß wirklich nicht. Sie - scheinen sich ausgezeichnet conservirt zu haben."

      Fränzchen sah ihn erstaunt an - aber ein plötzlicher Ge/48/danke zuckte ihr durch den Sinn, und ihr Auge suchte den Vetter Franz. Dieser unterhielt sich aber gerade auf das Angelegentlichste mit einer andern jungen Dame seiner Bekanntschaft und trat mir ihr ebenfalls zum Tanze an. Auf das Paar, zu welchem Hobelmann gehörte, schien er gar nicht weiter zu achten.

      Bei der ersten Pause, die er machte, hatte Fränzchen den Havanesen eingeholt. „Was für einen Menschen hast Du uns denn da zugeführt?"

      „Ich?" erwiderte Franz gelassen, „meinst Du den Grafen?"

      „Entweder ist er verrückt, oder ich - sehe aus wie eine Matrone von vierzig Jahren!" rief das Mädchen und wurde gluthroth bei den Worten.

      „Matrone von vierzig Jahren, mein schönes Bäschen, ist ein Unding und existirt gar nicht auf der Welt," lachte Franz , als Antwort. „Ueberhaupt giebt es keine Damen in den vierziger Jahren, ausgenommen in den niederen Ständen; höchstens Damen von zweiunddreißig bis vierunddreißig Jahren, und dann ganz alte, würdige Matronen hoch in den Fünfzigen."

      „Du bist boshaft, Vetter," sagte Fränzchen und warf einen scheuen Blick nach ihrem Tänzer hinüber, der eine kurze Strecke von ihnen entfernt stand und sich mit der Hoffnung schmeichelte, daß ihn seine Tänzerin verlassen habe und nicht wiederkehren würde.

      „Aber er tanzt vortrefflich, nicht wahr?" sagte Franz.

      „Wie ein Mehlsack. Zweimal hat er mich schon aus die Füße getreten," sagte Fränzchen. „Wenn ich den Walzer mit ihm aushalte, ist das nur ein Opfer, das ich Deinem Ehrentage bringe."

      „Aber, bestes Bäschen - ich muß jetzt fort - nachher ein Weiteres."

      In der Ecke des Saales stand der Hauptmann Stimbeck mit dem alten Regierungsrath Kettenbrock zusammen.

      „Sagen Sie mir einmal, Regierungsrath, was ist denn das für ein wunderlicher Kauz, den uns Ihr Neffe heut Abend mitgebracht hat?" /49/

      „Ja, ich kenne ihn selber nicht recht, ein Herr Hobelmaus, oder Hobelmann, glaub' ich -"

      „Herr

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