Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen. Wilhelmine von Bayreuth

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Читать онлайн книгу Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen - Wilhelmine von Bayreuth страница 18

Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen - Wilhelmine von Bayreuth gelbe Buchreihe

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Berichte, die man täglich dem König über meinen Bruder und mich ausstellte, brachten ihn so gegen uns auf, dass er uns schlecht behandelte und dass unser Leben zur Qual wurde. Man schilderte ihm meinen Bruder als einen ehrgeizigen und intriganten Prinzen, der den Tod seines Vaters herbeiwünsche, um bald zur Herrschaft zu gelangen; er hätte keinerlei Interesse für militärische Dinge und sage vor aller Welt, dass er die Truppen verabschieden würde, sobald ihm die Macht zustünde; außerdem sei er verschwenderisch und alles in allem dem König so unähnlich, dass er ihm naturgemäß nur Abneigung entgegenbringen könne. Mich verschonte man auch nicht und sprengte aus, ich sei unerträglich hochmütig, ränkevoll und anmaßend, spiele die Ratgeberin meines Bruders und führe Reden wider den König, die alles andere als respektvoll seien. Da mein Vater auf die Versorgung seiner Töchter sehr bedacht war, suchte ihn Seckendorff auch von dieser Seite zu beeinflussen und forderte den Markgrafen von Ansbach, einen jungen siebzehnjährigen Prinzen, auf, sich nach Berlin zu verfügen, um sich meine jüngere Schwester anzusehen. Dieser Prinz war damals sehr vielversprechend und liebenswürdig. Meine Schwester war engelschön, aber schrecklich launisch und kleinlich. Sie stand jetzt statt meiner in des Königs Gunst. Der schwere Kummer, den sie nach ihrer Verheiratung erdulden musste, hat sie sehr gebessert. Vorerst hinderte die große Jugend der beiden, dass die Heirat vollzogen wurde; dies geschah erst zwei Jahre darauf, wie ich später berichten werde.

       Die Königin hatte stets gehofft, dass die Ankunft des Königs von England, der in diesem Jahre nach Deutschland zurückkommen sollte, die Harmonie zwischen den beiden Höfen wiederherstellen würde; allein ein unvorhergesehenes Ereignis machte alle ihre Hoffnungen zunichte, denn sie erhielt die traurige Nachricht vom Tode dieses Fürsten. Er hatte England bei bestem Wohlsein verlassen und wider seine Gewohnheit die Überfahrt gut überstanden. In der Nähe von Osnabrück überfiel ihn ein Unwohlsein. Alle Hilfe, die man ihm bringen konnte, war vergebens; er verschied nach vierundzwanzig Stunden an einem Schlaganfall in den Armen seines Bruders, des Herzogs von York. Dieser Verlust traf die Königin aufs bitterste. Selbst der König schien ihn nicht gefühllos aufzunehmen. Trotz aller seiner Äußerungen wider den König von Großbritannien hatte er ihn doch stets als einen Vater betrachtet, ja ihn sogar gefürchtet; während seiner Kindheit hatte er in dessen Obhut gestanden, zur Zeit, da Friedrich I. nach Hannover flüchtete, um sich vor den Nachstellungen der Kurfürstin Dorothea, seiner Schwiegermutter, zu retten. Beider Trauer wurde noch vermehrt, als sie bald darauf erfuhren, dass jener Monarch den Plan gefasst, meine Heirat zu vollziehen, und beschlossen hatte, sie in Hannover zu feiern. Sein Sohn wurde jetzt zum König von England proklamiert, und der Herzog von Gloucester nahm den Titel Prinz von Wales an.

      Indes untergruben all die Gelage, die Seckendorff für den König veranstaltete, dessen Gesundheit: Er fing an zu kränkeln; die Hypochondrie, von der er sehr geplagt war, verfinsterte sein Gemüt. Herr Francke, ein berühmter Pietist und Begründer des Waisenhauses in der Universitätsstadt Halle, trug nicht wenig dazu bei, den König in dieser Stimmung zu erhalten. Dieser geistliche Herr liebte es, Skrupel über die unschuldigsten Dinge in ihm wachzurufen. Er verpönte alle Vergnügungen, die ihm verwerflich schienen, selbst die Jagd und die Musik. Man durfte vor ihm nur von Gottes Wort reden; alle andern Reden waren unstatthaft. Immer gab er bei Tische, wo er wie in den Refektorien das Amt des Vorlesers vertrat, den Vorsprecher ab. Der König hielt uns jeden Nachmittag eine Predigt; sein Kammerdiener stimmte einen Choral an, in den wir alle einstimmten; der Predigt mussten wir mit ebenso großer Aufmerksamkeit lauschen, als hielte sie ein Apostel. Meinen Bruder und mich überkam der Lachreiz, und oft platzten wir los. Plötzlich stieß man dann alle Anatheme der Kirche gegen uns aus, die wir mit reuiger Miene über uns ergehen lassen mussten, was uns recht viel Mühe kostete.

Grafik 52

      August Hermann Francke

       Kurz, dieser Hund Francke war schuld, dass wir wie Trappisten lebten. Ja, diese übertriebene Bigotterie brachte den König auf noch seltsamere Gedanken. Er beschloss, zugunsten meines Bruders abzudanken. Er wollte sich jährlich 10.000 Taler vorbehalten und sich mit der Königin und seinen Töchtern nach Wusterhausen zurückziehen. „Dort“, sagte er, „werde ich zu Gott beten und für die gute Bestellung der Felder sorgen, während meine Frau und meine Töchter das Hauswesen übernehmen werden. Sie sind geschickt“, sagte er zu mir, „ich werde Ihnen die Aufsicht über das Hauslinnen übertragen, das Sie nähen und für dessen Wäsche Sie Sorge tragen werden. Friederike ist geizig und mag als Hüterin der Vorratskammern wirken. Charlotte wird auf den Markt gehen, um Lebensmittel einzukaufen, und meine Frau wird die Obhut über meine kleinen Kinder und über die Küche tragen.“ Er fing sogar an, Instruktionen für meinen Bruder auszuarbeiten, worüber Grumbkow und Seckendorff nicht wenig erschraken. Sie boten vergebens alle ihre Beredsamkeit auf, um diese unheilvollen Gedanken zu verscheuchen; da sie aber einsahen, dass der ganze Entschluss des Königs nur auf seine Gemütsverfassung zurückzuführen sei, und fürchteten, dass, sofern es ihnen nicht gelänge, dieselbe umzustimmen, er wohl imstande wäre, seinen Vorsatz auszuführen, suchten sie ihn zu zerstreuen.

      Der sächsische Hof war von jeher mit dem österreichischen eng befreundet, und so richteten sie ihr Augenmerk dorthin und suchten den König zu bereden, nach Dresden zu reisen. Ein Gedanke zieht gewöhnlich einen andern nach sich, und so kamen sie auf den Einfall, mich mit dem König August von Polen verheiraten zu wollen. Dieser zählte damals neunundvierzig Jahre. Seine Liebeshändel waren weltberühmt; er besaß große Eigenschaften, doch wurden sie von seinen zahlreichen Fehlern verdunkelt. Eine zu große Vergnügungssucht ließ ihn das Wohl seines Staates und seiner Untertanen vernachlässigen, und seine Trinksucht verleitete ihn zu Unwürdigkeiten, deren er sich im trunkenen Zustand schuldig machte und die auf immer seinen Namen schädigen werden.

       Seckendorff hatte in seiner Jugend in sächsischen Diensten gestanden, und ich sagte schon früher, dass Grumbkow bei diesem König sehr in Gnaden stand. Beide wandten sich jetzt an den Grafen Flemming, einen Günstling dieses Monarchen, um Verhandlungen mit ihm anzubahnen. Graf Flemming war ein Mann von großem Verdienst, der oft nach Berlin kam und mich sehr gut kannte. Er nahm die Eröffnungen der beiden Minister mit Freuden entgegen und suchte die Absichten des Königs hierüber zu sondieren. Dieser schien diesem Antrag ziemlich geneigt und schickte den Grafen nach Berlin, um den König von Preußen zum Karneval nach Dresden einzuladen. Grumbkow und sein Pylades teilten jetzt dem König ihre Pläne mit. Hocherfreut, eine so glänzende Partie für mich zu finden, nahm er die Einladung bereitwillig an; er sandte eine sehr verbindliche Antwort an den Grafen Flemming und brach gegen Mitte Januar 1728 auf, um sich nach Dresden zu begeben.

      Mein Bruder war untröstlich, dass er nicht mitreisen durfte. Er sollte während der Abwesenheit des Königs in Potsdam verbleiben, was ihm nicht behagte. Er teilte mir seinen Kummer mit; und da ich ihm mit Vorliebe Freude bereitete, versprach ich ihm, mein möglichstes zu tun, damit er dem König folgen dürfe. Wir kehrten nach Berlin zurück, wo die Königin wie gewöhnlich Cercle hielt. Ich sah dort Herrn von Suhm, den sächsischen Minister, den ich sehr gut kannte und der meinem Bruder sehr zugetan war. Ich sagte ihm, wie leid es dem Kronprinzen sei, nicht nach Dresden eingeladen zu sein. „Wenn Sie ihm eine Freude machen wollen“, fuhr ich fort, „so veranlassen Sie den König von Polen, dass er den König von Preußen auffordere, ihn nachkommen zu lassen.“ Suhm sandte alsbald eine Stafette an seinen Hof, um seinen Herrn, den König, hiervon zu benachrichtigen, der alsbald meinen Vater beredete, meinen Bruder kommen zu lassen. Dieser erhielt Befehl, sich aufzumachen, was er mit tausend Freuden tat.

       Der Empfang, der meinem Vater bereitet wurde, war der beiden Monarchen würdig. Da der König von Preußen das Zeremoniell nicht liebte, richtete man sich ganz nach seinen Wünschen. Er wollte bei dem Grafen Wackerbart, den er sehr hochschätzte, Wohnung nehmen. Sein Haus war ungemein prächtig, der König fand hier prunkvolle Gemächer vor. Leider brach in der zweiten Nacht seines Aufenthaltes Feuer aus, und zwar mit solcher Heftigkeit und Schnelligkeit, dass man ihn nur mit Mühe und Not retten konnte. Der ganze herrliche Palast fiel in Schutt. Dieser Verlust wäre für den Grafen Wackerbart sehr verhängnisvoll gewesen, hätte ihn der König von Polen nicht dafür entschädigt. Er schenkte ihm das Pirnaische Haus,

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