Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen. Wilhelmine von Bayreuth
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen - Wilhelmine von Bayreuth страница 16
Friedrich Heinrich von Seckendorff
Wie dem auch sei, Seckendorff war Grumbkows lebendiges Abbild, nur mit dem Unterschied, dass er sich mehr für einen Christen ausgab und eine sehr tapfere Klinge führte. Die Briefe, die der General an Grumbkow schrieb, um ihn zu ermutigen, waren das Komischste, was man sich denken konnte. Dennoch wollte der König nochmals dazwischentreten.
Er berief zu Anfang des Jahres 1725 (Wilhelmine war 16jährig) einen Kriegsrat in Berlin, der sich aus allen Generalen und Obersten der Armee zusammensetzte. Die Königin hatte auf die meisten Generale einen großen Einfluss. Die schönen Versprechungen, die Grumbkow ihr machte, dass er ihrer Partei unverbrüchlich anhängen wollte, verblendeten sie; sie ließ die Waagschale zu seinen Gunsten entscheiden, sonst hätte er leicht kassiert werden können. So aber kam er mit einigen Tagen Arrest davon, die über ihn verhängt wurden als eine Art Genugtuung für den Fürsten von Anhalt. Sobald sie verbüßt waren, ließ ihm der König unter der Hand den Rat erteilen, seine Sache ins Reine zu bringen. Der Kampfplatz lag nahe bei Berlin; die beiden Gegner begaben sich mit ihren Sekundanten dorthin. Der Fürst zog seinen Degen, indem er Grumbkow einige beleidigende Worte zurief. Dieser aber warf sich ihm jetzt zu Füßen, umschlang seine Knie, indem er ihn bat, ihm zu verzeihen und wieder in Gnaden aufzunehmen. Der Fürst drehte ihm statt aller Antwort den Rücken. Seit dieser Zeit waren die beiden geschworene Feinde und verfolgten einander ihr Lebtag lang. Der Fürst hat sich seitdem sehr zu seinem Vorteil verändert, und viele Leute schoben die meisten seiner schlimmen Taten dem verderblichen Einfluss Grumbkows zu. Von ihm gilt, was vom Kardinal Richelieu ausgesagt wurde: „Er hat zu viel Böses getan, als dass man ihn loben kann, und zu viel Gutes, um schlecht von ihm zu sprechen.“
Der König von England kam im Laufe dieses Jahres wieder über das Meer nach Deutschland. Mein Vater, der König, versäumte nicht, ihn aufzusuchen; er hoffte, meine Heirat endgültig zum Abschluss zu bringen. Da die Königin schon einmal so erfolgreich gewesen war, wurde sie wieder mit dieser Mission betraut. Sie begab sich also nach Hannover und wurde dort mit offenen Armen aufgenommen. Sie nahm bei ihrem königlichen Vater dieselbe Gesinnung betreffs einer Heirat zwischen unsern Häusern wahr wie in den vorhergehenden Jahren. Er sprach sich sogar sehr liebevoll über mich aus, hielt ihr jedoch vor, dass zwei Hindernisse seinen Wünschen im Wege stünden. Das erste sei, dass er uns nicht verheiraten dürfe, ohne zuvor die Einwilligung seines Parlaments eingeholt zu haben; das zweite sei unsere Jugend, denn ich sei erst sechzehn, der Herzog erst achtzehn Jahre alt. Um jedoch all diese Schwierigkeiten aus dem Wege zu räumen, versprach er ihr, alles so zu ordnen, dass bei seiner nächsten Anwesenheit in Deutschland unsere Hochzeit gefeiert werden könne. Die Königin hoffte jedoch noch mehr zu erreichen; sie hatte sich nie zuvor so gut mit ihrem königlichen Vater gestanden wie jetzt. Er schien sogar von großer Zärtlichkeit für sie erfüllt, und so viel ist gewiss, dass er ihr alle erdenklichen Aufmerksamkeiten erwies. Sie bat deshalb den König, ihren Gemahl, um eine verlängerte Frist, innerhalb der, so schrieb sie, ihre Pläne gelingen sollten. Der König willfahrte ihr und gestattete ihr sogar, so lange in Hannover zu bleiben, als die Angelegenheiten es erfordern würden. Inzwischen stand ich in Berlin sehr in Gnaden bei dem König; ich unterhielt ihn jeden Nachmittag, und er speiste bei mir zu Abend. Er zeigte sich sogar sehr mitteilsam und sprach oft von Geschäften mit mir. Um mich noch mehr auszuzeichnen, befahl er, dass man mir gleich wie der Königin huldigen solle. Die Hofmeisterinnen meiner Schwestern wurden mir unterstellt und erhielten Befehl, nichts ohne meine Einwilligung vorzunehmen. Ich wollte die Gunst des Königs nicht missbrauchen. Ich war bei aller Jugend so vernünftig, wie ich es heute bin, und hätte also wohl die Erziehung meiner Schwestern leiten können. Aber ich hatte Einsicht genug, um zu erkennen, dass es sich nicht geziemt hätte; ebenso wenig wollte ich Cercle halten und begnügte mich damit, jeden Tag einige Damen zu mir zu bitten.
Schon seit sechs Monaten wurde ich von grausamen Kopfschmerzen geplagt, die so heftig waren, dass ich oft in Ohnmacht fiel. Trotzdem wagte ich nie das Zimmer zu hüten, da es die Königin nicht haben wollte. Sie, die von sehr kräftigem Körperbau war, wusste nichts von Krankheit; sie zeigte sich hierin von unerhörter Härte, und wenn ich manchmal halbtot war, musste ich doch vergnügt darein sehen, sonst konnte sie in schrecklichen Zorn gegen mich geraten. Am Vorabend ihrer Rückkehr befiel mich ein hitziges Fieber mit starkem Blutandrang und so starken Kopfschmerzen, dass man mich vom Schlosshof aus schreien hörte. Sechs Personen mussten mich Tag und Nacht halten, um zu verhindern, dass ich mich tötete. Fräulein von Sonsfeld schickte sogleich Eilboten an den König und die Königin, um sie von meinem Zustand in Kenntnis zu setzen. Die Königin kam abends an und war sehr besorgt, mich so krank zu finden. Die Ärzte verzweifelten schon an meinem Aufkommen, aber ein Geschwür im Kopfe, das am dritten Tag aufbrach, rettete mir das Leben; zum Glück floss der Eiter zum Ohre heraus, sonst wäre ich verloren gewesen. Der König begab sich zwei Tage später nach Berlin und suchte mich sofort auf. Mein kläglicher Zustand betrübte ihn so sehr, dass er Tränen darüber vergoss. Zur Königin ging er nicht und ließ alle Verbindungstüren zwischen seinen Gemächern und denen der Königin verbarrikadieren. Der Grund dieses Verfahrens war sein Zorn darüber, dass er durch falsche Versprechen hingehalten worden war. Er hatte sich so sehr auf den Einfluss der Königin bei dem König von England verlassen, dass er glaubte, meine Heirat würde noch in diesem Jahre zustande kommen. Er war nun überzeugt, sie habe ihm dies nur vorgespiegelt, um ihren Aufenthalt in Hannover verlängern zu können. Diese Entfremdung dauerte sechs Wochen, dann versöhnten sie sich. Ich erholte mich indes sehr langsam und musste zwei Monate lang das Zimmer hüten.
Meine Mutter, die Königin, ist von Natur aus sehr eifersüchtig. Die vielen Auszeichnungen, die mir der König zuteilwerden ließ, brachten sie wider mich auf; überdies wurde sie hierin von einer ihrer Damen ermutigt, der Tochter der Gräfin Fink, die ich nunmehr die Gräfin Amalie nennen werde, um sie von ihrer Mutter zu unterscheiden. Diese Person führte hinter dem Rücken ihrer Eltern eine Intrige mit dem preußischen Gesandten am englischen Hofe, der Wallenrodt hieß. Er war ein richtiger Geck, mit einem kurzen rundlichen Gesicht, der nur als Spaßmacher seines Amtes waltete. Diesem Manne hatte sie sich heimlich verlobt, und ihr Plan war dahin gerichtet, meine Oberhofmeisterin zu werden und mir nach England zu folgen. Zu diesem Zwecke hatte sie sich alle Mühe gegeben, um sich bei dem Herzog von Gloucester einzuschmeicheln, und ihm erzählen lassen, dass sie meine Freundin sei, was ihr vonseiten des Herzogs allerlei Aufmerksamkeiten eintrug. Aber es stand ihr noch Fräulein von Sonsfeld im Wege, und sie ließ nicht ab, die Königin gegen sie wie gegen mich zu erbittern.
Diese Person hatte einen allmächtigen Einfluss bei der Königin und nützte ihre Schwächen aus, um zum Ziele zu gelangen. Ich wurde täglich malträtiert, und die Königin warf mir fortgesetzt die Liebenswürdigkeiten vor, die mir der König erwies. Ich wagte kaum mehr, ihn zu liebkosen, und fürchtete jedes Mal die Folgen. Mit meinem Bruder war es ebenso. Sobald der König ihm etwas befahl, pflegte sie es ihm zu verbieten. Wir wussten uns oft nicht mehr Rat, da wir es nicht beiden recht machen konnten. Da aber unsere Zuneigung für die Königin größer war, richteten wir uns nach ihren Wünschen. Dies war die Quelle aller unsrer Leiden, wie man in der Folge sehen wird. Das Herz blutete mir jedoch, weil ich dem König meine Gefühle nicht mehr zu äußern wagte; ich liebte ihn mit Leidenschaft, und er hatte mir tausendfache Freundlichkeiten erwiesen, seit ich auf der Welt war; allein da ich mit der Königin leben musste, war ich genötigt, mich nach ihr zu richten.
Die Königin gebar zu Anfang des Jahres 1726 (Wilhelmine war 17jährig) einen Prinzen, der den Namen Heinrich