Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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der hell erleuchteten Etage des Regierungsraths stehen, und erst als der Fremde um die nächste Ecke verschwunden war, nahm er seinen Schlüssel aus der Tasche, öffnete still vor sich hinlachend die Thür und tauchte ebenfalls in das Innere des Hauses ein.

      Herr Hobelmann, mit keiner Ahnung übrigens, welchen Zwecken er den Abend gedient haben könnte, schlief die Nacht ganz ausgezeichnet, und erwachte am nächsten Morgen etwas später als sonst für seine Geschäfte. Um neun Uhr brütete er aber doch schon wieder über einem tüchtigen Stoß Acten, und ging erst im Laufe des Nachmittags aus, um eine Stunde lang frische Luft zu schöpfen.

      Um Yvenburg ringelte sich eine sehr hübsch arrangirte und gut unterhaltene Promenade, die Vorstädte von der eigentlichen Stadt trennend und den in ihre hohen Häuser eingeengten Städtern Luft, Licht und Schatten gewährend. Schmale Wege zogen sich, hier in einander laufend, dort wieder nach verschiedenen Richtungen auszweigend, neben einander hin und wurden an schönen Abenden von den Bewohnern von Yvenburg auf das Lebhafteste frequentirt.

      Hobelmann hatte übrigens andere Dinge im Kopf, als sich viel um die ihm fremden Bewohner von Yvenburg zu bekümmern. Deshalb, die Hände auf den Rücken gelegt, den Kopf etwas gesenkt, war er schon eine ganze Weile achtlos dahingeschritten, als er plötzlich mit einer ihm gerade entgegenkommenden Dame fast zusammenrannte. Wie er aber den Kopf hob, sah er sich Auge in Auge mit der Frau Steuerräthin, die ihn kaum erkannte, als sie ihm einen majestätischen Blick der Verachtung zuschleuderte und dann vorüberrauschte.

      Im ersten Moment, und in dem Gefühl ein bekanntes Gesicht vor sich zu haben, griff Herr Hobelmann nach seinem Hut; im folgenden Augenblick aber, als mit der Erinnerung an gestern Abend die Gestalt der Dame Form und Namen erhielt, erschrak er ordentlich.

      Jene ungarische Gräfin, die sich für eine Steuerräthin hielt, auf offener Straße? - Jedenfalls hatte sie also gestern Abend eine unbewachte Gelegenheit wahrgenommen und war /58/ entsprungen - in dem Kleiderstaat, den sie auch heute trug, konnte sie recht gut gerade vom Balle kommen - und Herr Hobelmann blieb im ersten Augenblick, vollkommen unschlüssig über das, was er thun solle, stehen und sah ihr nach. Sein Gefühl für bürgerliche Sicherheit und Gerichte ließ ihn aber nicht lange in Zweifel, und die Frau Steuerräthin, die es sich nicht versagen konnte zurückzuschauen, ob der „freche Graf" durch den ihm zugeschleuderten Blick auch wirklich vernichtet sei, bemerkte zu ihrem unbegrenzten Erstaunen, daß er umdrehe und ihr folge. - Wollte er sie anreden? - ha, er sollte nur kommen, - sie fühlte sich gerade in der Stimmung, ihm mit kalten, dürren Worten zu sagen, wie sehr sie ihn geringschätze.

      Obgleich sie sehr langsam ging, überholte sie aber der vermeintliche Graf doch nicht, sondern blieb in gleicher Entfernung hinter ihr, und als sie eine an ihr vorbeigehende Dame benutzte, den Kopf zurückzuwenden, sah sie sogar, daß der Unverschämte mit einem gerade dort stehenden Polizeidiener sprach und auf sie deutete.

      Der liebe Gott nur weiß, weshalb sie dabei so erschrak, aber sie wurde leichenblaß, und war sie früher langsam gegangen, so verdoppelte sie jetzt ihre Schritte, dem verhaßten Menschen zu entkommen. Der Polizeidiener blieb aber nicht allein hinter ihr, sondern überholte sie sogar, und als er an ihr vorüberging, als ob er irgend ein anderes Ziel verfolge, drehte er sich nach ihr um und sah ihr in's Gesicht - dann ging er wieder langsamer, ließ sie vorbei und hielt sich nur in ihrer Nähe.

      Herr Hobelmann dagegen, der jetzt glaubte seiner Pflicht genügt zu haben, indem er die Polizei auf ein der Gesellschaft gefährliches Individuum aufmerksam gemacht, zugleich aber auch mit der Sache weiter nichts zu thun haben mochte, drehte wieder um, um seinen vorhin begonnenen und durch die Steuerräthin unterbrochenen Weg fortzusetzen. Er hatte die Dame auch in der That schon beinahe vergessen, als er auf eine so eigenthümliche als wirksame Art auf's Neue an sie erinnert wurde.

      „Ach, mein lieber Herr Graf," redete ihn eine ältliche /59/ Dame in einem mit großen Blumen besäeten Hut und in größte Toilette gekleidet an, indem sie auf ihn zutrat und, als er an ihr vorbeischlüpfen wollte, seinen Arm berührte, „das ist ja ein sehr glücklicher Zufall, der mich Sie hier finden läßt. Mein Mädchen ist heute Morgen nach dreistündigem Umherlaufen nach der mir von Franz gegebenen Adresse nicht im Stande gewesen, Sie aufzufinden. - Auch auf der Polizei war es nicht möglich, den Herrn Grafen zu erfragen, und ich wollte mir eben noch einmal Ihre richtige Adresse geben lassen."

      „Die Königin von Birma!" dachte Hobelmann erschreckt. „Gleichfalls ausgekniffen? Die beiden Frauenzimmer müssen zusammen davongelaufen sein - das ist wirklich eine schöne Aufsicht in der Anstalt."

      „Sie kennen mich am Ende gar nicht mehr?" lächelte die Frau Commerzienräthin, als sie sein bestürztes Gesicht bemerkte.

      „Oh, ja wohl, Majestät," sagte Herr Hobelmann, noch unschlüssig ob er die Unglückliche sofort in Person festhalten und um Hülfe rufen, oder sie ebenfalls - wie vorhin die ungarische Gräfin - ungesehen verfolgen und dem ersten ihm begegnenden Polizeidiener anempfehlen solle. Natürlich mußte er nur jetzt noch, so lange sie in Freiheit war, auf ihre vermeintlichen Ideen eingehen. „Ich werde so leicht die Ehre nicht vergessen, bei Ihnen Audienz erhalten zu haben."

      „Ja - um's Himmels willen," sagte die Frau Commerzienräthin erschreckt, „für wen - für wen halten Sie mich denn?"

      „Majestät können, wenn Sie nicht erkannt sein wollen," sagte Herr Hobelmann, der das Erstaunen ganz falsch verstanden, „auf meine volle Discretion rechnen."

      „Der Graf ist verrückt geworden; er ist rein übergeschnappt," dachte die bestürzte Dame und wollte sich schon mit einer Verbeugung zurückziehen - aber die zehn Louisd'or konnte sie doch nicht im Stiche lassen, und mit nur etwas ängstlicher Stimme sagte sie:

      „Sie erinnern sich doch, daß Sie gestern Abend so freund-/60/lich waren, eine kleine Summe zum Besten der heidnischen Waisen zu unterschreiben?"

      „Allerdings," erwiderte Herr Hobelmann ohne den mindesten Rückhalt, denn ein Widerspruch hätte ihm hier auf der Straße eine heftige Scene bereiten können - „mit dem Wunsche, daß das Geld segensreiche Früchte tragen möge."

      „Er ist doch am Ende nicht verrückt," sagte sich die Frau Commerzienräthin. „Um Ihre werthe Adresse dürfte ich Sie dann wohl bitten," fügte sie laut hinzu, „wenn Sie das Geld nicht gerade bei sich haben sollten."

      „Hm," dachte Herr Hobelmann - „so viel Verstand besitzt sie doch, daß sie das nicht vergessen hat. Geld kann sie aber nicht bekommen, lieber halt' ich sie mit der Adresse hin."

      „Majestät," sprach er also, „Geld habe ich im Augenblick in der That nicht bei mir, die Adresse steht Ihnen aber mit Freuden zu Befehl, und es wird mir eine Ehre sein, dieselbe von Ihnen einzulösen."

      „Er ist doch verrückt," dachte die Commerzienräthin - „wenn ich nur erst meine zehn Louisd'or von ihm hätte." Dabei nahm sie die ihr gereichte Karte, dankte Herrn Hobelmann und suchte so rasch als möglich aus der ihr unheimlich werdenden Nähe des Mannes zu kommen. Kaum war sie aber ein paar Schritte von ihm entfernt, als sie auch einen verstohlenen Blick auf die Karte warf, und zu ihrem Erstaunen dort keinen Grafentitel, sondern nur die einfachen Worte las:

      G. Hobelmann,

      Advocat und Notar,

      und darunter war mit Bleistift geschrieben:

      Nr. 17, Ecke der Kreuzgasse und Neuen Straße.

      Wie hing das zusammen? - Aber es ließ sich auch erklären: das G. vorn bedeutete den Grafen, verschwieg aber den Rang, weil sich derselbe nicht wohl mit der Beschäftigung eines Advocaten vertrug. Was aber hatte ihn so zurückgebracht, daß er sich sein Brod mit einer seinem Rang so wenig entsprechenden Berufsart

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