Gefahren - Abwehr. Jürgen Ruhr
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gefahren - Abwehr - Jürgen Ruhr страница 21
„Das ist kein Parkplatz“, beharrte der Typ jetzt. „Das ist eine Einfahrt und dort steht ein gelbes Schild mit ‚Einfahrt freihalten‘ drauf. Da können sie nicht einfach parken. Haben sie das denn immer noch nicht verstanden?“
Ich seufzte auf. Der dicke Mann schien keine anderen Sorgen, als diesen dämlichen Parkplat... pardon: als diese dämliche Einfahrt zu haben. „Es geht um Herrn Weser. Sie ha...“
„Ja das sagte ihr Sohn doch schon“, unterbrach er mich und sank um einige Punkte auf meiner Beliebtheitsskala. Nicht, dass er dort schon ziemlich hoch angesiedelt gewesen wäre.
„Können sie den Mann beschreiben, der Weser angegriffen hat? Wann war das denn genau? Wie ging alles vonstatten?“
„Sind sie von der Polizei?“, knurrte er jetzt und legte eine Hand auf den Kotflügel seines Wagens. Oder des Wagens seiner Frau. Wer wusste das schon.
„Nein, ich bin Privatdetektiv. Mein Name ist Jonathan Lärpers und dies hier ist nicht mein Sohn, sondern unser Praktikant Gisbert Orbach von der Detektei ‚Argus‘. Herr Weser hat unseren Chef als seine Vertrauensperson im Krankenhaus angegeben und deswegen kümmern wir uns jetzt um die Sache.“
„Sie sind nicht von der Polizei?“
„Nein, das sagte ich doch gerade“, stöhnte ich und hoffte dieses Gespräch bald hinter mir zu haben.
„Ja kümmert sich die Polizei denn nicht um die Sache? Es wird ja immer gefährlicher hier. Jetzt werden wir schon am helllichten Tag hinterrücks überfallen. Man ist ja nirgendwo mehr sicher!“
Ich griff zu einem kleinen Block und machte mir ein paar Notizen. „Tagsüber also. Wissen sie noch, wann und um welche Uhrzeit?“ Auf seine Fragen ging ich lieber gar nicht erst ein.
Der Dicke überlegte angestrengt. „Warten sie, gleich hab ich’s.“
Ich wartete und sah den Mann dabei an. Man konnte richtig erkennen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete und als er seine Finger zum Rechnen zu Hilfe nahm, stahl sich ein Lächeln auf das unrasierte Gesicht. Schließlich kratzte er sich unter dem linken Arm und meinte: „Das war heute Morgen. Muss so um neun Uhr herum gewesen sein, da meine Frau weggefahren ist. Ich habe sie hier noch verabschiedet und als sie fort war, wollte ich wieder ins Haus gehen. Warum soll ich auch auf der Straße herumstehen? Ich kann auch vom Haus sehen, ob hier jemand parkt. Dann aber habe ich etwas bei diesem Weser gehört, auf dem Weg da hinten, und bin hingegangen.“
Prima, jetzt kamen wir der Sache näher. Mich interessierte zwar nicht, wer weggefahren war und von wem er sich verabschiedet hatte, aber die Uhrzeit brachte mich einen kleinen Schritt weiter. ‚Neun Uhr‘ notierte ich und sah den Dicken an, der sich jetzt abwechselnd unter beiden Achseln kratzte. Zum Abschied würde ich ihm jedenfalls keine Hand reichen.
„Und dann haben sie einen Mann gesehen?“, mischte sich Gisbert jetzt ein und ich hätte vor Wut platzen können. Das hier war meine Befragung und die lief bis jetzt ganz gut.
„Ich kam über die Straße und musste noch um die Ecke herumgehen. Sehen sie, da wo die Hecke so merkwürdig gewachsen ist ... Jedenfalls habe ich natürlich erst einmal vor dem Überqueren der Straße nach links und rechts geschaut. Das ist ja mittlerweile ein Verkehr hier, das können sie kaum glauben. Und keiner hält sich an das Tempoligitt, jede...“
„Tempolimit. Limitierung der Geschwindigkeit“, stellte ich richtig und nutzte die Unterbrechung, um das Gespräch wieder in die richtige Richtung zu lenken. Gisbert mit seiner dummen Fragerei verleitete den Mann nur, unnötige Geschichten zum Besten zu geben. Und jetzt meldete sich der vorlaute Praktikant auch noch ungefragt: „Limit kommt von dem französischen ‚limite‘ und lateinischen ‚limes‘ und bezeichnet eine obere oder untere Grenze, wobei ‚limes‘ eher für ‚Grenzweg‘, ‚Grenze‘ oder ‚Grenzwall‘ steht. Der Limes stellte damals die Außengrenze des Römischen Reiches dar.“
Der dicke Nachbar blickte Gisbert irritiert an: „Ihr Sohn weiß aber eine ganze Menge“, stellte er dann tonlos fest.
„Das ist nicht mein Sohn. Und was war nun mit dem Mann?“
Jetzt schaute der Dicke wieder auf mich: „Was für ein Mann, wovon reden sie? Und wenn sie hier parken, dann rufe ich die Polizei. Sehen sie denn das Schild dort nicht? ‚Einfahrt freihalten‘!“
Ich stöhnte erneut gequält auf. War dieser Kerl jetzt schlimmer als Weser? Lag es vielleicht an der Luft in diesem Stadtteil, dass sich die Menschen so verhielten? „Der Mann, der Weser überfallen hat“, erklärte ich verzweifelt.
„Ach so, das müssen sie auch sofort sagen. Aber sie lassen mich ja nicht ausreden ... Also, ich komme da um die Ecke, also um die Hecke, ähm die Ecke mit der Hecke, und sehe, wie so ein Kerl auf den alten Weser einprügelt. Weser rief verzweifelt um Hilfe, aber nicht sehr laut. Das war aber genau das, was ich vorher hörte, bevor ich vorsichtig die Straße überquert habe, nachdem ich nach links und rechts geschaut hatte.“
„Und wie sah der Mann aus?“ Ich hielt meinen Stift bereit, um mir Notizen zu machen.
„Wie ein Mann halt aussieht. Männlich. Viel konnte ich aber nicht erkennen, da er sofort als er mich sah, von Weser abließ und den Weg entlang flüchtete.“
„Wie groß war der Mann, was würden sie schätzen?“, mischte sich Gisbert erneut ein und ich überlegte den Störenfried zum Auto zu schicken.
„Ich denke, vielleicht so groß wie dein Vater. Nein, eher etwas kleiner. So viel vielleicht.“
Der Dicke hielt Daumen und Zeigefinger übereinander und maß damit vielleicht fünf Zentimeter ab. Ich notierte, dass der Angreifer ungefähr ein Meter fünfundsiebzig groß gewesen sein musste.
„Er hatte lange Haare“, fuhr der Dicke fort. „Nicht ganz schulterlang. Und er trug eine Mütze. So ein Ding, wie sie Leute auf einem Boot tragen.“
„Eine Kapitänsmütze?“, hakte ich nach. Das wäre ein Detail, das uns weiterbringen könnte. Wer lief hier schon mit solch einer Mütze herum?
„Nein, eher so eine ... so eine ...“ Der Mann verfiel in eine Art Trance oder Wachkoma oder er überlegte einfach nur. „Pudelmütze“, gab er schließlich von sich. „Nur ohne Pudel.“
„Einen Beanie?“, meldete sich Gisbert zu Wort. Ich wunderte mich, dass er so lange den Mund gehalten hatte.
„Bikini?“, fragte der Dicke auch prompt und schüttelte den Kopf. „Der war ganz normal angezogen. Warum sollte ein Mann im Bikini herumlaufen? Obwohl“, er zog sein Unterhemd hoch, deutete dann auf seinen Bierbauch und die Männerbrüste, die mit Sicherheit vom Bierkonsum herrührten, und lachte: „Ich könnte bald auch im Bikini herumlaufen.“ Immer noch lachend zog er das Hemd wieder herunter und kratzte sich ausgiebig unter der linken Achsel. „Nein, der trug eine Jeans und ein T-Shirt. Da bin ich mir sicher.“
„Und welche Farben hatten die Sachen?“ Jetzt war es wieder an mir, die Fragen zu stellen.
„Keine Ahnung. Blau und Schwarz, glaube ich. Aber ich habe ihn ja auch nur von hinten gesehen. Na ja - vielleicht auch ganz kurz von vorne. Ja, jetzt bin ich mir sicher: Er trug einen Vollbart. Einen roten Vollbart. Ja, da bin ich mir ganz sicher.“
Ich