Wohlstand, Demokratie und weiter?. Robert Kiauka

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Wohlstand, Demokratie und weiter? - Robert Kiauka

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die Bankenabgabe und je höher die Eigenkapitalanforderungen sind, desto geringer ist der Spielraum der Banken für pure Spekulation, was dann ja gewollt ist. Aber desto geringer ist auch der Spielraum bei der Vergabe notwendiger Kredite an die Wirtschaft. Ähnlich bei der Immobilienfinanzierung. Maximale Wirtschaftsförderung und gleichzeitig Begrenzung des Risikos der Spekulation sind also nicht möglich. Das Problem mit den Banken ist nun, dass die gerne bereit sind, Kredite zu geben, wenn die Wirtschaft gerade gut läuft und gerade dann zögern, wenn die Kredite umso notwendiger wären. Bildlich: Sie bieten einen Regenschirm immer dann, wenn die Sonne scheint. Aufgabe der Politik wäre nun, Regularien einzuführen, um den dadurch ausgelösten Schweinezyklus zu durchbrechen. Dazu und zur Eindämmung sonstiger Risiken einige Vorschläge:

      1 Eine Begrenzung von Boni nicht nur für die Zukunft, sondern auch eine Haftung mit schon gezahlten Boni bzw. Einkommen für die Auswirkungen von Geschäften, die jemand zu verantworten hat. Das wäre zunächst einmal Banken-intern eine sinnvolle Sache. Schauen wir uns dazu die Deutsche Bank an. Deren Aktienkurse gingen nach der Hochphase der Finanzkrise auf einen jahrelangen Sinkflug und verloren über 80 % ihres Wertes. Die Ursachen liegen aber in früheren, häufig rechtlich zweifelhaften Geschäften, deren Folgen sich erst später zeigen. Demnach haben einige der früher tätigen Manager und Führungskräfte, insbesondere Josef Ackermann als langjähriger Chef, wohl doch keine so gute Arbeit geleistet und damit auch ihre Millionen-Einkommen nicht wirklich verdient. Wenn die Banken eine sinnvolle Regelung für sich nicht hinbekommen, sollte zumindest aber der Staat, wenn er aus gesamtwirtschaftlichen Gründen eingreift, sich das Recht eines Zugriffs auch auf frühere Einkommen nehmen. Um seriös arbeitenden Managern Sicherheit zu gewähren, könnte zu gegebener Zeit eine Behörde wie die BaFin eine Entlastung erteilen. Folgen: Cassano und Co. hätten ihre exorbitanten Einkommen wieder zurückzahlen müssen. Auch wäre Georg Funke, Ex-Chef der HRE, nicht vor Gericht gegangen, um seine noch ausstehenden Millionen-Gehälter einzufordern, nachdem man ihn nach der Verstaatlichung der HRE entlassen hatte, sondern hätte rückwirkend seine früher erhaltenen, offensichtlich weitgehend leistungslosen Riesen-Bezüge wieder abgeben müssen. Das wäre zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein der Gesamtverluste gewesen, aber kommende Banker wüssten, dass sich nur nachhaltiges Wirtschaften lohnt.

      2 Eine Prüfung und Zulassung bzw. Besteuerung von neuen Finanzprodukten nach dem Vorsorgeprinzip. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Dienstleitungen nicht nur ökologische Nebenwirkungen haben können. Bei der Zulassung von z. B. neuen Chemikalien oder Medikamenten gilt in der EU das Vorsorgeprinzip: Bevor diese auf den Markt gebracht werden dürfen, muss der Hersteller die gewünschte Wirkung und die Unschädlichkeit nachweisen. Wenn man das auch bei Finanzprodukten anwendet, begegnet man dem Problem, dass Banken aufgrund wesentlich mehr Personals neue Produkte viel schneller entwickeln können, als die Behörden diese prüfen können. Bei der Verbriefung der faulen Hypotheken und den Kreditausfallversicherungen hätten damit Auswüchse verhindert werden können.

      3 Einführung von staatlichen Kontrolleuren, die zumindest in den wichtigen Banken dauerhaft die Rechtmäßigkeit der Vorgänge prüfen, ähnlich dem Einsatz von staatlichen Kontrolleuren an Bord von Fischfangschiffen. Gedacht als Ersatz für bislang banken-interne Kontrolleure, die natürlich von ihrem Arbeitgeber abhängig sind und die, wenn sie ihre Arbeit gut im Sinne der Gesellschaft machen, ggf. mit Schikanen oder Kündigung rechnen müssen, wie Frontal 21 im April 2016 anhand von Beispielen berichtet40.

      4 Einführung eines Vollgeldsystems, wie es von verschiedenen Finanzfachleuten vorgeschlagen wird. Würde im Monopoly-Modell bedeuten: Rückkehr zu den ursprünglichen Regeln und in der Wirklichkeit damit zu dem, was vielleicht von den meisten Bürgern zumindest bis vor einiger Zeit als wahr angenommen wurde: Geld wird grundsätzlich von der Zentralbank ausgegeben. Das Geld auf Ihrem Konto wird dann von der Bank nur verwaltet, ähnlich wie einem Aktiendepot. Damit wären die Konten bei einer Insolvenz der Bank nicht betroffen, die Gefahr eines Bankenruns wäre nicht mehr gegeben und wenn die Zentralbank in schlechten Zeiten ohnehin anstelle anderer Banken bei der Kreditvergabe einspringen muss, kann sie das auch in guten Zeiten und damit am Gewinn teilhaben.

      Es gibt eine Reihe von Vorschlägen zu Veränderungen des Geldsystems aus der Wissenschaft und regional werden auch verschiedene Modelle in privater Eigenregie erprobt41. Unser aktuelles Geldsystem ist also weder alternativlos noch ohne jeden Zweifel das bestmögliche. Das sollte von der Politik auch außerhalb der Schweiz, wo eine Volksabstimmung dazu ansteht42, endlich aufgegriffen und diskutiert werden.

       Finanzkrise und Demokratie

      Verschiedene Autoren sahen im Zusammenhang mit der Finanzkrise eine Gefahr für die Demokratie, wohl unter dem Eindruck der Notwendigkeit, extrem schnell sehr weitreichende Maßnahmen wie den SoFFin zu beschließen, um Schlimmeres zu verhindern. Ob es damals wirklich notwendig war, dass das Parlament seine Kontrollmöglichkeiten weitgehend abgab, kann man natürlich bezweifeln. Die wesentliche Frage aber ist: Wie groß ist die Gefahr, dass sich eine ähnliche Fehlentwicklung in der Zukunft wiederholt, dass die Demokratie wieder aufgrund von Sachzwängen in das zweite Glied treten muss und dass es vielleicht noch schlimmer kommt und die Krise kaum noch eingedämmt werden kann? Dass sich im Folgenden kein weiterer so massiver Crash wie der Zusammenbruch von Lehmann ereignete, gab vielen Menschen sicher das Gefühl, das Schlimmste sei vorbei und die Politik habe das Problem wohl im Griff. Und mit vielleicht noch ein wenig Grummeln im Bauch ging man wieder zur Tagesordnung über. So spielte das Thema Banken bei der Bundestagswahl 2013 in Deutschland eine vergleichsweise geringe Rolle, über andere Themen, die tatsächlich viel weniger Bedeutung für die Bevölkerung haben, wie etwa die Pkw-Maut, wurde viel mehr diskutiert. Hier stellt sich die Frage, ob dies möglicherweise ein generelles Problem in unserer Demokratie ist. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass beim Thema Banken und Finanzbranche mehr Aufmerksamkeit angebracht gewesen wäre und auch in Zukunft sinnvoll wäre. So war ein wesentlicher Grund für die vermeintliche Stabilität der Banken nach Lehmann schlicht und einfach der Umstand, dass diese erst einmal vorsichtiger geworden sind. Nur weil eine Ratingagentur ein Wertpapier mit AAA beurteilt hat, wird eine Bank das vorerst kaum noch kaufen, sondern selber prüfen wollen. Das ist auch sinnvoll, denn die Beurteilung einer möglichen Investition wie eine Kreditvergabe gehört zu den ureigensten Aufgaben einer Bank43. Diese neue Vorsichtigkeit der Banken wird aber von alleine kaum von Dauer sein, ohne geeignete Regulierung geht irgendwann alles wieder von vorne los, nach der Krise ist vor der Krise. Die von der Politik getroffenen Maßnahmen erscheinen dabei halbherzig, wenn nicht teilweise alibimäßig, was nicht verwundern muss vor dem Hintergrund, dass die Regierung sich mit u. a. Goldman-Sachs und der Deutschen Bank gerade von den Instituten beraten ließ, die die Blase nicht unerheblich vorangetrieben haben. Jedem, der hingegen an ernst zu nehmender Stelle etwa die Einführung eines Vollgeldsystems vorschlägt, dürfte der volle Widerstand der Banken sicher sein. Das Problem dabei ist, dass die Banker ihr Geschäft natürlich besser kennen als jeder andere und es damit entsprechend verteidigen können. Aber genau das macht eine breite Diskussion notwendig, von Fachleuten so aufbereitet, dass letztlich demokratisch entschieden werden kann. Die Gefahr von neuen Fehlentwicklungen in der Finanzbranche ist also nicht gebannt. Nicht in Europa und auch nicht in den USA, wo man zwar zunächst unter Präsident Obama die Regulierungen konsequenter als in Europa verschärfte, wo aber 2017 mit dem neugewählten Präsidenten Trump alles auf wesentliche Lockerungen dieser Regulierungen hindeutet44. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass sehr bald nach der Krise in den Führungsetagen der Banken wieder kräftig verdient wurde und wird, teilweise sogar besser als zu den (aus Bankensicht) besten Zeiten der US-Immobilienblase. Hier stellt sich die Frage, ob, um mit dem Bild zu sprechen, die Geldkuriere nur gut verhandelt haben oder ob sie schon wieder Umwege fahren. Aber die Gefahr neuer Blasen ist längst nicht alles, tatsächlich ist die alte Krise noch gar nicht überwunden. Das liegt zum einen daran, dass noch genügend faule Kredite im System sind. Deshalb kam es in den Folgejahren zwar noch nicht zu großen Crashs, aber die eine oder andere Rettungsaktion wurde doch immer mal notwendig, wie am Beispiel der oben erwähnten Dexia-Bank gesehen. Mittlerweile, auch wegen des sogenannten Brexit, werden die Sorgen um ein neues Aufflammen der Bankenkrise wieder größer. Der italienische Notenbankchef

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