Der Pfadfinder. James Fenimore Cooper
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Der Oswego war gerade auf dieser Strecke von tiefdunkler Farbe, nicht besonders breit, und der stille düstere Strom verfolgte seine Windungen unter überhängenden Bäumen, welche an manchen Stellen das Licht des Himmels fast ganz ausschlossen. Hie und da kreuzte ein halbgefallener Waldriese nahezu die Oberfläche und machte Vorsicht nöthig, indeß am Ufer Bäume von niedrigerem Wuchse Zweige und Blätter in das Wasser senkten. Das Gemälde, welches einer unserer Dichter so herrlich gezeichnet und wir als Epigraph diesem Kapitel vorangestellt haben, war hier verwirklicht. Die Erde gedüngt durch die vermoderte Vegetation von Jahrhunderten, der schwarze Lehmgrund, die Ufer des Stroms voll zum Ueberfließen, und der frische weite Wald — Alles erschien hier so lebenswarm, wie es Bryant für die Phantasie malte. Kurz, die ganze Scene war die einer reichen und wohlwollenden Natur, ehe sie der Mensch unterworfen — verschwenderisch, wild, vielversprechend, und auch in diesem rohesten Zustand nicht ohne den Reiz des Malerischen. Ich muß bemerken, daß der Zeitraum unserer Geschichte in das Jahr 175— fällt, in eine Zeit also, wo der Speculationsgeist abenteuerlicher Projektanten jenen Theil des westlichen New-Yorks noch nicht in die Gränzen der Civilisation gezogen hatte. In jener fernen Zeit gab es zwischen dem bewohnten Theil der Colonie New-York und den Gränzfestungen Canada's zwei große militärische Kommunikationskanäle, deren einer durch den Champlain- und Georgensee, der andere durch den Mohawk, den Wood-Creek, den Oneida und die oben genannten Flüsse vermittelt wurde. Längs dieser beiden Verbindungslinien waren militärische Posten aufgestellt. Diese fanden sich übrigens so spärlich, daß von dem letzten an dem Ursprung des Mohawks gelegenen Fort bis zum Ausfluß des Oswego sich eine unbesetzte Strecke von hundert Meilen ausdehnte, welche Cap und Mabel nun größtentheils unter Arrowheads Schutz zurückgelegt hatten.
„Ich wünschte mir wohl bisweilen die Zeit des Friedens wieder," sagte der Pfadfinder, „wo man den Wald durchstreifen konnte, ohne es mit einem andern Feinde als den wilden Thieren und den Fischen zu thun zu haben. Ach, wie manchen Tag habe ich und der Serpent zwischen den Strömen bei Wildpret, Salmen und Forellen zugebracht, ohne an einen Mingo oder einen Skalp zu denken! Bisweilen wünsche ich, diese gesegneten Tage möchten wiederkehren, denn die Jagd auf mein eigenes Geschlecht gehört nicht zu meinen eigentlichen Gaben. Ich bin überzeugt, daß des Sergeanten Tochter mich nicht für einen solchen Elenden hält, der seine Lust an Menschenblut hat!"
Nach dieser Bemerkung, welche halb fragend gemacht wurde, blickte der Pfadfinder hinter sich; und obgleich selbst der parteiischste Freund seine sonnverbrannten, harten Züge kaum schön nennen konnte, so fand doch Mabel sein Lächeln, seinen gesunden Verstand und die Aufrichtigkeit, die aus seinem ehrlichen Gesicht leuchtete, sehr anziehend.
„Ich glaube nicht, daß mein Vater einen Mann, wie Ihr ihn bezeichnet, ausgeschickt hätte, seine Tochter durch die Wildniß zu geleiten," antwortete das Mädchen, indem sie sein Lächeln, so freimüthig als es gegeben wurde, nur mit etwas mehr Anmuth erwiederte.
„Er hätte es nicht, nein, er hätte es nicht gethan. Der Sergeant ist ein Mann von Gefühl, und wir haben zusammen manchen Marsch gemacht und manchen Kampf ausgefochten — Schulter an Schulter, wie er es nennen würde — obgleich ich mir die Glieder immer frei gehalten habe, wenn ein Franzose oder Mingo in der Nähe war."
„So seid Ihr also der junge Freund, von dem mein Vater so oft in seinen Briefen gesprochen hat?"
„Sein junger Freund — der Sergeant ist gegen mich um dreißig Jahre im Vortheil, ja, er ist dreißig Jahre älter als ich, und nun eben so lange mein Vorgesetzter."
„In den Augen der Tochter wohl nicht, Freund Pfadfinder," warf Cap ein, dessen Lebensgeister wieder rege zu werden begannen, als er Wasser um sich fließen sah. „Die dreißig Jahre, deren Ihr erwähnt, werden von den Augen eines neunzehnjährigen Mädchens selten als ein Vortheil betrachtet."
Mabel erröthete, und während sie ihr Gesicht von den im Vordertheil des Kahnes befindlichen Personen abwenden wollte, begegnete sie dem bewundernden Blicke des jungen Mannes am Stern. Als letzte Zuflucht senkte sich nun ihr sanftes, blaues, ausdrucksvolles Auge gegen die Wasserfläche. Gerade in diesem Augenblick schwebte durch die Baumreihe ein matter, dumpfer Ton, getragen von einem leichten Luftstrome, welcher kaum ein Kräuseln auf dem Wasser hervorbrachte.
„Das klingt angenehm," sagte Cap, und spitzte die Ohren gleich einem Hunde, der entferntes Bellen hört.
„Es ist nur ein Fluß, der eine halbe Meile unter uns über einige Felsen stürzt."
„Ist ein Fall auf dem Strom?" fragte Mabel, indem sie noch höher erröthete.
,Der Teufel! Meister Pfadfinder, oder Ihr, Herr Eau-douce" (denn so begann Cap Jaspern in der vertraulichen Weise der Gränzleute zu nennen), konntet Ihr dem Kahn keinen besseren Strich geben und Euch näher an das Ufer halten? Diese Wasserfälle haben gewöhnlich Stromschnellen über sich, und eben so gut könnten wir uns dem Maelstrom [Ein Meeresstrudel zwischen den Klippen Norwegens in der Nähe der Felseninsel Moskoe.] als ihrem Saugen anvertrauen!"
„Verlaßt Euch auf uns, verlaßt Euch aufs uns, Freund Cap," antwortete der Pfadfinder; „wir sind zwar Frischwasserschiffer, und ich darf mir nicht einmal auf dieses viel zu gut thun; aber wir kennen die Strömungen und die Wasserfälle, und während wir darüber gehen, werden wir uns Mühe geben, unserer Erziehung keine Unehre zu machen."
„Darübergehen!" rief Cap. „Zum Teufel, Mensch, Ihr werdet's Euch doch nicht träumen lassen, über einen Wasserfall zu fahren in dieser Nußschale von Barke?"
„Gewiß, der Weg geht über die Fälle und es ist viel leichter, über diese wegzuschießen, als den Kahn auszuladen, und ihn sammt seinem Inhalt zu Land eine Meile Wegs herumzutragen."
Mabel kehrte ihr erblaßtes Antlitz gegen den jungen Mann am Sterne des Kahnes, denn gerade jetzt hatte ein frischer Luftstrom das Getöse der Fälle auf's Neue zu ihren Ohren getragen. Der Ton konnte wirklich Schrecken erregen, da nunmehr seine Ursache bekannt war.
„Wir dachten, die Frauen und die beiden Indianer an's Land zu setzen," bemerkte Jasper ruhig, „indeß wir drei weißen Männer, die wir an's Wasser gewöhnt sind, das Boot sicher darüber wegführen, denn wir sind schon oft über diese Fälle geschossen."
„Und wir zählen auf Euern Beistand, Freund Seemann," sagte der Pfadfinder, indem er Jaspern über die Achsel zuwinkte, denn Ihr seid des Wellensturzes gewohnt, und wenn nicht Einer auf die Ladung Acht hat, so möchten alle die feinen Sachen der Tochter des Sergeanten in der Flußwäsche zu Grunde gehen."
Cap war verwirrt. Der Gedanke, über die Fälle zu fahren, erschien seinen Augen vielleicht ernsthafter, als er denen, welche mit der Führung eines Bootes gänzlich unbekannt waren, vorkommen mochte; denn er kannte die Macht des Elements und die Rathlosigkeit des Menschen, wenn er der Wuth desselben ausgesetzt ist. Sein Stolz empörte sich aber gegen den Gedanken, das Boot zu verlassen, als er sah, mit welcher Festigkeit und Ruhe die Andern darauf bestanden, den Weg auf die bezeichnete Weise fortzusetzen. Ungeachtet dieses Gefühls und seiner sowohl angebornen als erworbenen Festigkeit in Gefahren, würde er übrigens seinen Posten wahrscheinlich dennoch verlassen haben, wenn seine Phantasie nicht von den Bildern der auf Skalpe lauernden Indianer so ganz hingerissen gewesen wäre, daß er den Kahn gewissermaßen als ein Asyl betrachtete.
„Was fängt man aber mit Magnet an?" fragte er, als die Zuneigung zu seiner Nichte neue Gewissensscrupel in ihm aussteigen ließ. „Wir können sie doch nicht an's Land setzen, wenn Indianer in der Nähe sind?"
„Nein, kein Mingo wird sich dem Trageweg nähern; denn dies ist ein Ort, der zu