Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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fort - ich bin im Augenblick wieder da. Wie viel Uhr haben wir jetzt?"

      „Es wird gleich halb zehn Uhr sein."

      „Schön, lieber Onkel. So lassen Sie den Ball nur beginnen."

      „Aber den Tanz wirst Du doch eröffnen?"

      „Gewiß, wenn Sie es wünschen. Bis Sie in Ordnung sind, bin ich wieder da. Ich will nur mein Schuhwerk wechseln, denn ich blieb vorhin mit der linken Sohle an einer Schwelle hängen und habe sie mir abgesprengt."

      „Bleib mir nicht zu lange aus. So wie Steuerraths Euphrosine die Gnadenarie und etwa noch „Die schönsten Augen" zu Ende gesungen hat, geb' ich der Tanzmusik das Zeichen."

      Der junge Havanese benutzte den nächsten Moment, um die Thür zu erreichen, und einige ihm nachgeschleuderte Blicke aus schönen Augen nicht achtend, stürzte er hinaus, warf seinen Paletot über und war wenige Secunden später auf der Straße.

      „Wie viel Uhr haben wir, Kutscher?" rief er einer der unten haltenden Droschken entgegen.

      „Gerade schlägt's halb zehn Uhr."

      „Ecke der Kreuzgasse und Neuen Straße! Dort wird ein Herr zu mir einsteigen, dann drehst Du augenblicklich um und fährst hierher zurück - aber nicht an die Front des Hauses. Weißt Du, wo der Garten an der Promenade ausmündet?" /35/

      „Von dem Hause hier? - gewiß - es brennt gerade eine Laterne an der Pforte dort."

      „Dorthin fährst Du, aber nicht den nächsten Weg. Fahr aus dem Emmer-Thor hinaus und das Stück über die Promenade bis an die Gartenthür - verstanden?"

      „Sehr wohl."

      „Hier ist Dein Fahrgeld für beide Touren und laß Dein Pferd ein wenig austraben."

      Der Kutscher, sehr zufrieden mit dem ihm gegebenen Gelde, zog seinem Gaul ein paar tüchtige Peitschenhiebe über und ließ die alte Droschke über das holprige Straßenpflaster rasseln. Es dauerte auch nicht lange, so befanden sie sich an der bezeichneten Ecke, und kaum hielt dort die Droschke, als Herr Hobelmann auch schon, in seinen Mantel gehüllt, erschien.

      „Sie sind außerordentlich pünktlich," sagte er sehr freundlich.

      „In unserer Anstalt muß Alles nach der Minute gehen," erwiderte Franz. - Der Kutscher hatte die erhaltene Weisung wohl gemerkt. Er fuhr hinaus auf die Promenade.

      „Ihre Anstalt liegt außerhalb der Stadt?" sagte Herr Hobelmann.

      „Nein," lautete die Antwort, „nur frisch und luftig am entgegengesetzten Ende derselben."

      „Sie haben doch meinethalben keine Schwierigkeiten gehabt?"

      „Nicht im Mindesten - das heißt bis jetzt noch nicht. Lassen Sie sich nur nicht das Geringste merken, daß Sie eine Ahnung davon haben, wo Sie sich befinden. Die Leute wollen natürlich nicht, wie Sie sich wohl denken können, für Verrückte angesehen werden. Mit den verschiedenen Persönlichkeiten und ihren Eigenthümlichkeiten werde ich Sie unter der Hand bekannt machen. Sie sind doch Ihres Versprechens eingedenk gewesen und haben zu Hause nichts erwähnt?"

      „Sie können sich auf meine Diskretion verlassen. Aber wenn mich der Oberarzt bemerkt?"

      „Ich habe Ihnen schon gesagt," erwiderte Franz, „daß derselbe mein Onkel ist, und dem muß ich Sie natürlich gleich /36/ vorstellen, sobald wir eingetreten. Er hat das Fest arrangirt und sämmtliche Irrsinnige sind von ihm nach aller Form der Etikette eingeladen worden. Jeder betrachtet sich deshalb vollkommen in seinem Recht, und da die Anstalt ziemlich kostspielig ist und nur Geisteskranke aus den höheren, wenigstens bemittelten Ständen aufnimmt, so dürfen Sie sich auch auf glänzende Toiletten gefaßt machen."

      „Ich bin auf's Aeußerste gespannt," versicherte Herr Hobelmann.

      „Und da sind wir schon," sagte Franz, während er vorn an das Droschkenfenster klopfte. „Bitte, folgen Sie mir so rasch Sie können, denn ich habe mich schon eigentlich etwas über meine Zeit aufgehalten." Die Droschke hielt, und Franz Kettenbrock, der seinem Begleiter so wenig als möglich Zeit zum Umschauen gönnen wollte, sprang behend aus dem Wagen und in die Gartenthür. Herr Hobelmann folgte ihm eben so flink, und bald betraten sie das innere Haus und erstiegen die mit Teppichen belegte Treppe.

      „Das sieht ja hier ganz vornehm aus," flüsterte Herr Hobelmann - „und alle die harrenden Diener da?"

      „Sind theils Wächter, theils nur für den Abend von dem Magistrat entlehnte Polizeidiener, die sich hier aufhalten, um einer möglichen Unordnung vorzubeugen," erwiderte Franz. „Natürlich würden sie die Kranken, wollten sie in ihrer gewöhnlichen Uniform erscheinen, gleich von vornherein mißtrauisch machen. In dieser Livrée dagegen vermuthet keiner, was in ihnen steckt."

      „Vortrefflich," sagte Herr Hobelmann. „Eigentlich sogar ein Bild unserer ganzen bürgerlichen Verhältnisse. Die Polizei spielt ihre Maskerade ausgezeichnet."

      „Finden Sie?" lachte Franz, - „doch da sind wir bei den Irren. Jetzt nehmen Sie sich zusammen."

      „Thun Sie mir nur den Gefallen und lassen Sie mich nicht allein."

      „Haben Sie keine Angst, jedenfalls verlasse ich Sie nicht, bevor ich Sie einigen der Herren und Damen vorgestellt habe. Da drüben der alte Herr, das ist der Oberarzt, zu dem werde ich Sie vor allen Dingen führen."

      „Und wie titulirt man den Herrn?"

      „Herr Rath - ah, er hat uns schon gesehen! Er ist allerdings Obermedicinalrath, aber man nennt ihn hier in der Anstalt nur einfach Herr Rath."

      „Franz, wo steckst Du denn?" sagte der Regierungsrath, der in diesem Augenblick den zurückkehrenden Neffen erspäht hatte und rasch auf ihn zukam. „Die ganze Gesellschaft ist schon in Verzweiflung."

      „Lieber Onkel," sagte der junge Mann, „ich habe das Vergnügen, Ihnen hier Herrn Hobelmann vorzustellen. Er ist fremd in der Stadt, und ich möchte Sie ersuchen -"

      „Sehr angenehm Ihre werthe Bekanntschaft zu machen," sagte der alte Herr.

      „Ich muß tausendmal um Entschuldigung bitten, daß ich wage -"

      „Keine Entschuldigungen; von meinem Neffen eingeführt, sind Sie mir herzlich willkommen. Tanzen Sie?"

      „Es ist allerdings schon einige Zeit her, daß ich mich nicht mehr diesem Vergnügen hingegeben habe."

      „Bitte, dann geniren Sie sich ja nicht," sagte der freundliche Wirth. „Jeder ist hier sein eigener Herr, und da drinnen kommt wohl eine Partie Whist oder L'Hombre zu Stande, an der Sie mit Bequemlichkeit Theil nehmen können." Der Onkel eilte geschäftig davon und Franz flüsterte seinem Opfer zu:

      „Sie müssen jedenfalls tanzen; ich werde Sie schon einigen unserer „ruhigsten" Damen vorstellen."

      „Aber ich habe wahrhaftig lange nicht getanzt."

      „Gut. Dann nehmen Sie zum Anfang keine von den jüngsten, und erst einmal wieder in Gang, kommen Sie bald in den Wirbel hinein. Sehen Sie, da haben wir gleich eine unserer älteren Schönen."

      „Die Dame mit den gelben Rosen?"

      „Das

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