Wohlstand, Demokratie und weiter?. Robert Kiauka

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Wohlstand, Demokratie und weiter? - Robert Kiauka

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auf denen Italiens Banken sitzen, ist die Rede45. Zum anderen hatte sich das Problem zu einem Teil verlagert, womit auch die Banken etwas aus dem Fokus gerieten. Damit kommen wir im nächsten Kapitel zur Eurokrise.

      Die Eurokrise

      Moskau, ein sonniger Tag Ende Mai 2011: Nach getaner Arbeit könnte man wunderbar in einem der großen Parks spazieren gehen, einen Bummel über den Arbat machen oder sonst wie die Seele baumeln lassen. Stattdessen versammelte sich ein vergleichsweise großer Teil der deutschen Gemeinde in einem geräumigen Saal, um Ausführungen von Ex-Außenminister Joschka Fischer zur Eurokrise zu lauschen. Fischer zeigte sich als überzeugter Europäer und vertrat offensiv die mittlerweile angelaufene, aber noch junge Euro-Rettungspolitik. Eigentlich nichts Besonderes, wie schon eingangs erwähnt, waren ja bis auf die Linke alle Bundestagsparteien einhellig dafür, aber Fischer hatte seine aktive Zeit ja schon hinter sich und war damit abgeklärter. Es ging für ihn nicht mehr um Posten, Karriere und persönlichen Erfolg, was die Sache wieder interessanter machte. Und live dabei sein ist ja auch irgendwie exklusiv. Also vertröstet man die Seele und erweitert seinen Horizont. Bei den Fragen, die an Fischer aus dem Auditorium gerichtet wurden, ging es hauptsächlich um kurz- und mittelfristige wirtschaftliche Folgen der Krise, hauptsächlich Griechenlands, und der Rettungsmaßnahmen. Fischer beschwichtigte nicht rundherum, sondern machte klar, dass noch ein schwieriger Weg zu gehen sei und die eine oder andere Verwerfung auftreten würde, am Ende aber ein geeintes und gestärktes Europa hervorgehen werde. Eine Frage fiel etwas aus der Reihe, sie war längerfristig ausgerichtet, worauf Fischer antwortete, in seinem Alter fahre man auf Sicht, da könne er nur spekulieren. Meine Frage hätte sich auf mögliche moralische Auswirkungen bezogen: Hatte man keine Sorge, dass z. B. die Lust am Steuern Zahlen schrumpfen könnte? Ich kam aber nicht dran. Das Ganze war vielen Diskussionen in Talk-Shows usw. ähnlich, die häufig im Fernsehen zu sehen waren. Da wurde dann diskutiert, ob der Euro nun gut oder schlecht für Deutschland sei und natürlich, was denn zu tun sei, um aus der Krise herauszukommen. Sowohl in den Diskussionen als auch in der Literatur zeigte sich, dass die Fachwelt sich bei Weitem nicht so einig war wie die Politik. So warnten Hans-Werner Sinn vor der Target-Falle46 und Thilo Sarrazin in Europa braucht den Euro nicht47 vor einer Transfer-Union. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger setzte sich in Deutschland braucht den Euro sehr kritisch mit einigen von Sinns Vorschlägen auseinander48 und der Währungsspezialist Wilhelm Hankel zeigte Wege auf, Die Eurobombe zu entschärfen49, um nur wenige Beispiele zu nennen. Nachdem eine ganze Weile Ruhe eingekehrt zu sein schien, kochte die Krise 2015 mit Griechenland wieder hoch, schien sich aber weitgehend darauf zu beschränken. Grund genug, sich etwas eingehender mit den wesentlichen Mechanismen zu beschäftigen und Folgerungen zu ziehen:

       Eine kurze Geschichte der Eurokrise

      Vorgeschichte Schon lange vor Einführung des Euro waren die europäischen Währungen nicht völlig unabhängig voneinander, sondern im Rahmen europäischen Währungssystems miteinander verbunden. Als dabei ab etwa Anfang der 80er Jahre die D-Mark die Rolle einer inoffiziellen Leitwährung einnahm, fingen auch die traditionell zu höherer Inflation und höheren Zinsen neigenden Südländer an, etwas stabiler zu werden. Der Euro war wohl gedacht als ein wesentlicher Schritt im Einigungsprozess Europas hin zu einer Art Vereinigte Staaten von Europa mit insbesondere einheitlicher Steuer- und Wirtschaftspolitik, geredet wurde darüber aber nicht viel in der Öffentlichkeit. Über die Stabilität der geplanten gemeinsamen Währung gab es dabei unterschiedliche Vorstellungen: Während die Südschiene inklusive Frankreich wohl im Auge hatte, den Druck durch die D-Mark loszuwerden und wieder etwas freier haushalten zu können, ging Deutschland von einem Euro vergleichbar stabil der D-Mark aus. Und schien sich durchzusetzen: Die Maastricht-Kriterien sahen eine Staatsverschuldung von maximal 60 % des BIP und eine maximale Neuverschuldung von 3 % vor. Eine gegenseitige Übernahme von Staatsschulden war nicht nur nicht vorgesehen, sondern ausdrücklich ausgeschlossen (No bail out). Nicht vorgesehen war in den Verträgen außerdem ein späterer Wiederaustritt eines Staates aus der Eurozone. Warnungen von Fachleuten vor den Gefahren dieses Konstruktes gab es schon in den 90er Jahren und so versicherte z. B. die CDU vor der Europawahl `99 mit Hinweis auf die No-bail-out-Regel ausdrücklich, eine gegenseitige Haftungsübernahme sei ausgeschlossen. Dass die Inhalte des Maastricht-Vertrages allerdings bei Bedarf nicht ganz so genau genommen wurden, zeigte sich dann schon bei der Einführung des Euro, denn z. B. Italien hätte da aufgrund der zu hohen Verschuldung gar nicht dabei sein dürfen. Infolge der Einführung glichen sich die Zinsen in den Teilnehmerländern der Eurozone dann weitgehend an und waren damit besonders in den Südländern auf einmal wesentlich geringer als gewohnt, allerdings immer noch etwas höher als in Deutschland. Das führte zu gewaltigen Kapitalabflüssen aus der Bundesrepublik in den Süden, denn die Kreditgeber wollten von den höheren Zinsen profitieren und das Währungsrisiko war nun ja nicht mehr gegeben. Die Wirtschaft florierte darauf hin in diesen Ländern mit unterschiedlichen Folgen: In Spanien etwa investierte man und es wurde ein beispielloser Immobilienboom und damit eine Blase ausgelöst, ähnlich wie sie sich in den USA aufbaute. Das Staatsdefizit Spaniens war sehr gering, Spanien war zum Musterknaben geworden. In Griechenland wurde konsumiert und die Wirtschaft passte sich an: Import war häufig lukrativer als Produktion, so wurden z. B. zahlreiche Olivenhaine brachgelegt. Als Gemeinsamkeit wiesen die Südländer alle Leistungsbilanzdefizite auf. Und mit der durch das von außen kommende Kapital angekurbelten Wirtschaft wuchsen auch die Löhne und Preise, womit die Wettbewerbsfähigkeit verloren ging. Ganz anders die doch bis dahin erfolgsverwöhnte Bundesrepublik: Die Kapitalabflüsse führten zu Wirtschaftseinbrüchen (bzw. geringen Wachstumsraten), Arbeitsplätze und Wohlstand schienen in Gefahr. Dem musste man entgegentreten und tat das auch: Zurückhaltung bei der Lohnentwicklung in der Wirtschaft und die Agenda 2010 von Bundeskanzler Schröder als Maßnahme der Politik waren die Antworten. Deutschland glich damit die schwächelnde Binnenkonjunktur durch einen Exportboom aus und baute spiegelbildlich zu den Südländern enorme Leistungsbilanzüberschüsse auf. Außerdem riss Deutschland, gemeinsam mit Frankreich, die 3 %-Hürde des Maastricht-Vertrages, was später immer wieder gerne als Präzedenzfall angegeben wird. Während die schmerzhaften Folgen der Schröder-Reformen bei den Betroffenen unmittelbar ankamen, lassen sich die wachstumsfördernden Folgen solcher Maßnahmen naturgemäß nicht so direkt zuordnen und treten überdies in aller Regel zeitlich verzögert ein. Ursachen für Schröders Abwahl und Merkels Kanzlerschaft ab 2005 sind also wohl zumindest unter anderem in diesen Reformen zu suchen.

      2007 und 2008 dann die Bankenkrise: Die Immobilienblasen, die sich in Spanien und auch in Irland aufgebaut hatten, platzten, Irland war aufgrund seines aufgeblähten Finanzsektors ganz besonders betroffen. Die Staaten übernahmen hier wie auch anderswo wesentliche Teile der Bankenschulden und die Wirtschaft brach ein und damit stieg die Schuldenquote in beiden Ländern sprunghaft an, aus den Musterknaben waren Sorgenkinder geworden. Klar wurde, dass das weggefallene Währungsrisiko Kredite in den Südländern nicht sicherer machte und die Kapitalflüsse brachen ab. Die Wirtschaft konnte sich aber nicht so schnell wieder umstellen und die Leistungsbilanzdefizite blieben bestehen, jetzt aber finanziert von der EZB über Refinanzierungskredite, was sich in den Nordländern durch positive und wachsende Target-Salden widerspiegelte. Was hat es damit auf sich? Internationale Zahlungen innerhalb der Eurozone werden über die Zentralbanken über das Target2-System abgewickelt. Wenn z. B. aus Deutschland zur Anlage eine Überweisung nach Spanien gemacht wird, zahlt die deutsche Geschäftsbank an die Deutsche Bundesbank und die spanische Zentralbank zahlt an die spanische Geschäftsbank. Bestehen bleibt eine Forderung der spanischen Zentralbank an die Deutsche Bundesbank. Wenn dann mit dem Geld in Spanien aus Deutschland importiert wird, geht das Geld wieder zurück und die Salden der spanischen Zentralbank und der Deutschen Bundesbank sind wieder ausgeglichen. So lief es in den ersten Jahren nach Einführung des Euro. Mit Beginn der Krise blieben die Anlagen aus Deutschland aus, aber importiert wurde weiter, und zwar finanziert durch Kredite der EZB. Jetzt floss das Geld verstärkt nur in eine Richtung und im Jahr 2012 hatte die Deutsche Bundesbank Target-Guthaben von knapp 600 Milliarden Euro. Das Problem dabei: Das Guthaben kann nicht anderweitig verwendet werden, zum Ausgleich muss wieder Geld in die andere Richtung fließen, etwa, weil Deutschland

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