Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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      „Und der Fremde?" lachte der Onkel mit dem ganzen Gesicht.

      „War wüthend, daß ich ihn im Schlafe störte und ihn im Dunkeln ganz zärtlich meinen lieben, besten Onkel nannte."

      „Das ist eine himmlische Verwechselung!" riefen die jungen Mädchen. „Wer die Scene mit hätte erleben können!"

      „Als ob Ihr es mir hier um ein Haar besser gemacht hättet! Draußen steht „Willkommen" an der Thür, und drinnen bin ich eben so gut zum Teufel gewünscht worden, wie drüben bei dem alten Brummbär. Das war heute ein eigenthümlicher Empfang."

      Fränzchen lachte dennoch wie vorher. „Etwas Komischeres kann man sich kaum denken."

      „So? - nun wartet, ob ich nicht mit Euch quitt werde," bemerkte Franz. „Für den Empfang muß ich meine Revanche haben."

      „Und auf welche Art, Herr Vetter?" fragte schelmisch Adele.

      „Das weiß ich noch nicht," rief der Havanese, „aber die Mittel werden sich finden lassen."

      „Dann will ich Dir gleich Gelegenheit dazu geben," lächelte der Onkel. „Auf morgen Abend habe ich zur Feier Deiner Ankunft einen kleinen Ball arrangirt und alle Deine alten Schulkameraden dazu eingeladen, - da kannst Du die Mädchen gleich zur Strafe sitzen lassen."

      „Daß ich ein Narr wäre!" erwiderte Franz, „aber /23/ aufrichtig gesagt, liegt mir an einem solchen Fest verwünscht wenig. Ich hatte mich darauf gefreut, daß wir gemüthlich zusammenbleiben sollten. Bei so viel fremden Menschen -"

      „Dann mußt Du mir das Opfer bringen," sagte der Onkel. „Ueberdies triffst Du ja auch fast nur Bekannte dort."

      „Ihnen zu Gefallen Alles, lieber Onkel," rief Franz. „Darf ich aber dann wohl einmal die Liste der Eingeladenen sehen oder vielleicht noch eine oder die andere Einladung selber machen?"

      „Du bist der König des Festes und hast das volle Recht, einzuführen wen Du willst," sagte der Onkel.

      „Vortrefflich!" rief Franz. „Dann beginne ich gleich hier mit meinem Nachbar. Mein zeitweiliger Repräsentant will sich nämlich als Arzt in Yvenburg etabliren, und der kleine Ball dient ihm dann vielleicht zur Einführung in die Gesellschaft. Sie nehmen die Einladung doch an?"

      „Wenn die Damen keinen Groll mehr auf mich haben," sagte der junge Arzt mit einem bittenden Blick, vorzüglich auf Fränzchen.

      „Herzlich willkommen sollen Sie uns sein!" rief der alte Herr, - „und wo ist Ihr Absteigequartier?"

      „Wenn ich die Nummer recht gelesen habe, hier im Hause selbst," lautete die Antwort, „vorausgesetzt, daß der Registrator Ehrlich sein Logis hier hat."

      „In der Etage über uns. Dann sind wir ja überdies Hausgenossen und müssen gute Nachbarschaft halten. Und nun, Kinder, werft Euch in Euren Staat, denn die Frau Muhmen werden im Handumdrehen da sein, um den neu eingetroffenen Vetter in Beschlag zu nehmen."

      „Die Frau Muhmen?" rief Franz erschreckt.

      „Nun, die Commerzienräthin Brummer und die Steuerräthin Fischbach. - Ich will Dir nur wünschen, daß Du die Beiden erst glücklich überstanden hast. Die Frau Commerzienräthin wird wohl gleich damit anfangen, Dir ihre Subscriptionsliste auf den neuen Missionsverein vorzulegen - eine Actiengesellschaft mit Anwartschaft auf den Himmel, zahlbar mit Actien zu zwei und ein halb und fünf Thaler, /24/ um schwarze oder chinesische oder birmanesische Seelen zu retten."

      „Gott steh uns bei!" rief Franz erschreckt; „dort mache ich keine Visite."

      „Das hast Du auch nicht nöthig," lachte der Onkel, „die kommt zu Dir und bringt Dir eine permanente Einladung zu ihren Kaffeegesellschaften mit. Also, lieber Herr Doctor, morgen Abend sieben Uhr - pünktlich."

      „Ich weiß wahrlich nicht, womit ich diese Güte verdient habe."

      „Ein halber Verwandter sind Sie nun doch geworden," sagte Franz, „und als Hausgenosse gehören Sie nach havanesischen Gesetzen ohnedies zur Familie. Sie wollen jetzt Ihr Quartier aufsuchen?"

      „Meine neuen Wirthsleute werden mich wahrscheinlich schon längst erwarten," lächelte der junge Mann, „wenn auch freilich nicht mit einem so lieben Willkommen. Also auf Wiedersehen, und nehmen Sie nochmals meinen herzlichsten Dank dafür, daß Sie dem Fremden, der auf so wunderliche Art bei Ihnen eingeführt wurde, den Irrthum nicht haben entgelten lassen. Ich werde Ihnen Ihre Gründlichkeit nie vergessen." Die Männer schüttelten sich die Hand, der falsche Vetter neigte sich ehrfurchtsvoll gegen die Damen, die ihn immer noch mit einem schüchternen Erröthen entließen, und der Regierungsrath führte dann den Neffen in das für ihn bestimmte Zimmer, damit er es sich dort erst bequem mache, während er dem Onkel in kurzen Umrissen erstlich von seiner Reise und dann von seinen jetzigen Plänen und Verhältnissen erzählen mußte.

      IV.

      Des Regierungsraths Warnung war indeß keineswegs übertrieben gewesen, und der junge Havanese kaum im Stand, die an dem Tage auf ihn einstürmenden Besuche abzuwehren. /25/

      Wie ein Lauffeuer hatte sich das Gerücht seiner Rückkehr unter all' seinen früheren Bekannten verbreitet, und besonders schien der weibliche Theil derselben ganz über alle Maßen neugierig, den Mann zu sehen, der sich jetzt neun volle Jahre bei den „Cigarren-Indianern" herumgetrieben hatte. Einige derselben kamen auch wirklich in der felsenfesten Ueberzeugung, einen dunkelbraunen, über und über tätowirten, halbwilden Menschen zu finden, und sahen sich grausam enttäuscht, als sich der Havanese auch in gar nichts von den übrigen europäischen jungen Leuten seines Alters unterschied, als vielleicht in der um einen Schatten dunkleren Hautfarbe seines Gesichts. Von Tätowirung war keine Spur an ihm zu sehen. Franz Kettenbrock fühlte sich aber in diesem Treiben nicht behaglich und parirte auf das Geschickteste drei verschiedene Einladungen zu drei verschiedenen Kaffeegesellschaften - hatte er ja doch auch in den ersten Tagen die Ausrede, sich ganz seinem Onkel widmen zu wollen.

      Auf den nächsten Tag fiel aber der Ball, und da seine Cousinen außerordentlich beschäftigt waren, die nöthigen Anordnungen dazu zu treffen, ja der Regierungsrath selber alle Hände voll zu thun hatte, und dabei so viel kochen und braten ließ, daß er mit seinem Neffen im Wirthshause essen mußte, so ging dieser für den Nachmittag allen weiteren Begegnungen am besten dadurch aus dem Wege, daß er aus dem Thor dem nächsten Dorfe zuwanderte, um dort den Nachmittag Kaffee zu trinken, und dann noch ein paar Stunden die benachbarte freundliche und heimische Gegend zu durchstreifen. Hochauf athmete er, als er, vom lichten warmen Sonnenschein beglänzt, die lieben Hügel und Thäler, den blitzenden. Strom wieder erschaute, und an der nächsten Höhe angekommen, warf er sich in's Gras und blickte mit leuchtenden Augen auf das wunderliebliche Schauspiel, das sich vor ihm ausbreitete.

      Wie hatte er sich auf diesen Augenblick gefreut! wie oft sich in Gedanken schon die bunten Matten, die dunkeln Wälder ausgemalt, die jetzt in Wirklichkeit wieder vor ihm lagen! Jedes Dorf kannte er auch noch beim Namen, und wußte wie er dort und da gespielt, an Sonn- und Feiertagen /26/ mit den Spielkameraden in die Berge gegangen, und leider auch an dem und jenem Ort die Obstbäume sorgloser Nachbarn geplündert hatte. Oh welch' eine liebe Zeit war das gewesen, und auch wieder, welch' trübe schwere Jahre lagen dazwischen! Sein Vater war erst gestorben, dann seine Mutter, und wie ihm die Heimath mehr und mehr verödete, wenn auch der Onkel den Knaben wie sein eigen Kind erzog, wachte die Sehnsucht in ihm auf nach jenem fernen, geheimnißvollen Land: Amerika. Zum Kaufmann von Jugend auf erzogen, trat er dort mit seinem achtzehnten Jahre selbstständig in ein Geschäft und vermehrte, mündig

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