Geschichten aus Movenna. Petra Hartmann

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Geschichten aus Movenna - Petra Hartmann Movenna

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als erster war König Movennas

      ihm folgte sein schöner Sohn Vidger

      dann Glaukos und Henna

      Katlyna Selanna

      und Wulfric der König der Schwerter

      von hoher Gestalt war Eirikir

      und Flaric ein freundlicher Mann

      schönen Künsten zugetan

      dann Vagn der Starke und Luthold der Rasche

      mit heller Stimme auch Lathmon und Kyris

      so sind die Könige Movennas

      mit Lorman und Orsan

      richtig aufgezählt.“

      Sie schaute Beifall heischend zu Aeshna hinüber, und die Alte nickte zufrieden. Lournu hatte die Reihe der alten Könige auf dem Wege sorgfältig auswendig gelernt. Wieder schrie einer der Soldaten.

      „Dich werfe ich im Tal den tanzenden Schatten vor, du freches Ding“, grollte Harvart.

      Doch Lournu lachte nur. „Die Schatten im Tal sind die Geister meiner Ahnen“, stellte sie fest. „Und die alten Könige sind dort. Glaubst du, sie werden ein Mädchen aus Movenna anrühren? Sei auf der Hut, fremder König. Es sind nicht deine Ahnen, die bei Surbolds Grab tanzen.“ Damit stieß sie ihrem Pony die Fersen in die Weichen und lenkte es hinüber zu den Bogenschützen.

      „Deine Enkelin wird sehr frech, alte Frau“, brummte der fremde König Aeshna zu. „Du solltest ihr etwas mehr Respekt beibringen, das ist sicherer für sie.“

      „Sie hat fast alles gelernt, was ich ihr auf dieser Reise beibringen wollte“, entgegnete Aeshna.

      Wieder brach einer der Krieger in wahnwitziges Schreien aus.

      „Heb du nur morgen den Stein“, drohte Harvart. Dann trieb er den Hengst an und sprengte davon.

      *

      Das Tal. Aeshna war schon oft im Tal der tanzenden Schatten gewesen. Und doch hatte der Ort für sie nichts von seinem geheimnisvollen Zauber verloren. Dunkle Berghänge, reichbewaldet, umschlossen das Tal, und in langsamen, würdevollen Wellenbewegungen glitten Licht und Schatten durch das dunkle Laub der Bäume. Schattengeister, die alten Mächte Movennas, wohnten im Tal, helle und dunkle Erinnerungen, und König Surbold war einer von ihnen.

      Harvart war sehr schweigsam geworden, seit sie das Tal betreten hatten. Bösen, bleichen Gesichtes bewegte er sich durch die Schatten der Bäume, ein falscher König unter den Schatten Movennas, und biss nervös auf seiner Unterlippe herum. Auch die Krieger waren sehr still geworden, als spürten auch sie die Heiligkeit dieses Ortes.

      Als der Wald sich lichtete, schrie Harvart auf.

      Was immer er aus den alten Legenden über Surbolds Felsen erfahren haben mochte, so groß hatte er sich das Grabmal des Königs nun doch nicht vorgestellt. Wie erstarrt stand er vor der gewaltigen Felsplatte, eine lächerliche rotäugige Fliege, und mit blutunterlaufenen Augen las er die Inschrift:

      „Wunner äwer wunner – wat leit woll dar unner“.

      „Eine reizvolle Aufgabe, in der Tat“, stellte der kleine Mann fest.

      Der Techniker war der einzige, den die Aura des Tales nicht angerührt hatte, und Aeshna konnte es fast körperlich fühlen, wie unter den trockenen Worten der Zauber zerbrach.

      Die Schatten wichen, und plötzlich war die Felsplatte über Surbolds Grab nicht mehr als ein gewöhnlicher Grabstein. Ein besonders großer Stein vielleicht, doch nichts was man nicht mit Hilfe von Rollen, Keilen und Seilwinden von der Stelle bewegen konnte. Die Soldaten Harvarts atmeten auf, und schon machten erste Scherzworte die Runde.

      „Siehst du, du kleine Kröte“, grinste Jorn triumphierend zu Lournu hinüber, „wir brauchen deine Großmutter nicht einmal. Wir sind moderne Eroberer, mit uns marschiert eine neue Zeit in Movenna ein.“

      Lournu sagte nichts darauf.

      Der kleine Techniker hatte inzwischen seine Werkzeuge ausgepackt und gab den Soldaten seine Anweisungen. Harvart stand dabei, fast sah es aus, als habe der König abgedankt und die Macht in die Hände des schmächtigen Mannes gelegt. Und die riesenhaften Krieger, die den Techniker auf der Reise oft genug verlacht und verspottet hatten, nun sprangen und liefen sie nach seinem Befehl mit einer Demut und Bereitwilligkeit, die sie Harvart gegenüber nie gezeigt hatten. Hundert mächtige Eichen fällten Harvarts Männer an diesem Tage. Andere hoben einen tiefen Graben am Fuße der Steinplatte aus, wieder andere trieben Keile unter den Felsen oder verarbeiteten die Eichenstämme zu Hebeln und Rollen, während der Techniker mehrere Seilwinden anbrachte.

      „Ich glaube“, flüsterte Lournu der Großmutter zu, „der kleine Mann ist gefährlicher als König Harvart.“ Aeshna nickte stumm.

      Kurz vor Sonnenuntergang war der Techniker bereit. Tausend schwitzende und schwer atmende Riesen standen still und warteten auf seinen letzten Befehl. Seile, Hebel, Rollen, Keile und die riesenhafte Armee Harvarts, all dies stand bereit, harrte auf das Wort des mächtigsten Mannes in Movenna. Und er sprach es aus: „Jetzt.“

      Da legten sich eintausend Riesen in die Seile, eintausend Männer zogen, schoben, drückten, hoben, eintausend Beinpaare stemmten sich gegen die Erde. Mächtig traten die Muskeln der Krieger hervor, Adern drohten zu platzen, Sehnen zu reißen, und der Stein hatte sich noch immer nicht geregt, doch dann – „Sieh nur, Großmutter, der Felsen!“, rief Lournu erschrocken aus – hob sich die gewaltige Steinplatte, erst langsam, endlich mit einem einzige mächtigen Ruck richtete sie sich auf und schlug dann donnernd um. Eintausend Krieger stürzten zur Erde und blieben keuchend im Gras liegen.

      Der Felsen war bewegt worden, doch keiner der Soldaten hatte noch Kraft genug, zum Grab zurückzukehren.

      Einzig Harvart, ein sehr alter, einsamer Mann, stand vor dem Felsen und las die Inschrift, die an der Unterseite der Grabplatte eingemeißelt war: „Dat was Tied, dat ek kom op anner Siet“, las er fassungslos und starrte in das leere Grab hinein. Das war Zeit, dass ich auf die andere Seite komme.

      Kein Gold, kein Silber, kein Schmuck. Dafür das Heer vollkommen zugrunde gerichtet und die Soldkasse leer.

      Das Gelächter in Movenna, das über ihn hereinbrechen würde, konnte er schon jetzt hören. Lachte es dort nicht bereits aus den Schatten um ihn herum, lachten nicht selbst die Schatten Movennas über den lächerlichen Eindringling?

      Harvart presste die Hände auf die Ohren, aber das Gelächter wollte kein Ende nehmen, da lief er davon, tiefer und tiefer in den Wald hinein, und niemand in Movenna hat ihn je wieder gesehen.

      *

      „Was sollen wir jetzt tun, Großmutter?“, fragte Lournu leise, als sich die Soldaten nach und nach davongemacht hatten und es still und dunkel geworden war im Tal.

      „Aufräumen“, sagte die Alte. „Fass mal mit an.“

      Als Lournu die Hand an die Steinplatte legte, spürte sie ein eigenartiges Kribbeln in den Fingerspitzen, das sich durch ihren ganzen Körper fortsetzte. „Ist das jetzt Magie?“, flüsterte sie ehrfürchtig.

      „Ich

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