Treffpunkt Hexeneiche. Claus Karst

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Treffpunkt Hexeneiche - Claus Karst

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ein wenig entfremdet. Leider existiert nicht das starke Bindeglied, das gewöhnlich Kinder bilden. Zudem haben uns allerlei unterschiedliche Verpflichtungen in den letzten Jahren immer häufiger genötigt, getrennte Wege zu gehen, abgesehen von seinen zahlreichen Geschäftsreisen. Nach dem Schulfest zum Beispiel habe ich ihn kaum länger als eine Viertelstunde pro Tag zu Gesicht bekommen.“

      „Wann haben Sie geheiratet?“

      „1950.“

      „Wo und wie haben Sie sich kennengelernt?“

      „1946 in Argentinien. Meine Familie hatte sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs dorthin auf das Gut des jüngeren Bruders meines Vaters zurückgezogen. Frieder, mein Mann, tauchte eines Tages dort auf. Vor allem mein Vater schien sofort einen Narren an ihm gefressen zu haben. Er besorgte ihm einen Job in unseren Unternehmungen und nahm ihn mehr oder weniger in die Familie auf und unter seine Fittiche.“

      „Moment bitte … Sie sind eine von Saersbeck?“

      „Oh, das wussten Sie nicht? Ja, ich bin eine Saersbeck. Frieder, eigentlich heißt er Friedrich, nahm vor der Hochzeit auf Wunsch meines Vaters den Namen unserer Familie an. Das Unternehmen, wissen Sie. Mir wurde er mit dem Familiennamen Brockhuis vorgestellt.“

      „Brockhuis?“

      „Ja, so nannte er sich. Allerdings sind Namen Schall und Rauch, das weiß ich, auch dass in jener Zeit in Argentinien mancherlei im Dunst der Pampa verweht wurde.“

      „Wie kam er nach Argentinien?“

      „Er hatte im Krieg seine Familie verloren, so erzählte er zumindest, und fand Arbeit auf einem Frachter. Irgendwie ist er in Buenos Aires hängen geblieben und zufällig meinem Vater über den Weg gelaufen.“

      „Sind Sie sicher, dass die Begegnung auf purem Zufall beruhte?“

      „Heute nicht mehr, wenn Sie mich so direkt darauf ansprechen.“

      „Wissen Sie, was er im Krieg gemacht hat?“

      „Darüber weiß ich nichts, und das hat mich, ehrlich gesagt, auch nie interessiert. Der Krieg und auch Deutschland kamen mir zu jener Zeit zu weit entfernt vor, wie am anderen Ende der Welt. Mein Vater wird sich wohl ausgiebig über Frieders Vergangenheit erkundigt haben, bevor er unsere Hochzeit gutgeheißen und seinen Schwiegersohn in die Unternehmensleitung eingeführt hat. Jedenfalls bin ich davon immer ausgegangen. Er pflegte niemals etwas dem Zufall überlassen. Abgesehen davon konnte Frieder ausgesprochen charmant sein, wenn er wollte. Somit ist es ihm seinerzeit gelungen, mich sehr von sich einzunehmen.“

      Cernik spürte ein Signal, wie immer, wenn sein Instinkt ihn auf eine Spur aufmerksam machen wollte. Sollte etwa das Motiv der Tat in die Vergangenheit reichen? Er nahm sich vor, auch in dieser Richtung zu recherchieren, eine Aufgabe, in die sich seine Assistentin mit Begeisterung hineinstürzen würde.

      „Eine letzte Frage fürs Erste, gnädige Frau. Hatte Ihr Mann Feinde?“

      „Ach, wissen Sie, Herr Hauptkommissar, in einer Position, wie er sie bekleidete, hat niemand nur Freunde. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es jemanden gab, der ihm nach dem Leben trachtete, denn dazu gehört doch wohl mehr als Missgunst. Frieder regelte gewöhnlich alles mit Geld und machte seine Feinde von sich abhängig. Für ihn zählten nur materielle Werte.“

      „Welcherlei Geschäfte betreibt die INTERSTAHL, so heißt doch wohl Ihre Holding, eigentlich?“

      „Ich bin ins Geschäftliche nicht im Detail involviert. Wenn das für Sie von Belang ist, sollten Sie mit meinem Bruder sprechen.“

      „Das werde ich sowieso noch tun.“

      Cernik erhob sich.

      „Sie werden verstehen, dass wir die Leiche Ihres Mannes zu rechtsmedizinischen Untersuchungen mitnehmen mussten. Ich werde dafür sorgen, dass unsere Mediziner den Leichnam baldmöglichst freigeben.“

      „Danke, Herr Hauptkommissar, damit würden Sie mir einen großen Gefallen erweisen.“

      „Ferner bitte ich Sie, möglichst heute noch Ihren Mann der Ordnung halber zu identifizieren.“

      „Wenn sich das nicht verhindern lässt …“

      „Ach, ja, ich werde mir noch die Arbeitsplätze ihres Mannes im Unternehmen und auch zu Hause ansehen müssen, um möglicherweise Anhaltspunkte für ein Verbrechen aufzuspüren.“

      „Ich werde Ihrer Arbeit keinen Stein in den Weg legen, denn ich werde nicht eher Ruhe finden, bis ich weiß, wie und vor allem warum mein Mann zu Tode gekommen ist. Ich muss auch an meine Familie und das Unternehmen denken.“

      „Wer wird das Unternehmen jetzt leiten, wenn ich fragen darf?“

      Frau von Saersbeck stand ebenfalls auf, eine bemerkenswerte Frau, jedoch von einer selbst erbauten Mauer umgeben, die – trotz ihrer unverbindlichen Freundlichkeit – schwerer zu durchdringen schien als Brunhildes Feuerwall in der Nibelungensage.

      „Mein jüngerer Bruder Hagen. Er war bisher zusammen mit Frieder geschäftsführender Gesellschafter unserer Unternehmungen. Vorläufig wird er wohl alleine das Unternehmen leiten müssen.“

      „Fast hätte ich’s vergessen, und nehmen Sie die Frage bitte ernst, auch wenn Sie Ihnen merkwürdig vorkommen mag. Sagen Ihnen die Musketiere etwas?“

      Selbst bei dieser Frage behielt Frau von Saersbeck ihre Haltung und ließ sich keinerlei Verwunderung anmerken, obwohl ihr die Frage recht eigenartig vorkam. Sie schien ein wenig nachzugrübeln, so als wollte sie hinter dieser Frage den Sinn entdecken. Schließlich erwiderte sie ernsthaft, ohne jeden weiteren Kommentar: „Ich kenne welche aus dem Buch von Dumas und aus Filmen, wie wahrscheinlich jeder andere Mensch auch.“

      „Nochmals vielen Dank, gnädige Frau, Sie werden von mir hören.“

      Der Kommissar dachte angestrengt nach, spürte, etwas vergessen zu haben.

      „Oh, noch eine Frage, bitte. Wann haben Sie Ihren Mann zuletzt lebend gesehen?“

      „Gestern Morgen beim Frühstück. Abends kam er spät heim. Ich hatte mich bereits zurückgezogen. Wir benutzten getrennte Schlafräume.“

      „Ich danke Ihnen für die Zeit, die Sie mir – trotz der Umstände – gewidmet haben. Bemühen Sie sich nicht, ich finde schon alleine hinaus.“

      Frau von Saersbeck hatte jedoch bereits eine kleine Glocke in der Hand und läutete nach dem Butler.

      „Der Herr Hauptkommissar möchte gehen, Albert.“

      Sie nickte Cernik grüßend zu und entfernte sich lautlos, wie sie gekommen war, durch eine Tür in der Regalwand.

      „Wenn Sie mir bitte folgen wollen, mein Herr“, forderte der Butler ihn auf.

      „Sagen Sie, wann haben Sie Herrn von Saersbeck zuletzt gesehen?“, fragte Cernik auf der Schwelle des Portals.

      „Er kam gegen 23 Uhr nach Hause und bat mich, ihm einen Drink zu servieren. Mir schien er ein wenig nervös. Er stürzte den Whisky ziemlich hastig hinunter und sagte: ‚Ich gehe noch eine halbe Stunde spazieren, frische Luft schnappen, mein Tag war sehr

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