Wohlstand, Demokratie und weiter?. Robert Kiauka

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Wohlstand, Demokratie und weiter? - Robert Kiauka

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anzuschauen und Mechanismen in der Wirtschaft allgemeiner zu betrachten.

      Leistung und Innovation

       Vorüberlegungen

      Vorbild Natur Ein Eichhörnchen, das mehr Nüsse findet, sie besser versteckt oder später besser wiederfindet, lebt besser als ein anderes ohne diese Vorzüge. Für einen Bären ist es notwendig, erfolgreich Beute zu machen, diese ggf. gegen andere zu verteidigen oder auch selber anderen Tieren die Beute abzunehmen, z. B. einem Wolf. Je besser ihm das gelingt, desto besser lebt er. Man kann das so sehen: Je mehr diese Tiere leisten, desto besser geht es ihnen. Das gilt auch für den Wolf, der lebt aber meistens in Rudeln, wo es insbesondere auch um das erfolgreiche Zusammenspiel bei der Jagd geht. Neben der Einzelleistung, wie etwa bei den Rangkämpfen innerhalb des Rudels, ist die gemeinsame Leistung des Rudels von Bedeutung und von dieser profitieren auch die schwächeren Rudel-Mitglieder. Löwen leben auch in Rudeln, aber hier verschaffen sich die Männchen häufig einen Vorteil, indem sie neugeborene Männchen gleich töten und sich so potenzieller späterer Konkurrenten entledigen. Kannibalismus gibt es auch. Haie etwa zögern nicht, einen Artgenossen zu vertilgen, wenn dieser sich nicht wehren kann, wenn er etwa an einem Angelhaken festhängt. Auch irgendwie eine Leistung. Ganz allgemein gilt das reale Leistungsprinzip: Je besser ein Individuum die Umstände, in denen es sich befindet, nutzt, desto besser geht es ihm. Von Vorteil kann es dabei sein, ein Sozialgefüge aufzubauen und Regeln zu etablieren. Gemeinsam auf die Jagd zu gehen und dann nach einer Rangfolge zu teilen, bringt für alle mehr, als wenn jeder für sich jagt und sich dann die Beute gegenseitig streitig gemacht wird. Konkurrenten in den Kinderschuhen töten, Kannibalismus oder einem anderen seinen Teil der Beute sind dann keine Optionen mehr.

      Menschen und Unternehmen Eine menschliche Gesellschaft ist nun genauso ein Sozialgefüge mit Regeln. In einer zivilisierten Gesellschaft kann man nicht einfach jemand anderem etwas wegnehmen, weil man der Stärkere ist. Tut man es doch, zählt das nicht als Leistung, sondern als Regelverstoß. Man muss also selber jagen oder sammeln oder allgemein und modern etwas produzieren. Allerdings nicht unbedingt genau den Eigenbedarf, denn es gibt ja Tauschhandel und Geld. Demnach kann man ein ideales Leistungsprinzip formulieren:

       Entsprechend dem, was man selber zur Deckung der Bedürfnisse der Gesellschaft beiträgt, kann man auch konsumieren bzw. erhält Geld.

      Jetzt produziert ja nicht jeder selber für sich alleine, sondern es gibt Unternehmen und auch für diese sollte das Leistungsprinzip als Anspruch stehen. Wenn ein Unternehmen dementsprechend seine Einnahmen steigern will, muss es also mehr produzieren und verkaufen. Wenn die Nachfrage schon gesättigt ist, hilft es nicht, einfach die Produktion auszuweiten, sondern das Unternehmen muss sein Produkt verbessern oder rationeller, d. h. billiger, herstellen, unter Einbeziehung von Nebenwirkungen der Produktion. Kurz: Das Unternehmen muss innovativ sein. Gelingt ihm das, steigen die Einnahmen und das Unternehmen kann wachsen. Andere aus der Branche werden auch auf diese oder eine ähnliche Idee kommen oder verdrängt, am Ende wird das bessere oder billigere Produkt angeboten, wovon die Gesellschaft insgesamt profitiert. Außer denjenigen, die wenig oder gar nichts zur Produktion beitragen können. Diesen hilft die Gesellschaft, indem sie ihnen das Notwendige ohne Gegenleistung zukommen lässt, dafür geben alle anderen etwas ab. Damit sind wir bei der sozialen Marktwirtschaft. Der Markt ist in gewisser Weise ein Abbild der Natur. Geht es in der Natur darum, Nischen im Ökosystem zu finden und auszunutzen, so geht es im Markt um das Auffinden und Ausfüllen von Marktlücken. Aus Fressen und Gefressen Werden wird Kaufen und Verkaufen.

      Bei dem Ziel, das ideale Leistungsprinzip zu verwirklichen, stellt sich schnell eine Frage: Welche Leistung ist denn wie viel wert? Es mag sich die Antwort anbieten, dass gerade das eben der Markt regelt. Aber ganz so einfach ist es nicht. Das wird deutlich bei der Frage nach Gerechtigkeit und dem Sinn von Managergehältern, die einige hundert Male so hoch sein können, wie die von einfachen Angestellten des Unternehmens. Kann ein Mensch eine mehrere hundertmal so große Leistung bringen wie andere, durchschnittliche Menschen? Mit Blick auf einen Arzt und Wissenschaftler, der einen Impfstoff entwickelt, durch den Tausende andere gerettet werden, lässt sich diese Frage bestimmt mit Ja beantworten. Mit Blick auf Top-Manager, die ihre Unternehmen gegen die Wand fahren und dabei noch Top-Gehälter beziehen, wird aber auch klar, dass die Belohnung von Leistungen im realen Markt häufig nicht mit dem idealen Leistungsprinzip vereinbar ist. Konkrete Beispiele findet man im Kapitel Banken. Der Wert von Leistungen lässt sich kaum allgemein objektiv genau angeben, sondern ist häufig Ermessens- bzw. Verhandlungssache, wie Tarifverhandlungen zeigen. Die Belohnung von Leistungen hängt letztendlich auch davon ab, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, also vom Zufall. Sinnvoll für eine demokratische Gesellschaft ist es, Regeln aufzustellen, um das ideale Leistungsprinzip unter Berücksichtigung des Gerechtigkeitsempfindens des Volkes möglichst weitgehend zu gewährleisten. Problematisch wird es nun, wenn Menschen und insbesondere Unternehmen irgendwelche Lücken in diesen Regeln oder auch bei ihrer Durchsetzung finden. Dann können die Unternehmen ihren Profit statt zum Nutzen zum Schaden der Gesellschaft steigern. Das ist häufig einfacher als echte Innovation. Dazu ein paar Beispiele:

       Aus der Praxis

      Clean Diesel Ein Paradebeispiel liefert die Manipulation von Abgaswerten durch VW. Während die Fahrzeuge auf der Straße, wie für Dieselmotoren üblich, hohe Mengen an gesundheitsschädlichen Stickoxiden in die Luft bliesen, waren die Werte bei den offiziellen Tests auf dem Rollenprüfstand viel niedriger. Berichtet wurde von bis zu 35-fach erhöhten Werten auf der Straße67. Möglich wurde dies durch die Programmierung der Bordcomputer, die die Testsituation auf der Rolle erkannten und dann die Abgasnachbehandlung einschalteten. Auf der Straße arbeitete diese kaum oder gar nicht. VW beließ es nicht dabei, so die offiziellen Grenzwerte zu erreichen und damit die Zulassungen für seine Dieselautos zu bekommen, sondern bewarb diese auch noch offensiv als jetzt saubere Dieselfahrzeuge. Ungewöhnlich war dann das zwar späte, aber dann doch deutliche Schuldeingeständnis der bewussten Manipulation durch VW. Gerne leugnen Unternehmen ja jede auch noch so offensichtliche Verantwortung, wenn irgendwo Schäden auftreten. Sehr gut zu beobachten war dies z. B. im Falle der Verseuchung des Rio Doce in Brasilien durch giftige Abwässer aufgrund eines Dammbruches einer Eisenerzmine im November 201568. Zunächst suchte der Minenbetreiber Samarco die Gründe für den Dammbruch überall, nur nicht bei sich selber, dann erklärte ein Sprecher des Konzerns BHP, einer der Eigner von Samarco, der Schlamm sei nicht giftig für Menschen und schließlich ließ Vale, der andere Eigner-Konzern, verlauten, die mittlerweile in hohen Konzentrationen gefundenen Schwermetalle stammen von dem Fluss und seien von dem Schlamm nur mitgerissen worden69. Aber kommen wir zurück zum Diesel. Tatsächlich erwiesen sich nicht nur Autos von VW auf der Straße als Dreckschleudern. Frontal 21 hat dazu Ende 2015 mit Wagen verschiedener Hersteller, alles Diesel-PKW der Norm Euro 5, Tests durchgeführt, bei denen die Abgase zunächst auf der Rolle und dann auf der Straße jeweils dem genau gleichen Fahrzyklus NEFZ unterzogen wurden70. Der VW erzeugte auf der Rolle 127 mg Stickoxide pro km und blieb damit unter der Norm von 180 mg/km, auf der Straße waren es nach Abzug von großzügigen Toleranzen immer noch 471 mg/km und damit 3,7-mal so viel wie auf der Rolle und somit weit über der Norm. Auch die anderen, unter den gleichen Bedingungen getesteten Fahrzeuge hielten auf der Rolle alle die Norm ein, auf der Straße verfehlten sie sie deutlich. Beim Mercedes betrug der Faktor dabei 2,7, beim BMW 2,8 und beim Renault 6,6, auf der Straße wurden dabei 1067 mg/km gemessen. Mit diesen Ergebnissen konfrontiert, gaben die anderen Hersteller nicht etwa auch bewusste Manipulation zu, sondern verwiesen auf die auf der Straße anderen Bedingungen, wie andere Luftdruckverhältnisse usw., was nach Meinung von Automobilexperten aber bei Weitem nicht ausreicht, die Unterschiede technisch zu erklären. Es ist, als würde man die zusätzlichen Kilos, die die Waage nach Weihnachten anzeigt, auf die vielleicht seit einer Weile nicht mehr geschnittenen Haare zurückführen. Und nicht genug damit, dass die Manipulation nicht zugegeben wird, Hersteller drohten z. T. sogar mit einstweiligen

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