Veyron Swift und das Juwel des Feuers. Tobias Fischer

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Veyron Swift und das Juwel des Feuers - Tobias Fischer Veyron Swift

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untersuchen und herausfinden, wie man diese Tinte wieder sichtbar macht«, sagte Veyron, faltete das Papier zusammen und reichte es zurück an Tom. »Das ist sehr wichtig, Tom. Bewahre den Brief gut auf, trage ihn immer bei dir. Sehr wahrscheinlich hängen Menschenleben davon ab, eventuell sogar noch weitaus mehr. Ich bin überzeugt, dass wir gerade dabei sind, eine riesige Verschwörung aufzudecken.«

      Tom steckte den Brief zurück in den Umschlag und verwahrte ihn sicher in der Innentasche seiner Jacke. Gerade wollte er Veyron versichern, dass niemand außer dem Tod ihm diesen Brief abnehmen könnte, als sein Patenonkel auch schon wieder das Wort ergriff.

      »Ich habe es Gregson nicht gesagt, aber ich konnte noch mehr Hinweise in der Korrespondenz des Professors finden. Sagt dir das Juwel des Feuers etwas?«

      Tom schüttelte den Kopf. »Noch nie gehört. Klingt wertvoll. Wissen Sie mehr? Natürlich wissen Sie mehr, Sie wissen immer mehr.«

      Veyron lachte kurz, lehnte sich zurück und dachte kurz nach. »Ich fürchte, ich kann mich nur auf das berufen, was Rashton dazu in seinen Büchern schrieb. Vor langer Zeit gab es in Elderwelt einmal sieben magische Juwelen. Sie wurden die Nuyenin-Steine genannt. Zwei Juwelen dienten dem Wissen und dem Leben, vier den Elementen, darunter das besagte Juwel des Feuers. Dann gab es noch einen Meisterstein, durch den die Kraft aller gebündelt werden konnte. Ihre Macht war verheerend. Armeen konnte man mit ihnen vernichten, Seen austrocknen und sogar Berge einstürzen lassen. Länder wurden verwüstet und ganze Völker ausgelöscht. Soweit die Überlieferungen vollständig sind, gab es keine schrecklichere Macht in Elderwelt«, erklärte Veyron schließlich.

      Tom schnappte nach Luft und krallte sich in den Filz der Sitzbank. »Was ist mit den Juwelen geschehen?«, fragte er aufgeregt.

      »Sie galten als verschollen – bis heute. Offenbar sind jetzt Spuren davon aufgetaucht. Zumindest war es dem Professor sehr wichtig, mehr darüber zu erfahren. Ich bin davon überzeugt, dass Flammenschwert-Joe hinter den gleichen Informationen her ist. Nach allem, was wir von diesem Schurken wissen, sollte uns der Gedanke nicht gefallen, dass er das Juwel des Feuers zuerst findet. Nein, das müssen wir auf jeden Fall verhindern.« Veyron tauchte wieder in die undurchschaubare Welt seiner Gedanken ab. Mit starren Augen blickte er aus dem Fenster und nahm seine Umwelt nicht mehr weiter wahr.

      Eine Stunde später befanden sich bereits auf dem Weg nach New York.

      3. Kapitel: Mr. Nagamoto

      New York war dieser Tage kein besonders reizvoller Ort. Die Stadt versank in Regen; überall an den Straßenrändern bildeten sich kleine Bäche, die – mal schneller, mal langsamer – in die Kanalöffnungen flossen, Folgen eines Sturmtiefs, das sich seit Tagen über der Atlantikküste austobte und einfach nicht nachlassen wollte.

      Nagamoto Tatsuya blickte nach draußen. Regen trommelte gegen die großen Aussichtsfenster seines Büros im dreizehnten Stock, und seine Stimmung glich dem Bleigrau des Himmels. Das Gewicht der Welt schien derzeit auf seinen Schultern zu lasten. Er musste sich der Versuche erwehren, das Unternehmen, für das er verantwortlich war, an Borgin & Bronx zu verlieren, ein ebenso reicher wie wegen seines Geschäftsgebarens gefürchteter Hedge Fonds. Hinzu kamen noch seine Gedanken, die unentwegt um Professor Lewis Daring kreisten. Die Sache mit dem Juwel des Feuers wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen. Am liebsten wäre er sofort nach London aufgebrochen, um die Suche dort fortzusetzen, wo er sie vor zwei Wochen abgebrochen hatte. Zuvor musste er jedoch diese Sache mit Borgin & Bronx hinter sich bringen. Die Beschäftigung mit dieser profanen Angelegenheit war ihm fast zuwider, denn im Verborgenen waren Dinge im Begriff zu geschehen, welche die ganze Welt für immer verändern würden. Die Zeit lief ihm davon! Stattdessen musste er sich mit einer Bande habgieriger Manager herumschlagen, denen jedes legale – und auch illegale – Mittel recht war, um ihre Hälse vollzustopfen.

      Die treibende Kraft hinter Borgin & Bronx war dessen Hauptanteilseigner, ein Mann mit Namen H. G. W. Morgan, den angeblich noch niemand zu Gesicht bekommen hatte. Der Mann schien ein Phantom zu sein. Schon seit einer ganzen Weile versuchte Nagamoto mehr über diesen Morgan zu erfahren, doch wohin er sich auch wandte, er stieß immer nur auf Anwälte und Notare, die im Auftrag von Mr. Morgan handelten. Zumindest die Vorstände von Borgin & Bronx schienen ihn persönlich zu kennen, aber sie hüteten sich, auch nur ein Wort über ihn zu verlieren. Es war dieser Morgan, der dem Hedge Fonds seine Unternehmensphilosophie aufgezwungen hatte.

      Borgin & Bronx kauften lukrative Unternehmen (meist mit Kapital, das sie sich für günstige Zinsen bei anderen Investmenthäusern liehen), übernahmen die Aktienmehrheit und setzten weitreichende Restrukturierungsmaßnahmen durch. Mitarbeiter wurden zu Tausenden entlassen, Standorte geschlossen. Aus dem Unternehmen wurde jeder Cent herausgequetscht, der sich irgendwie einsparen ließ. Der Gewinn wurde maximiert – bei sinkenden Ausgaben und bei durchaus kalkuliert sinkender Wirtschaftsfähigkeit. Das ging so lange (meistens drei bis fünf Jahre), bis Borgin & Bronx ihre Investition refinanziert und nebenbei Dividenden kassiert hatten. Dem Hedge Fonds ging es allein um die Rendite. Wenn alles aus einem Unternehmen rausgesaugt war, wurde es zerschlagen, und war diese »Restrukturierung« erst abgeschlossen, zogen sich Borgin & Bronx aus dem Unternehmen zurück. Die rentablen Anteile wurden gewinnbringend verkauft, während das Eigenkapital vorher aus den unrentablen Teilen abgezogen wurde. Der klägliche Rest des Unternehmens ging in die Insolvenz, zu der dann Borgin & Bronx nichts mehr beitragen mussten.

      Eine Bande von Vampiren. Die saugen einem das letzte Blut aus, dachte Nagamoto. Er war vor fünfzig Jahren in Osaka geboren und erst seit zehn Jahren in den Vereinigten Staaten tätig. Englisch sprach er noch immer mit Akzent, doch das gefiel ihm. Er bemühte sich auch gar nicht, seine Aussprache zu verbessern. Auf diese Weise wurde er von vielen Gegnern unterschätzt – was sich bisher stets zu seinem Vorteil ausgewirkt hatte. Seine stattliche Erscheinung, sein kantiges Gesicht mit den dunklen, vor Entschlossenheit leuchtenden Augen und dem schmalen Oberlippenbart ließen ihn wie einen grimmigen Samurai wirken, das wusste er. Manche behaupteten ihm gegenüber sogar, ohne Schlips und Anzug, könnte man ihn sich ansonsten nur mit Rüstung und Schwert vorstellen. Seine stattliche Erscheinung und sein höfliches, aber bestimmendes Auftreten verliehen ihm eine Aura des Respekts und der Autorität, die er geschickt einzusetzen wusste. Es gab nicht viele, die sich nicht sofort erhoben, wenn er den Raum betrat. Noch weniger Menschen gab es, die es wagten, sich ihm offen entgegenzustellen.

      Vampirfonds. Dieser Ausdruck war genau richtig für Borgin & Bronx und traf es seiner Meinung nach besser als jeder andere Begriff für solche Ausbeuter. Jetzt war ausgerechnet die Energreen Corporation in den Fokus dieser modernen Vampire geraten. Bislang hatte Nagamoto als Mitglied des Vorstandes den Aktionären und auch dem Aufsichtsrat einen Verkauf ausreden können. Aber Borgin & Bronx gaben sich nur selten mit einem »Nein« zufrieden. Wo ein Kaufangebot als Argument nicht genügte, da trumpften sie plötzlich mit zahlreichen Annehmlichkeiten für das Management auf. Extra-Anteilspakete zum Vorzugspreis, lukrative Folgeverträge für ein »Ja« zum Verkauf. Kostenlose Urlaubsreisen zu jedem Ziel der Welt, Bordellbesuche, Luxuslimousinen, Privatjets, Villen, Jachten – Borgin & Bronx zeigten sich sehr spendabel, wenn sie etwas unbedingt haben wollten – und das war derzeit die Energreen Corporation.

      Energreen war vor zwanzig Jahren als Anbieter alternativer, ökologischer Energie an den Markt gegangen. Nagamoto arbeitete schon damals bei der Firma, zunächst in Japan, danach in Australien und später lange in Europa. Seit zehn Jahren war er Mitglied des Vorstands mit Büro in New York. Er liebte Energreen. Es war eine gute Sache, für die dieses Unternehmen stand, das selbst nach zwanzig Jahren seiner Gründerphilosophie treu blieb: die Welt von morgen zu verbessern. Nagamoto bezweifelte, dass es viele Unternehmen von der Größe Energreens gab, die so viel für die Allgemeinheit taten. So hatte Energreen vor Jahren schon riesige Flächen Urwald in Südamerika und Afrika gekauft und erhalten, Milliarden in die Renovierung von Armenvierteln investiert und schulische

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