Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol.. Gerstäcker Friedrich

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Hell und Dunkel. Eine Gemsjagd in Tyrol. - Gerstäcker Friedrich

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eines Dritten zu bekommen."

      „In der That?" sagte Franz, und ein eigener toller Gedanke fuhr ihm wie der Blitz durch die Seele - „da interessiren Sie sich auch vielleicht für Geisteskranke?"

      »Ich? - Damals lebhaft. Ueberhaupt ist ein Mensch, der nicht vollkommen bei Verstand ist, immer ein interessanter Gegenstand, da man nie bestimmen kann, inwieweit er für seine Thaten zurechnungsfähig blieb."

      „Sie sind noch ganz fremd hier in der Stadt?"

      „Vollkommen - kenne nur die Familie, bei der ich wohne. Warum?"

      „Es war nur so ein Gedanke von mir," sagte Kettenbrock. „Ich bin nämlich in einem hiesigen Institut für Geisteskranke angestellt, mit denen wir heut Abend einen eigenthümlichen Versuch machen wollen."

      „So? - Welchen, wenn man fragen darf?"

      „Unser Obermedicinalrath hat einen Ball für die Verrückten arrangirt, auf dem sie sich vollkommen frei und unbelästigt bewegen sollen!"

      „Die Tollen? - Alle Teufel, das muß sich merkwürdig ausnehmen. Aber es wäre wohl nicht möglich, Zutritt zu erlangen?"

      „Nicht leicht - es ist verboten, Fremde dort hinzubringen."

      „Hm - das ist schade - sehr schade!" sagte Herr Hobelmann. „Aber - ließe sich das nicht vielleicht auf die eine /31/ oder die andere Weise machen? - Es sollte Ihr Nachtheil nicht sein." ,

      „Mit Geld, meinen Sie?" sagte Franz, durch diese Gemeinheit nur noch mehr in seinem Vorsatze bestärkt. „Nein, damit ist nichts anzufangen. Aber - der Oberarzt ist mein Onkel, und ich könnte vielleicht die Verantwortlichkeit auf mich nehmen, wenn Sie mir versprechen wollten, gegen keinen Menschen eine Silbe darüber zu äußern. Sie brächten mich in dem Fall in die größte Verlegenheit."

      „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort," rief Herr Hobelmann rasch und erfreut, „und würde Ihnen noch außerdem zu größtem Dank verpflichtet sein, Herr - wie ist gleich Ihr Name?"

      „Franz - Doctor Franz."

      „Sehr schön, Herr Doctor. Sagen Sie mir übrigens - Gefahr ist doch nicht dabei?"

      „Nicht die geringste," beruhigte ihn Franz. „Die Leute stehen unter der unmittelbaren Aufsicht ihrer Wächter, die den Abend sämmtlich als Bediente oder Ballgäste verkleidet sind. Wir Aerzte verlassen sie außerdem keinen Augenblick, und falls ja bei Einem oder dem Andern die Tobsucht ausbrechen sollte, so ist kräftige Hülfe im Moment bei der Hand. Sie können sich wohl denken, daß jede nöthige Vorsichtsmaßregel für solchen Fall getroffen ist. Uebrigens sind wir auch der Leute ziemlich sicher, und nach unserer Methode hoffen wir eben von einem zeitweiligen Eingehen auf ihre fixen Ideen die heilsamsten Folgen. Es versteht sich trotzdem von selbst, daß man zu einem solchen Ball nur die harmlosesten Geisteskranken zuläßt. Wer sie nicht kennt, würde keinen Augenblick auf den Gedanken kommen, daß er sich unter lauter Verrückten befindet."

      „Vortrefflich. Heut Abend ist der Ball, sagen Sie?"

      „Heut Abend - ich will Sie abholen. Wo find' ich Sie?"

      „Ich wohne in der Kreuzgasse, an der Ecke der Neuen Straße, die Nummer weiß ich nicht, beim Geheimrath von Pottlitz."

      „Sehr gut, — ich werde um halb zehn Uhr mit einer /32/ Droschke an der Ecke warten. Aber Sie vergessen Ihr Ve¬sprechen nicht? Sie schweigen und halten sich bereit?"

      „Kein Mensch erfährt eine Silbe," betheuerte Herr Hobelmann, „geht auch Niemandem etwas an, wo ich meinen Abend zubringe. Bin vollkommen mein eigener Herr."

      „Also auf Wiedersehen um halb zehn Uhr. Ich muß jetzt in die Stadt zurück, um noch einige Anstalten zu treffen. Empfehle mich Ihnen, Herr Hobelmann."

      „Empfehle mich Ihnen gehorsamst, Herr Doctor," sagte Herr Hobelmann, von seinem Stuhl aufstehend und sich vor dem jungen Mann verbeugend - „war mir ungemein angenehm, Ihre werthe Bekanntschaft zu machen."

      „Ja, das hast Du mir schon gestern Morgen versichert," lachte Franz stillvergnügt, als er wieder den schmalen Pfad zur Stadt zurückschritt. „Aber warte nur, Kamerad, den Empfang gestern im heimathlichen Hause und Deine Hartherzigkeit gegen die arme Frau heute tränk' ich Dir jedenfalls ein, und - hahaha - vielleicht kriegen die Frau Steuerräthin und die Frau Commerzienräthin auch ihren Theil ab von dem Spaße. Jedenfalls ist es der tollste Einfall, den ich in meinem Leben gehabt, und der Onkel wird mir am Ende böse darüber. Aber, bah! Zuletzt muß er doch darüber lachen. Und Herr Hobelmann - hahaha - wenn's nur erst Abend wäre!"

      V.

      Der Abend kam, und in den Salons des Regierungsraths Kettenbrock, der ein ziemlich großes Haus machte und brillant eingerichtet war, sammelten sich nach und nach die Gäste, bei deren Empfang Franz Kettenbrock natürlich nicht fehlen durfte. Im Anfang machte ihm das auch Freude, denn er knüpfte da manche alte Bekanntschaft wieder an, und schon lang' vergessene Namen und Gesichter tauchten auf's Neue vor ihm auf und /33/ weckten schlummernde Erinnerungen zu neuem Leben. Als aber die Frau Steuerräthin ihre Tochter und die Frau Commerzienräthin ihre beiden Nichten mitbrachten, und dann noch außerdem ein paar alte adelige Fräulein hereinrauschten, den armen jungen Mann in ihre Mitte nahmen und ihn mit ihren faden, alltäglichen Phrasen todt zu quälen suchten, da erwachte ein Gefühl der Empörung in Franz.

      Ihm zu Ehren ward die kleine Festlichkeit gegeben, und er als Hauptperson wollte und brauchte sich nicht langweilen zu lassen. Im Anfang hatte er allerdings leichte Gewissensbisse über seinen tollen Plan gehabt, und wie sein alter Onkel so vergnügt und glücklich in den hell erleuchteten Räumen umherschritt, und ihm einmal über das andere, wo das nur irgend unbemerkt geschehen konnte, in seiner Freude die Hand drückst, da beschloß er schon das Ganze ungethan und den alten egoistischen Hobelmann ruhig sitzen zu lassen. Aergerte diesen das nicht erfüllte Versprechen, so geschah ihm das gerade recht. Aber Stunde um Stunde verging, und den äußersten Belebungsversuchen des alten Regierungsrathes zum Trotz zog sich die Gesellschaft immer wieder in einzelne steife Gruppen zurück, die nur dann und wann darauf ausgingen, den Havanesen abzufangen und sich anzueignen. Franz hatte auch volle Arbeit, ihnen geschickt auszuweichen oder, wenn wirklich einmal gefaßt, den gelegten Schlingen zu entgehen, mit denen ihn besonders die beiden „Muhmen" verfolgten. Eben war er solcher Art ganz verbittert der Frau Commerzienräthin entschlüpft und stand in einem kleinen Nebenzimmer in tiefen Gedanken, als ihm plötzlich der Onkel seinen Arm unterschob und sagte:

      „Das weiß doch der Henker, in unsere Gesellschaften, wir mögen's anstellen wie wir wollen, ist nun einmal kein Leben zu bringen, und wie ich sehe, ennuyirst Du Dich ebenfalls schmählich."

      „Aber, lieber Onkel, - wie können Sie glauben -"

      „Papperlapapp, ich bin nicht blind. Das langweilige Volk, anstatt Dich mit zu unterhalten, wartet darauf, daß Du ihnen irgend etwas Außergewöhnliches - etwas Havanesisches zum Besten geben sollst, und da stehen sie und thun den Mund /34/ nicht auf, außer wenn sie Dich ausfragen oder heimlich untereinander flüstern und ihre Nebenmenschen lästern. Das Gescheiteste wird sein, ich lasse anfangen zu tanzen, damit nur etwas Bewegung in sie kommt."

      Franz sah schlau vor sich nieder.

      „Und wenn ich nun mit etwas Havanesischem zwischen sie führe?"

      „Das wär' recht," rief der Onkel - „irgend etwas, um Wechsel, um Bewegung in die Sache zu bringen."

      „Aber Sie werden vielleicht böse,

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