Regen am Nil. Rainer Kilian

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Regen am Nil - Rainer Kilian

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Warum?“ Er konnte es nicht verstehen und zeigte mir den Ring am Finger seiner Hand. „Die Tochter des Bürgermeisters ...“, fügte er hinzu. Jetzt war mir klar, woher die Genehmigung für seine Bar war. Ich beschloss, mich ihm anzuvertrauen. Ich erzählte ihm, was mich so beschäftigte und wohl auch eine ständige Partnerin verhinderte.

      Ich wartete auf eine ungläubige Reaktion von seiner Seite. Statt dessen fragte er interessiert nach: „Warum bist du dann auf Ios und nicht in Ägypten? Ich würde dorthin fahren und nachforschen.“

      „Ich habe mich bisher nie getraut, darauf zuzugehen. Ich habe eher angenommen, dass es irgendwann von selbst aufhört.“

      „Und statt dessen hat es sich immer mehr in dein Leben eingeschlichen und kontrolliert dich!“, stellte er nüchtern fest.

      Ich wehrte entrüstet ab. „Ich weiß sehr wohl, was ich tue!“

      „Ich meine nicht, dass du verrückt bist. Aber du musst ständig an SIE denken, oder?“ Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.

      „Aber ich verstehe nicht, was ich damit zu tun habe.“

      „Du musst nach Ägypten!“, folgerte er.

      „Nein, nein. Ich habe Bedenken, dass ich gar nicht mehr zur Ruhe komme. Ich bin extra hierher gekommen, um auszuspannen. Ich denke, ich habe einfach zu viel gearbeitet die letzten Jahre.“

      „Das ist deine Entscheidung. Aber hast du denn einmal versucht nachzuforschen, wie weit deine Träume auf Tatsachen beruhen?“ Er ließ einfach nicht locker. Irrtümlich nahm ich an, es würde ihn kaum interessieren.

      „Ich habe am Anfang einzelne Visionen gehabt, die nur Bruchstücke eines Großen, Ganzen schienen. Aber mittlerweile hat es sich zu einer Geschichte zusammengefügt. Aber wie das so ist mit der ägyptischen Historie. Die Personen sind bekannt. Auch die Familienbande und so. Aber über ihre Gefühle, ihr Denken weiß man fast nichts. Das hat wohl auch die Forscher nie richtig interessiert. Das Gold der Pharaonen zählt mehr als ihr Seelenleben!“

      Noda hörte mir aufmerksam zu. Er wartete einen Moment und dachte über meine Worte nach.

      „Du solltest es als eine besondere Gabe empfinden, daran teilhaben zu können, was andere Menschen so lange vor unserer Zeit empfunden haben. Schreib es auf und bring es als Buch auf den Markt!“

      „Ich denke nicht, dass daran jemand Interesse haben könnte. Im Übrigen würde ich gerne auf diese Fähigkeit verzichten! Sie hat mein Seelenleben gewaltig durcheinandergebracht. Ich weiß einfach nicht, was ich damit zu tun habe. Ich habe andere Aufgaben zu lösen.“ Noda war auf einmal sehr ernst geworden. Dieses schelmische Grinsen in seinen Augen war ganz verschwunden. Er neigte sich zu mir.

      „Bist du dir ganz sicher, dass es nicht deine Aufgabe ist, diesen Traum zu lösen?“, fragte er eindringlich.

      „Ich weiß nicht, was du meinst“, blieb ich störrisch.

      „Ich meine, dass wir manchmal eine Aufgabe vom Leben bekommen, die wir zuerst nicht erkennen oder nicht erkennen wollen.“ Ich fühlte mich ertappt. „Und wenn wir eine solche Aufgabe erkennen, sollten wir sie annehmen und uns nicht dagegen wehren“, fuhr er fort.

      „Du redest wie ein Priester!“, ärgerte ich ihn. Doch er lies sich nicht aus dem Konzept bringen.

      „Wie du vielleicht nicht weißt, ist mein Vater Priester im Kloster unseres Inselheiligen in Psathi!“ Jetzt war ich doch überrascht.

      „Nein, wusste ich nicht“, gab ich zu. „Wer ist denn das?“, versuchte ich ihn erneut abzulenken.

      „O Leondaros tis Io! Der Löwe von Ios!“, klärte er mich auf. Er war sehr ernst geworden. Ich merkte, dass er keinen weiteren Scherz vertragen würde. So unterbrach ich ihn lieber nicht in seiner Erzählung.

      „Keiner weiß, woher er kam, manche sagen, er sei auf der Insel geboren. Andere Legenden sagen, er wäre aus einem fremden Land hierher gekommen. Auf jeden Fall konnte er Wunder tun. Er heilte viele kranke Menschen. Und bevor er starb, gab er seine Geheimnisse an einen Nachfolger weiter. Und diese Tradition lebt bis heute.“

      „Also ist dein Vater der direkte Nachfolger dieses “Löwen von Ios“ geworden?“

      „Echis dikio! Du hast recht! Nur er kennt die Heilkräfte und das Geheimnis des Löwen. Aber vielleicht kann er dir helfen!“ Somit waren wir wieder am Ausgangspunkt angelangt.

      Mehr widerwillig lenkte ich ein. „Wenn ich dazu kommen sollte, werde ich einmal mit ihm reden.“ Jetzt erschienen wieder die listigen Lachfältchen in Nodas Augen. Er schien beruhigt zu sein.

      „Echis megali tichi. Du hast großes Glück! Bevor du nach Hause fährst, kannst du mit uns den Jahrestag des Löwen feiern. Viele ehemalige Bewohner von Ios kehren auf die Insel zurück. Auch von meiner Familie kommen einige. Wir fahren alle zusammen mit dir dort hin!“ Jetzt hatte er mich gefangen. Da war ich sozusagen in die Höhle des Löwen geraten! Noda war nicht mehr davon abzubringen.

      „Ejine! Abgemacht!“, bekräftigte er seinen einsamen Entschluss und erhob sich von seinem Stuhl. „Wenn du noch einen Platz an der Sonne willst, musst du dich aber beeilen ...“ Er zeigte in Richtung Strand. Tatsächlich hatte sich von mir unbemerkt eine Menge der Nachtschwärmer am Ufer eingefunden, um die dröhnenden Schädel zu lüften.

      „Okay, bis später.“ verabschiedete ich mich und platzierte mich im Sand. Der Ouzo und die griechische Sonne waren eine höllische Kombination. Aber schließlich war es mir egal, dass meine Lider schwer wurden, ich hatte ja Urlaub. Nodas Worte gingen mir durch den Kopf. Meine Aufgabe annehmen ... Doch welche? Vorerst war ich nur Beobachter. Unfreiwillig. Erneut verschwamm die Wirklichkeit. Ich driftete ab zu meinen Träumen. Ich sah den Tempel. Der Geruch von brennendem Holz drang in meine Nase ...

       Die Kornspeicher des Nef-Sobek

      Senenmut war in einen erschöpften Schlaf gefallen. Irgendwann war er aufgewacht und stellte fest, dass sie nicht mehr da war. Er war so glücklich wie nie zuvor, doch zugleich wurde ihm schmerzlich bewusst, dass sie gehen musste, weil ihre Pflichten es verlangten. Er spürte immer noch ihren Körper in seinen Armen. Ihr Duft war an seinen Händen und seinen Kleidern. Er vollendete mit fliegenden Fingern sein Werk an der Ahnenstätte. Sein Herz war voller Liebe zu ihr. Alle seine Gedanken waren bei ihr, die letzte Nacht lief in seinem Geiste immer wieder ab. Er spürte ihre Küsse, ihre Zärtlichkeiten. Ihre süßen Worte, die sie ihm ins Ohr flüsterte. Er schwebte mehr als er ging, als er die Stätte verließ und seinen Weg zurück zum Nilufer nahm.

      Er setzte mit einer Barke über und begab sich zum Tempel des Amun. Der Duft von verbranntem Holz drang in seine Nase, eine schwarze Rauchsäule stieg nicht weit entfernt vom Palast des Pharaos in den Himmel. Alle um ihn herum schienen in nervöser Aufregung. Viele Bewohner der Stadt tuschelten lebhaft miteinander, ohne dass Senenmut Genaueres erfahren konnte. Er suchte nach Hapuseneb, um eine Erklärung zu bekommen. Er fand ihn in einer Gruppe diskutierender Priester, die sofort verstummten, als sie ihn sahen. Senenmut beschlich ein ungutes Gefühl.

      „Senenmut! Da bist du ja endlich! Du sollst sofort zum Hof des Pharaos!“, rief ihm Hapuseneb zu. Senenmut spürte das Blut in seinen Adern gefrieren. Er konnte kaum sprechen.

      „Was ist denn?“, konnte er lediglich fragen.

      „Man

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