Veyron Swift und das Juwel des Feuers. Tobias Fischer

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Veyron Swift und das Juwel des Feuers - Tobias Fischer Veyron Swift

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verschwunden.«

      »Ein seltsamer Vogel. Der Typ hatte ja echt einen Schatten«, meinte Tom. Schnell nahm er sich noch einen Toast, bevor er kalt wurde.

      Veyron schenkte ihm ein zustimmendes Lächeln. »Stimmt. Er war ein seltsamer Vogel, verrückt, aber nicht geistesgestört. Da muss man einen Unterschied machen. Sein Verschwinden ließ mich jedenfalls eigene Nachforschungen anstellen. Mir ging dieser Satz: ›Ich wünschte, ich könnte endlich an diesen anderen Ort gehen‹ nicht mehr aus dem Kopf. Ich war davon überzeugt, dass er nicht das Jenseits meinte, wie von den Psychologen angenommen. Dazu musst du wissen, dass Floyd Ramer kein frommer Mensch war. Er glaubte nicht, dass Gott oder ein Jenseits existierten, hielt diese Einstellung vielmehr für antiquiert und für einen modernen Menschen nicht mehr zeitgemäß. Somit war er der gleichen Meinung wie ich, dass der Tod endgültig ist. Als ob man einem Radio den Stecker zieht. Daher kam eine Jenseitssehnsucht als Grund seines Verschwindens nicht infrage. Ich war sicher, dass er tatsächlich einen realen, anderen Ort meinte, zu dem er zu gelangen hoffte – materiell, nicht spirituell.

      Daher nahm ich mit der Polizei Kontakt auf und überzeugte Inspektor Gregson davon, dass ich mir Privataufzeichnungen Ramers genauer durchsehen durfte – hinter dem Rücken des Nachlassverwalters, welcher von der Ramer-Stiftung bezahlt wurde und von Anfang an sehr abweisend und überhaupt nicht kooperativ war. Ich suchte in den Aufzeichnungen nicht nach Hinweisen auf Depressionen, wie es die Psychologen taten – womit wir wieder beim Thema des faulen Gehirns wären –, sondern nach Hinweisen auf diesen anderen Ort. Und es gab sie zuhauf. In Briefen an seinen Vater erwähnte er mehrmals das Wort ›Elderwelt‹ oder ›andere Seite der Welt‹. Er gab diesem anderen Ort verschiedene Namen. Aber noch interessanter war der Hinweis an einer Stelle, dass er gern wieder dorthin zurückkehren würde. Er erbat sich von seinem Vater die Erlaubnis, noch einmal durch den Durchgang zu gehen, bevor er studieren musste. Sein Vater verweigerte es ihm mit der Begründung, dass die Zeit noch nicht reif für ihn wäre, an jenen ›anderen Ort‹ zurückzukehren. Also war Ramer schon dort gewesen. Dieser andere Ort, diese ›Elderwelt‹, musste demnach wirklich existieren. Und der Weg dorthin führte durch einen Durchgang.

      Ich suchte lange vergeblich nach diesem Durchgang, denn leider gaben Ramers Aufzeichnungen nicht preis, wie dieser Durchgang beschaffen war oder funktionierte.«

      Tom überlegte kurz. »Also glauben Sie, dass Ramer durch einen Durchgang nach Elderwelt gereist ist und dort glücklich und zufrieden lebt?«

      Veyron zuckte mit den Schultern. »Da könnte ich nur spekulieren, und ich spekuliere nicht gern, ohne handfeste Fakten in der Hand zu halten. Ich habe jedoch keinen Zweifel, dass Ramer Elderwelt lebend und sicher erreicht hat. Viel faszinierender fand ich allerdings die anderen Teile von Ramers Aufzeichnungen. Er beschrieb Elderwelt nie, aber er zog in einer Korrespondenz einen Vergleich mit einem erfundenen Reich, das John Rashton in seinen Fantasy-Romanen beschrieben hat.

      Ramer schrieb: ›Eigentlich müsste der alte Rashton es besser gewusst haben. Seine Darstellung dieser anderen Welt ist viel zu romantisch und zu stark idealisiert. Ich frage mich, ob er sie wirklich so wahrgenommen hat, als er dort war.‹

      Von da an war ich überzeugt, auf der richtigen Spur zu sein. Also kaufte ich alles, was Rashton jemals geschrieben hatte, auch sämtliche Werke über die Werke Rashtons. Bitte hol mir doch rasch eines der Bücher, Tom.«

      Tom, inzwischen völlig im Bann von Veyrons Bericht, schnippte mit den Fingern, sprang auf und eilte hinüber ins Wohnzimmer. Es war nicht schwer, die Werke Rashtons zu finden, denn Veyron hatte alle Bücher alphabetisch geordnet. Er nahm das dickste Buch heraus, ein altes Exemplar, aus dem viele lose Seiten hingen. Zahlreiche zusätzliche Zettel steckten darin. Es war so dick, dass es jemand mit einem Ledergürtel verschnürt hatte, um alles zusammenzuhalten. Er kehrte mit seiner Beute in die Küche zurück und legte das zerfledderte Werk auf den Stapel Zeitungen.

      »Die Stein-des-Feuers-Trilogie. Teil eins: ›Die Weiße Königin‹. Teil zwei: ›Der Schatz der Zwerge‹. Teil drei: ›Krieg in Elfenland‹«, las Tom vom Einband ab. »Ich hatte mal damit angefangen, bin aber nie weiter als bis Seite 100 gekommen.«

      Veyron seufzte enttäuscht. »Dann hast du was verpasst. Die Sprache Rashtons ist wunderschön zu lesen. Ich glaube nicht, dass heute jemand in England lebt, der unsere Sprache noch so kunstvoll benutzen kann. Aber ich studierte seine Bücher nicht deswegen, sondern durchsuchte sie nach brauchbaren Daten über Elderwelt. Ich saugte jedes kleine Fitzelchen Information in mich auf. Leider wurde das Buch dabei schwer in Mitleidenschaft gezogen, wie du sehen kannst. Es ist mir aber auch heute noch eine Quelle bei Nachforschungen über fremde Wesen aus Elderwelt.«

      Tom setzte sich wieder hin und konnte sich einer gewissen Ehrfurcht gegenüber diesem alten, zerfledderten Wälzer nicht erwehren. »Okay, Rashton war Ihr Wegweiser, aber Sie hatten ja immer noch keine Beweise für die Existenz Elderwelts oder einen Hinweis darauf, wie man dorthin gelangen kann«, sagte er.

      Veyron nickte eifrig. Er nahm einen hastigen Schluck Kaffee, bevor er weitersprach. »Mir blieb keine andere Wahl, als meine Theorien praktisch zu überprüfen. Rashton war leider das Ende der Informationskette. Allein Ramers Bemerkungen haben mich auf diese Spur geführt, welche die Werke jedes anderen Fantasy-Autors ausschloss. Allein mit Büchern kam ich nicht weiter. Also annoncierte ich auf meiner Website, bot meine Dienste als Berater für Geisterheimsuchungen und andere unerklärliche Fälle an. Lange Zeit passierte gar nichts, doch schließlich kamen meine ersten Klienten. Ich hörte mir ihre Geschichten an und glich die gewonnenen Informationen auf Übereinstimmungen mit Rashtons Werken ab. Du musst wissen, dass Rashton Orte und Wesen sehr detailliert beschrieben hat. Sogar Stammbäume von Herrscherlinien, Landkarten und kulturhistorische Essays über die in seinen Romanen vorkommenden Geschöpfe verfasste er.

      Neunzig Prozent meiner Klienten schickte ich wieder nach Hause. Ihre Geschichten waren nichts weiter als Einbildungen und Spinnereien. Denen konnte ich nicht helfen, das konnten nur Therapeuten. Lediglich ein einziger Fall erwies sich als interessant: Mr. Pete Tweed, der Inhaber eines Schrottplatzes, beklagte sich, dass er seit gut einer Woche von Kobolden heimgesucht würde. Sie klauten alle funktionstüchtigen Apparate und richteten dabei ein heilloses Chaos an. Tweeds Beschreibung der Kobolde deckte sich mit denen Rashtons. Sogar das Verhalten und die Beschreibung der Kobold-Sprache waren mit der Rashtons identisch.

      Also legte ich mich auf die Lauer, genau darauf achtend, von den sensiblen Kobold-Sinnen nicht aufgespürt zu werden. Sie können im Dunkeln hervorragend sehen, noch besser riechen und auch ausgezeichnet hören. Die ersten Versuche erwiesen sich als Fehlschläge. Sie hatten mich offenbar ausgemacht und die Flucht ergriffen. Doch ich wurde vorsichtiger. Schließlich war ich imstande, die Kerle mit eigenen Augen zu beobachten.

      Kobolde zählen zur Familie der Schrate, allesamt boshafte, menschenartige Kreaturen, denen auch die Orks angehören. Sie sind kurz gewachsen, krummbeinig, mit hässlichen Gesichtern und fahlen Augen. Als ich sie einmal gestellt hatte, konnte ich allerdings gegen diese Geschöpfe nicht viel ausrichten. Ich musste tatenlos zusehen, wie sie eine Menge Schrott zusammenrafften und spurlos mit ihrer Beute verschwanden – vermutlich zurück zu einem geheimen Durchgang nach Elderwelt, jenem Ort, den Rashton einst mit so schönen Worten beschrieben hat und zu dem Floyd Ramer gegangen war.

      Dieses Erlebnis ließ mich weitere Spuren ungewöhnlicher Wesen suchen. Ich stieß vor drei Jahren auf die Vampire von Surrey, drei Brüder, die einige abscheuliche Morde begangen haben. Inspektor Gregson hielt mich für einen Verrückten, als ich ihm meine Theorie vortrug, genau wie Willkins und die anderen vom Revier. Inzwischen tun sie das nicht mehr. Wahrscheinlich wegen der Vampire und ihres unschönen Abgangs im Sonnenlicht. Hmm. Vielleicht doch eher wegen des Trolls, den ich vor zwei Jahren aufspürte? Er hatte die Nachbarschaft von Woking terrorisiert und dort mit Vorliebe Bäume ausgerissen und Scheiben eingeschlagen, ganz zu schweigen von den drei Opfern, die er aufgefressen hat. Oder wegen der Kobolde,

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