Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen. Wilhelmine von Bayreuth

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Читать онлайн книгу Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen - Wilhelmine von Bayreuth страница 14

Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen - Wilhelmine von Bayreuth gelbe Buchreihe

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erstaunt. „Unter Schwestern“, meinte sie, „sollte man offener sprechen und nicht Dinge leugnen, die alle Welt weiß, denn wir sind in Hannover über die Prinzessin längst unterrichtet worden, und wir wissen, dass sie verwachsen und zum Erschrecken hässlich ist, hochmütig und böse, mit einem Wort ein kleines Monstrum, das lieber nie zur Welt hätte kommen sollen.“ Frau von Kamecke wurde böse, geriet mit ihrer Schwester in lebhaften Streit, und um sie von ihrem Irrtum zu überzeugen, führte sie sie alsbald zur Königin, bei der ich mich befand. Sie wollte gar nicht glauben, dass ich es wirklich sei. Aber dass ich nicht verwachsen sei, davon ließ sie sich erst überzeugen, als man mich in ihrer Gegenwart auszog. Verschiedene Damen wurden wiederholt von Hannover nach Berlin geschickt, um mich in Augenschein zu nehmen. Ich musste vor ihnen aufziehen und ihnen meinen Rücken zeigen, um ihnen zu beweisen, dass ich nicht bucklig sei. Ich war sehr erbost über all dies, und zum Unglück ließ mich die Königin, damit ich zierlicher erscheine, so entsetzlich schnüren, dass ich ganz blau im Gesicht wurde und mir der Atem ausging. Dank der Sorge des Fräuleins von Sonsfeld war mein Teint wiederhergestellt; ich hätte ganz leidlich ausgesehen, wenn mir die Königin nicht geschadet hätte, indem sie mich so arg schnüren ließ. So verging dieses Jahr. Da sich nichts Bemerkenswertes in demselben zutrug, gehe ich zum Jahr 1723 (Wilhelmine war 14jährig) über.

      Der König von England kam im Frühjahr nach Hannover, die Herzogin von Kendal und Lady Arlington begleiteten ihn, und letztere hatte die Leti in ihrem Gefolge. Diese lebte einzig nur von ihrer Gnade und von einer Pension des Königs, die ihr erwirkt worden war. Mein Vater, der König, der damals einzig meine Vermählung mit dem Herzog von Gloucester anstrebte, begab sich bald nach der Ankunft des Königs von England nach Hannover. Er wurde daselbst auf das herzlichste und wärmste bewillkommt und kehrte, von seinem Aufenthalt sehr befriedigt, nach Berlin zurück.

       Die Königin reiste bald nach seiner Rückkehr zu ihrem Vater, dem König. Sie war mit vielen geheimen Instruktionen behufs eines offensiven wie defensiven Bündnisses betraut, das durch die Ehe meines Bruders und durch die meine besiegelt werden sollte. Sie fand jedoch nicht die günstige Stimmung vor, die sie erhofft hatte. Der König von England war mit allen Vorschlägen einverstanden, außer mit dem meiner Vermählung, und er redete sich damit hinaus, dass er vorgeblich die Neigung seines Enkels, des Prinzen, berücksichtigen und wissen müsse, ob unsere beiderseitigen Temperamente und Charaktere zueinander passten. Die Königin, aufs höchste bestürzt und ratlos, wandte sich an die Herzogin von Kendal. Sie beklagte sich bitterlich bei dieser Dame über die Antwort des Königs und gab sich alle Mühe, sie für sich zu gewinnen. Sie bat und bestürmte sie so lange, bis sie sie endlich zu dem Geständnis brachte, dass die Abneigung des Königs gegen meine Vermählung von den schlechten Eindrücken herrühre, die man ihm von mir beigebracht habe; die Leti habe ein solches Bild von mir entworfen, dass jedem Manne die Lust vergehen müsste, mich zu heiraten: Ich sei von abstoßender Hässlichkeit und ganz verwachsen; und was sie dann von meinem Charakter gesagt, stände im besten Einklang mit meinem Äußeren: ich sei so zornig und boshaft, dass ich aus reiner Wut mehrere Male tagsüber von der fallenden Sucht ergriffen würde. „Urteilen Sie selbst, Madame“, fuhr die Herzogin fort, „ob nach solchen Berichten, die durch Fräulein von Pöllnitz bestätigt wurden, Ihr königlicher Vater seine Einwilligung zu der Heirat geben konnte.“ Die Königin, unfähig, ihre Entrüstung zu bemeistern, erzählte ihr, wie die Leti sich gegen mich benommen hatte und aus welchen Gründen man sie weggeschickt habe; sie nannte ihr alle Personen, die von Hannover nach Berlin entsendet worden waren, und berief sich auf deren Zeugnis. Kurz, man bewies der Herzogin so deutlich die Falschheit jener Gerüchte, dass man sie ganz von dem Gegenteil überzeugte. Diese Dame, welche die intime Freundin des Lord Townshends, des damaligen ersten Staatssekretärs, war, beschloss selbst, die ganze Sache ins reine zu bringen, auf dass sie auch allen Lohn allein davontrüge. Aber sie verhehlte sich nicht, wie schwer es sein würde, den König von seinen Vorurteilen gegen mich abzubringen; und sie riet der Königin, ihn zu einer Reise nach Berlin zu bereden, damit er sich mit eigenen Augen von den Verleumdungen, die man über mich ausgestreut hatte, überzeugen könne. Die Königin wusste ihren Vater so geschickt zu beeinflussen und wurde dabei von der Herzogin so emsig unterstützt, dass er sich ihren Wünschen fügte und seine Reise für den Monat Oktober in Aussicht stellte.

       Triumphierend kehrte die Königin nach Berlin zurück und wurde aufs Beste von ihrem Gemahl empfangen. Welche Freude der Besuch des Königs von England überall bei uns hervorrief und welche Genugtuung der König darüber empfand, lässt sich nicht beschreiben. Nur ich hatte keinen Teil daran, denn vom Morgen bis zum Abend wurde ich jetzt malträtiert. Zu allem, was ich tat, bemerkte die Königin: „Das sind Manieren, die meinem Neffen nicht gefallen werden, Sie müssen sich von nun an nach seinem Geschmack richten.“ Diese Verweise, die mir wohl zwanzigmal am Tage erteilt wurden, waren für meine kleine Eigenliebe durchaus nicht schmeichelhaft. Ich hatte von jeher das Unglück, viel über die Dinge nachzudenken; ich sage das Unglück, denn auf diese Weise ergründet man in der Tat gar vieles auf recht unerwünschte Weise. Über sich selbst nachzudenken, ist heilsam. Doch würde man viel glücklicher sein, wenn man alle trüben Betrachtungen von sich weisen könnte. Es ist ein physisches Übel, jedoch ein moralischer Vorzug, und obwohl er mir oft sehr zur Last fällt, finde ich ihn doch für die Lebensführung von Wert. Aber während ich mich so über das überflüssige Nachdenken aufhalte, merke ich, dass ich eben wieder dabei begriffen bin, von meiner Erzählung abzuweichen. Ich komme also auf das Verhalten der Königin zurück. „Wie hart ist es für mich“, klagte ich oft meiner Hofmeisterin, „von der Königin immer wieder auf so auffällige Weise gerügt zu werden. Ich weiß, ich habe Fehler, und wünsche lebhaft, sie abzulegen, weil ich mir die Achtung und den Beifall aller Welt erwerben möchte. An dieses Gefühl sollte man sich bei mir wenden, statt nur immer vom Herzog von Gloucester zu sprechen und von der Mühe, die ich mir geben sollte, ihm eines Tages zu gefallen. Mir scheint, ich bin so viel wert als er; und wer weiß, ob er mir gefallen wird und ob ich glücklich mit ihm werden könnte. Warum all dieses Entgegenkommen, bevor es an der Zeit ist? Ich bin die Tochter eines Königs; es ist keine so sonderliche Ehre für mich, einen Prinzen zu heiraten. Ich fühle keinerlei Neigung für ihn, und was mir die Königin täglich von ihm sagt, flößt mir eher Widerwillen als den Wunsch ein, ihn zu heiraten.“ Fräulein von Sonsfeld wusste nicht, was sie erwidern sollte. Was ich sagte, war zu richtig, um getadelt zu werden. Ich war von Natur aus schüchtern, und diese fortgesetzten Missbilligungen waren nicht angetan, mich zu ermutigen. Sie machte der Königin Vorstellungen, aber umsonst.

       Um diese Zeit kam einer der Kavaliere des Herzogs von Gloucester nach Berlin. Die Königin gewährte ihm Audienz, und er wurde ihr wie auch mir vorgestellt. Er entbot mir einen sehr zuvorkommenden Gruß seines Herrn; ich errötete und erwiderte nur mit einer Verbeugung. Die Königin, die hinhorchte, war sehr böse, dass mir keine Antwort auf das Kompliment des Herzogs einfiel; sie wusch mir den Kopf und befahl mir, wenn ich sie nicht erzürnen wollte, am nächsten Tage meinen Fehler gutzumachen. Ich ging weinend auf mein Zimmer, wider die Königin, wider den Herzog sehr aufgebracht. Ich schwor, dass ich ihn nie heiraten wollte; wenn ich schon vor meiner Verheiratung so unter seiner Fuchtel stünde, würde ich späterhin nicht besser als seine Sklavin gehalten werden; die Königin handle nur nach ihrem Kopf, ohne meine Gefühle zu berücksichtigen. Endlich wollte ich mich zu ihren Füßen stürzen und sie anflehen, mich nicht unglücklich zu machen, indem sie mich zwänge, einen Prinzen zu heiraten, für den ich keine Neigung hatte und mit dem ich sicherlich unglücklich sein würde. Fräulein von Sonsfeld hatte alle Mühe, mich zu beruhigen, um mich von einem so törichten Schritt abzuhalten. Tags darauf musste ich mich mit jenem Kavalier unterhalten und etwas über den Herzog sagen, aber ich tat es sehr gezwungen und mit recht verlegener Miene.

       Indes stand die Ankunft des Königs von England bevor. Wir begaben uns am 6. Oktober nach Charlottenburg, um ihn zu empfangen. Das Herz schlug mir heftig, und ich war von banger Aufregung erfüllt. Der König kam am 8. Oktober um sieben Uhr abends an. Der König, die Königin und der ganze Hof empfingen ihn im Schlosshof, da die Gemächer zu ebener Erde lagen. Nachdem er den König und die Königin begrüßt hatte, wurde ich ihm vorgestellt. Er umarmte mich, und sich zur Königin wendend, sagte er: „Sie ist sehr groß für ihr Alter.“ Er reichte ihr die Hand und führte sie in seine Gemächer, und alle anderen folgten. Sobald ich eintrat,

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