Außerirdische schenkten ihm ein zweites Leben. Helmut Adler
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Dann kam er zu Markus gelaufen, der vor dem Sportlerheim stand und setzte sich. Markus bemerkte, dass er ganz unruhig war.
Da plötzlich hörte er ein summendes Geräusch, anfangs kaum hörbar, wurde aber immer lauter und störender. Kurz darauf ging der Ton tiefer in den Kopf hinein. Etwas abgemildert wurde er zu einem
vibrierenden Summen in der rechten Vorderseite seines Hirns. Das Summen wandelte sich in eine mechanisch klingende Stimme – eine telepathische Stimme. Das Summen hörte auf, als die Stimme begann:
„Wir werden dich in der Nacht vom 28. des Monats zum 1. März in der Sternwarte abholen!“
Markus blickte aufgeregt suchend in den Himmel. Er dachte nach und sagte:
„Das Ufo muss ganz in der Nähe sein, vielleicht über den Wolken?“
Wahrscheinlich hatte Dux seine Worte verstanden. Er schaute ihn treuherzig an, wedelte mit dem Schwanz und bellte.
„Unsere gemeinsame Zeit ist bald abgelaufen. – Komm, wir gehen nach Hause!“
Dux lief ein ganzes Stück voraus: Vorbei an den Forellenzuchtteichen und später, nach einem halben Kilometer Weg, an der Kleingartenanlage und den ersten Häusern des Dorfes, der „Königsallee“. Sie überquerten den auch als Kinderspielplatz genutzten Schulhof der Grundschule, den reißenden Lutterbach auf einer schmalen, eisernen Fußgängerbrücke und verkrochen sich in ihren vier Wänden, wo die Dusche auf den „Dreckfink“ wartete.
Wenige Tage vor dem angekündigten Termin der Entführung trafen sich Markus und seine Nichte Ramona in der Sternwarte.
Die weiße Pracht war längst dahingeschmolzen; die Sonne strahlte am azurblauen Februarhimmel. Markus nutzte die letzte Gelegenheit, um sämtliche Räume der Sternwarte, einschließlich Kuppel und Rolldach, richtig durchzulüften.
Und Dux inspizierte wie ein Suchhund jeden Winkel und jedes vermeintliche Versteck. Anschließend durchstöberte er das Freigelände. Als er alles gesehen und erschnüffelt hatte, suchte er seinen Schlafplatz auf. Inzwischen hatte Markus zwei gepolsterte Stühle herbeigeschafft und sie in die Sonne, vor den Kuppelbau gestellt.
Markus und Ramona nahmen Platz. Die warmen Sonnen-strahlen taten beiden Bleichgesichtern gut, ebenso die wohl-riechende Vorfrühlingsluft, die sie tief einatmeten.
Markus offenbarte seiner Nichte und Patenkind:
„In der Nacht vom 28. dieses Monats zum 1. März werden mich die Alien hier abholen.“
Sie sah ihn fassungslos an und konnte immer noch nicht glauben, dass das, was er ihnen im Dezember angekündigt hatte, tatsächlich eintreffen würde.
„Als wir damals zu Hause angekommen waren, haben wir uns zusammengesetzt und über das, was du uns gesagt hast, lange diskutiert. Schließlich waren wir davon überzeugt, dass das alles nicht stimmen kann und du uns nur einen Bären aufbinden wolltest …“
Markus erwiderte sichtlich verärgert:
„Es ist die pure Wahrheit! – Deshalb müssen wir heute einige Dinge unter vier Augen besprechen. Deine Mutter kann man bei ihrem schwachen Nervenkostüm nicht damit belasten. Es wird für sie schlimm genug.“
„Wie hast du erfahren, wann sie dich abholen werden?“
„Darüber möchte ich nicht sprechen.“
Stillschweigen.
Dann fuhr Markus fort:
„Ich übertrage dir und Matthias die Aufgabe, euch um Folgendes zu kümmern:
Meinen Schäferhund Dux werde ich in der Sternwarte einschließen. Ihr nehmt den Hund mit nach Westhausen und meldet ihn bei der Gemeinde an.
Alles bleibt in der Wohnung!
Meine persönlichen Dokumente sowie Sparbücher und das Bargeld nimmst du an dich. Wo sie zu finden sind, weißt du.
Die Kosten für den laufenden Unterhalt der Wohnung sind zuerst vom Giro-Konto und dann von den Sparbüchern zu finanzieren. Ich hoffe, dass es reicht, bis ich wiederkomme. Wenn nicht, müsst ihr selbst sehen, wie es weiter geht.
Alles bleibt so, wie im Dezember besprochen!
Erst wenn ihr euch davon überzeugt habt, dass ich nicht mehr da bin, geht ihr wie abgesprochen vor – möglichst unauffällig. Dann den Behörden mitteilen, dass ich abhanden gekommen bin!“
Über den letzten Satz musste Ramona laut lachen. Ihr Lachen hatte Dux auf den Plan gerufen. Er kam zu ihnen gelaufen und spitzte die Ohren.
„Soll ich mir alles aufschreiben?“
„Auf keinen Fall – das musst du dir einprägen! Schriftliches könnte in falsche Hände geraten; denn ich weiß nicht, was passiert.“
Sie standen auf, um die Beine zu vertreten. Während sie über das Sternwartengelände schlenderten, wiederholte Markus Punkt für Punkt und ergänzte:
„Ich nehme nur den Personalausweis, den Führerschein und ein paar gute Zigarren mit.“
„Wie sollen wir uns verhalten, wenn die Presse Wind bekommt?“
„Ich sage es noch einmal. – Ihr stellt euch dumm! Sollten Presse-Leute oder andere hartnäckig bohren, dann nur belang-loses Zeug aus meinem Leben erzählen.“
„Hast du dich schon damit abgefunden, bald nicht mehr hier zu sein?“, wollte Ramona gern wissen. Sie war in Sorge, ihr Patenonkel könnte das ihm Bevorstehende körperlich und seelisch nicht verkraften.
„Ich habe seit meiner ersten Begegnung mit den Außer-irdischen nach und nach innerlich Abschied genommen: Vom Dorf, der Landschaft, den Menschen, die mir nahe stehen und den anderen, mit denen ich einen Teil meines bisherigen Lebens zurücklegen durfte. Und nicht zuletzt von der Sternwarte. Sie war und bleibt mein zweites Zuhause. Da ich felsenfest davon überzeugt bin, eines Tages wieder hier zu sein, kann ich meinem Schicksal getrost entgegen sehen und den Schmerz des Abschieds überwinden, ohne daran zu zerbrechen.
Ihr braucht euch meinetwegen keine Sorgen machen!“
Markus übergab ihr die Ersatzschlüssel der Wohnung, die der Sternwarte und zeigte ihr, wo er die Sternwartenschlüssel verstecken wird. Nachdem sie gemeinsam die Kuppel geschlossen, das Rolldach zugeschoben und verriegelt hatten, gingen sie von Zimmer zu Zimmer, um Fenster und Türen zu schließen. Markus erklärte seiner Nichte alles, was sie wissen sollte. Er bat sie, regelmäßig nach dem Rechten zu sehen und besonders darauf zu achten, dass die beiden teuren Fernrohre keinen Schaden nehmen.
Sie stiegen den steilen, schmalen Trampelpfad zur Landstraße hinab, wo ihre Autos parkten. Schließlich sagten sie sich gegenseitig „Lebewohl“ und fielen einander in die Arme. Als Ramona laut hupend davonfuhr, wartete Dux bereits ungeduldig auf Markus. Er ließ ihn auf dem Vordersitz Platz nehmen. Mit Dux hatte der Sonntagsfahrer Markus einen aufmerksamen Beifahrer bekommen.
Als Markus am frühen Morgen des 28. Februar das Kalenderblatt des Vortages abriss und in den Papierkorb beförderte, überkam ihn ein eigenartiges Gefühl. Und die