TODESJAGD. Eberhard Weidner

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TODESJAGD - Eberhard Weidner Anja Spangenberg

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style="font-size:15px;">      »Trotzdem. Was du mir über deine Gefühle erzählt hast, als du auf dem Hochhaus warst, klang für mich nicht so, als hätten diese Aufgaben überhaupt keinen Einfluss auf dich. Und dann noch dieses alte Lied der Selbstmörder, das dir ständig im Kopf herumgeistert. Unter Umständen solltest du lieber die Finger von dieser Challenge und dem Selbstmörder-Club lassen.«

      »Mach dir keine Sorgen, Hans«, sagte Anja, obwohl sie deutlich weniger zuversichtlich war, als sie vorzugeben versuchte. Sie hatte ihm nichts davon erzählt, dass sie in der Vergangenheit gelegentlich mit dem Sensenmann in Gestalt einer Überdosis Schlaftabletten geflirtet hatte, weil sie den Lockruf des Abgrunds jenseits des Todes vernommen hatte. Dennoch schien der ehemalige Kriminalist instinktiv zu spüren, dass Anja für derartige Dinge empfänglicher und anfälliger war, als sie zugeben wollte. »Ich hab die Sache völlig im Griff.«

      »Sicher?«

      Sie nickte mit entschlossener Miene, um seine Sorgen zu zerstreuen.

      Er schien allerdings nicht völlig überzeugt zu sein, denn er sah sie weiterhin skeptisch an. »Diese Nemesis wird dir womöglich ohnehin nichts sagen, was dich auf ihre Spur führen könnte«, wandte er ein. »Deshalb ist es vermutlich reine Zeitverschwendung, sich auf ihr Spiel einzulassen. Das ist nämlich kein harmloser Zeitvertreib, sondern todernst. Du hast es ja selbst gespürt. Und wie du sagtest, bist du nicht selbstmordgefährdet.«

      »Ich weiß.« Anja winkte ab. Sie wollte sich nicht rechtfertigen müssen. Baumgartner gebärdete sich in letzter Zeit immer öfter, als wäre er ihr Ersatzvater, und das ging ihr allmählich gewaltig auf die Nerven. Andererseits meinte er es nur gut. Deshalb wollte sie ihn auch nicht vor den Kopf stoßen, was sie bei jedem anderen in einer derartigen Situation vermutlich längst getan hätte, da sie jede Art von Bevormundung hasste. »Trotzdem muss ich es versuchen. Gegebenenfalls schaffe ich es, sie davon zu überzeugen, dass ich niemandem etwas verrate und fest entschlossen bin, mich zu töten. Dann vertraut sie mir womöglich etwas an, das mir bei meinen Ermittlungen weiterhilft. Es ist natürlich nur ein Strohhalm, an den ich mich klammere, das ist mir klar. Aber mehr habe ich momentan nicht in der Hand.«

      »Befrag die Ex-Freundin des Studenten«, schlug Baumgartner vor. »Unter Umständen hat sie unmittelbar vor seinem Verschwinden noch mit ihm gesprochen. Und was diesen Mitbewohner angeht, der kommt mir auch nicht ganz koscher vor. Du solltest ihm noch einmal auf den Zahn fühlen und dabei die Samthandschuhe ausziehen.«

      Anja nickte. »All das habe ich mir ohnehin für morgen vorgenommen. Aber bis dahin werde ich mich weiterhin bemühen, alle Aufgaben zu erfüllen, die Nemesis mir stellt. Kann gut sein, dass ich damit nur meine Zeit verschwende, aber schlimmer als eine schlaflose Nacht kann es schließlich nicht werden.«

      »Warum teilst du ihr nicht einfach mit, dass du keine Lust mehr hast und aussteigst«, schlug Baumgartner vor. »Immerhin hat sie dir geschrieben, sie würde die Dinge dann selbst in die Hand nehmen. Das war meiner Meinung nach eine eindeutige Drohung. Und wenn sie dich dann wirklich umbringen will, muss sie sich dazu in deine Nähe wagen. Warum lässt du sie also nicht einfach zu dir kommen, anstatt dich auf die Suche nach einem Phantom zu machen?«

      »Die Idee hatte ich auch schon. Nur funktioniert sie leider nicht.«

      »Warum nicht?«

      »Weil ich Nemesis einen ausgedachten Namen und eine falsche Adresse genannt habe. Wenn ich aussteige und sie ihre Drohung wahrmachen will, wird sie meine Angaben genauer überprüfen. Und dabei wird sie feststellen, dass die Person, mit der sie in den letzten knapp sechs Stunden Kontakt hatte, überhaupt nicht existiert.«

      »Teile ihr doch einfach mit, dass du dich nicht getraut hättest, bei der Anmeldung deinen echten Namen zu verwenden. Schließlich wusstest du nicht, wer hinter diesem merkwürdigen Club steckt.«

      »Und warum sollte ich ihr dann meine echten Daten mitteilen, wenn ich die Challenge ohnehin abbrechen will und nachdem sie mir gedroht hat.« Anja schüttelte den Kopf. »In dem Fall wird sie erst recht misstrauisch werden, die Zugbrücke hochziehen und den Kontakt komplett abbrechen. Dann habe ich gar nichts erreicht und in der Tat nur meine Zeit verschwendet.«

      Baumgartner seufzte. »Ich sehe schon, dass ich hier auf verlorenem Posten kämpfe. Versprich mir wenigstens, dass du vorsichtig bist.«

      »Natürlich«, sagte Anja und nickte nachdrücklich. »Das bin ich doch immer.«

      Er sah sie mit skeptischem Blick und gerunzelter Stirn an. »Für die Scherze bin hier immer noch ich zuständig. Aber Spaß beiseite. Ruf mich an, wenn du Hilfe brauchst. Egal, zu welcher Uhrzeit. Du weißt, dass du immer auf mich zählen kannst und ich immer für dich da bin. Das bin ich Frank schuldig. Er würde es mir nie verzeihen und mich vermutlich als Geist heimsuchen, wenn ich es zulasse, dass seinem kleinen Sonnenschein etwas zustößt.«

      »Ich weiß. Und ich bin dir für dein Angebot dankbar. Aber du hast schon so viel für mich getan. Allein die Überwachung meines …«

      Er vollführte eine entschiedene Handbewegung, als wollte er ihre Argumente vom Tisch wischen, woraufhin Anja verstummte. »Das ist doch kein Thema. Außerdem hab ich sonst nichts zu tun. Und solange ich dir helfen kann, fühle ich mich nicht mehr ganz so nutzlos, sondern endlich wieder lebendig. Bis du vor ein paar Monaten an meiner Tür geklingelt hast, hatte ich mich schon viel zu lange in der Wohnung vergraben und Trübsal geblasen. Also muss ich dir im Grunde dankbar sein, dass du mich da herausgeholt hast.«

      Anja wollte widersprechen, doch Baumgartner ließ es nicht zu. »Da kommt unser Essen. Lass uns über etwas anderes sprechen.«

      Während sie aßen, redeten sie über eine Reihe wesentlich unverfänglicherer Themen. Dann erkundigte sich Baumgartner nach ihrer Mutter und ihrer Cousine Tanja.

      Anja hatte erst vorgestern mit ihrer Mutter telefoniert. Dagmar Fröhlich, wie sie seit ihrer zweiten Eheschließung hieß, war siebenundfünfzig Jahre alt und wohnte mit ihrem Mann Josef und ihrem Stiefsohn Sebastian in einem Haus im Stadtteil Sendling-Westpark. Josef Fröhlich besaß eine Druckerei, in der seine Frau noch immer als Sekretärin arbeitete.

      Nach dem Tod des Vaters und Ehemannes hatten Anja und ihre Mutter unzählige Auseinandersetzungen gehabt. Das hatte allerdings, wie Anja unumwunden zugegeben hätte, wäre sie danach gefragt worden, nicht nur an ihrer Mutter gelegen. Vor allem in den letzten drei Jahren vor Anjas achtzehnten Geburtstag war es besonders schlimm gewesen. Zwischen den beiden Frauen hatte damals ein regelrechter Krieg mit bis aufs Äußerste geführten heftigen Wortgefechten geherrscht. Dabei hatte es auf beiden Seiten zahlreiche Verletzungen gegeben. Nahezu jedes Thema war damals kontrovers beurteilt und diskutiert worden. Und dass Anja ihren Stiefbruder von Anfang an absolut nicht ausstehen konnte und mit ihren Gefühle nicht hinter dem Berg hielt, war nur einer der Tropfen gewesen, die das Fass oft zum Überlaufen gebracht hatten. Erst seit Anjas langersehntem Auszug, sobald sie volljährig geworden war, hatte sich ihr Verhältnis allmählich gebessert. Sie waren sich immer noch in vielen Dingen uneins. Doch beide Seiten bemühten sich, den mühsam errungenen, oftmals fragil wirkenden Waffenstillstand nicht zu brechen. Wenn sie miteinander sprachen – meistens am Telefon, denn Dagmar bestand darauf, dass ihre Tochter sie regelmäßig anrief, und weitaus seltener von Angesicht zu Angesicht – war sich jede der beiden Frauen des brüchigen Friedens bewusst. Aus diesem Grund bewegte sich jede von ihnen so vorsichtig an der unsichtbaren Demarkationslinie entlang, als liefen sie auf Eiern. Eins der Themen, die sie unterschiedlich beurteilten und daher meistens vermieden, war Anjas Beruf. Obwohl es durchaus Aspekte gab, die sie daran nicht mochte – dazu gehörte vor allem die gelegentliche Konfrontation mit den Leichen vermisster Personen –, liebte Anja ihre Arbeit. Sie konnte ihr viele positive Aspekte abgewinnen, denn oftmals gelang es ihr, Menschen

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