Liebe ist tödlich. Tessa Koch

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Liebe ist tödlich - Tessa Koch

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du jetzt machen?“ Stella knabbert an ihrem Daumennagel.

      Lela zuckt mit den Schultern. „Ihn ignorieren?“

      Die Antwort scheint Stella nicht zufrieden zu stellen. „Wird schwer, oder?“

      „Wie meinst du das?“ Lela haut ihr auf die Hand, damit sie aufhört, an dem Nagel zu kauen.

      „Naja“, sagt Stella, nachdem sie ihre Hände unter den Oberschenkeln versteckt hat, „er will unbedingt Kontakt zu dir. Wie willst du ihn dann auf Dauer ignorieren? Er scheint es echt zu bereuen, findest du nicht?“

      „Schlägst du dich jetzt etwa auf seine Seite?“

      „So wie du dich auch?“

      Für einen Augenblick sehen sie sich herausfordernd an. Dann seufzt Lela schließlich auf. Immerhin hat Stella Recht. Sie hat etwas weitaus Schlimmeres getan. Statt ihm nur eine Chance geben zu wollen, so wie Elli, hat sie ihm ein Alibi gegeben. Sie hat dafür gesorgt, dass er nicht ins Gefängnis muss. Sie hat für ihn gelogen. Sie seufzt erneut. „Findest du, dass ich ihm verzeihen sollte?“

      Stella überlegt lange, ehe sie antwortet. „Ich finde, dass du ihn fragen solltest, was er sich dabei gedacht hat. Wieso er das gemacht hat. Ich meine, vielleicht glaubt er ja wirklich, dass der Typ da dich angefasst hat. Und falls er es doch besser weiß, dann sollte er eine gute Ausrede parat haben. Eine verdammt gute. Wenn nicht, dann schieß ihn ab.“ Sie sagt es kurz und schmerzlos.

      Dennoch behagt Lela der Gedanke nicht. Ist es etwa doch Liebe? Das, was sie für Leon empfindet? Geht es soweit? Trotz dem, was geschehen ist? Obwohl er einen unschuldigen Mann zusammen geschlagen hat? Sie kann es nicht sagen. Und vermutlich möchte sie die Antwort selbst gar nicht erst wissen. Sie nickt langsam. Sir Wingston hoppelt währenddessen munter auf dem Bett herum und beginnt an ihrem Kopfkissenbezug zu nagen. Stella scheucht ihn weiter, doch Lela beachtet die beiden gar nicht. Sie ist mit ihren Gedanken noch immer ganz woanders. Bei Leon. Letztendlich muss sie wieder seufzen. „Du hast Recht.“

      Und obwohl sie weiß, irgendwo, dass Stella es tatsächlich hat, behagt ihr der Gedanke nicht, Leon wieder unter die Augen zu treten. Irgendetwas in ihr scheint sich verändert zu haben. Irgendetwas in ihr scheint mit einem Mal Alarm zu schlagen, bei dem bloßen Gedanken an ihn. Ein kleiner, dennoch lauter Teil.

      Er ahnt bereits Böses.

      Kapitel 11

      Leon sitzt bereits an einem der Tische im Eiscafé, als Lela eintrifft. Irgendwie scheint es falsch, ihn zur Begrüßung nicht zu küssen, ihn nicht einmal zu umarmen, doch sie zwingt sich dazu Distanz zu ihm zu wahren. Denn noch hat sie sich nicht entschieden. Sie weiß noch nicht, was sie tun möchte. Ob sie ihn nach diesem Treffen jemals wiedersehen möchte.

      Er steht auf, als er sie sieht und rückt ihr den Stuhl ab. Sie bedankt sich und hängt ihre Tasche über die Stuhllehne. Dann stützt sie ihre Ellbogen auf dem Tisch auf und sieht zu, wie Leon sich ebenfalls wieder hinsetzt. Er lächelt sie an. „Wie geht es dir?“

      „Ganz gut“, erwidert Lela.

      Sein Blick schweift zu ihren Händen. Sie hat die Verbände bereits abgemacht. Auch die Fäden sind schon gezogen worden. Dennoch sieht man noch immer, wo ihre Hände zerschnitten worden sind. „Verheilt es gut?“, fragt Leon weiter, ohne seinen Blick von ihren Händen zu nehmen.

      Lela ballt sie unbewusst zu Fäusten. „Ja, es ist schon fast wieder wie früher.“

      Sie verfallen beide ins Schweigen. Zum einen, weil weder Lela noch Leon direkt zu Beginn auf die Erlebnisse im Parkhaus eingehen wollen, und zum anderen, weil eine junge Kellnerin an ihren Tisch tritt. Als Lela sieht, dass sie Leon einen interessierten Blick zuwirft, spürt sie einen eifersüchtigen Stich in der Magengegend. „Was darf ich Ihnen bringen?“ Sie lächelt sie beide an.

      Leon deutet auf Lela. Sie soll zuerst wählen. „Ähm“, macht sie und wirft einen Blick auf die Karte, die vollkommen sinnlos außerhalb ihrer Reichweite liegt. „Ich hätte gerne einen Milchkaffee.“ Sie erwidert das Lächeln der Kellnerin, obwohl ihr überhaupt nicht nach Lächeln zumute ist.

      „Gerne. Und für Sie?“ Sie wendet sich an Leon. Lela glaubt zu sehen, dass ihr Lächeln noch eine klitzekleine Spur breiter wird. Wieder ist da dieser eifersüchtige Stich.

      „Dasselbe, bitte.“

      „Natürlich.“ Mit einem letzten Lächeln entfernt sich die Kellnerin von ihrem Tisch.

      Wieder entsteht eine kurze Stille, bis ihnen ihre Getränke gebracht werden. Lela rührt bedächtig etwas Zucker in ihre Tasse unter und packt dann langsam den Keks aus, der auf dem Untersetzer ihrer Tasse liegt. Sie stippt ihn in den Schaum und schiebt ihn sich dann in den Mund. Leon beobachtet sie dabei. „Ich bin wirklich froh, dass du gekommen bist“, sagt er schließlich leise.

      Lela zuckt mit den Schultern. „Ich kann dir nicht ewig aus dem Weg gehen, oder?“

      „Wer weiß.“ Leons Augen blitzen kurz. „Ich bin nur froh, dass du es nicht mehr zu wollen scheinst. Zumindest nicht mehr so sehr.“

      Wieder schweigen sie beide. Dann seufzt Lela. „Es – es war doch verständlich, oder? Meine Reaktion auf das, was geschehen ist?“ Sie sieht ihn beinahe ängstlich an, so als habe sie etwas falsch gemacht.

      Leon lacht leise. „Ich denke, dass es mehr als verständlich war.“

      „Gut.“ Sie nickt langsam.

      Erneutes Schweigen. Es erscheint ihr falsch, früher haben sie sich fast nie angeschwiegen. Und wenn, dann war es niemals unangenehm, so wie jetzt. Sie hat das Gefühl, etwas sagen zu müssen. „Und wie – wie ist es dir in den letzten Tagen so ergangen?“ Noch während sie die Worte ausspricht, bereut sie sie bereits.

      Leons Mundwinkel zucken kurz, doch sonst lässt es sich die Taktlosigkeit ihrer Frage nicht anmerken. „Es ging so. Eigentlich nicht so gut.“ Er lacht kurz. „Wenn ich ehrlich bin, dann ging es mir ziemlich beschissen.“

      Verunsichert kaut Lela auf ihrer Unterlippe herum. „Ich – ich verstehe.“

      „Ja.“ Schweigen. Langsam nervt sie dieses Schweigen. „Aber ich habe beschlossen, mich umzuschulen“, fährt Leon fort und isst seinen Keks nun ebenfalls. „Ich möchte Arzt werden. Irgendwie.“

      „Arzt?“ Sie ist froh, dass sie nun ein Thema gefunden haben, das sie zum einen von dem eigentlichen Punkt ablenkt und zum anderen genug Stoff gibt, um mit ihm mehrere Minuten überbrücken zu können.

      „Ja, irgendwie fand ich Medizin schon immer sehr interessant und was gibt es Schöneres, als Leben zu retten? Ich bin meinen Job einfach leid. Und mein Abi war alles andere als schlecht – ich könnte es durchaus schaffen, wenn ich mir Mühe gebe. Und sonst schraube ich eben ein bisschen zurück und begnüge mich mit Rettungssanitäter oder so.“

      „Wow, interessanter Plan. Wie kommt`s auf einmal?“ Sie rührt sinnlos in ihrem Milchkaffee.

      Er sieht sie an. „Ich will nicht mehr so leben, Lela. Gott, ich weiß, dass du für mich gelogen hast! Ich hätte in den Knast wandern können, wenn du nicht gewesen wärst! Und dass du nur für mich so ein Risiko auf dich genommen hast, macht mich krank!

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