Zerrissen. Andreas Osinski

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Zerrissen - Andreas Osinski

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Schönheiten auf der Rücksitzbank. Der Fahrer, ein dunkelgelockter Jüngling so um die Zwanzig, balzte wie ein stolzer Gockel und bemühte sich redlich um die Gunst der Damen. Er unterhielt sich angeregt mit einer der beiden, wobei er seinen Kopf fotogerecht ein wenig zur Seite gewendet hatte und mir so den Blick auf sein strahlendes Zahnpastalächeln ermöglichte. Im Rückspiegel seines Wagens konnte ich erkennen, daß er trotz der Dunkelheit eine Sonnenbrille trug. Das verwunderte mich nicht im geringsten, denn mit Sicherheit konnte er die Gläser auch gar nicht mehr abnehmen. Ich hätte meinen Hintern darauf verwettet, daß die Bügel seiner Brille aufgrund des ständigen Tragens mittlerweile hinter den Ohren festgewachsen waren. Sehr gefahrlich, so etwas!Den rechten der beiden solariumgebräunten Arme hatte der Jüngling wie zufällig auf der Kopfstütze des Beifahrersitzes geparkt, der andere ruhte lässig auf dem Rahmen der Fahrertür. Dabei hatte er den Ellenbogen weit nach draußen gesteckt. Und vom unteren Ende seines rechten Armes blitzte goldfarben seine Armbanduhr zu mir herüber. Eine Rolex, schoß es mir förmlich durch den Kopf. Eine Rolexkopie. Mit Sicherheit. Ich hätte meinen Arm darauf verwettet. Den mit der Kaufhaus-Armbanduhr dran. Plötzlich und unerwartet setzte sich der Blechwurm wieder in Bewegung. Hastig zog ich den Knopf, der die Handbremse meines Wagens löste und legte den ersten Gang ein. Gottseidank gab es in unserer Stadt ziemlich breite Straßen, ging es mir durch den Kopf, als ich in den zweiten Gang hochschaltete und den weit herausragenden Ellenbogen vor uns mit meinen Blicken festnagelte. Anderenfalls wären die Krankenhäuser voll von dunkelgelockten Patienten mit aufgeschrammten Ellenbogen. Und das wäre doch schon ein herber Schicksalsschlag für alle Blondinen unserer Stadt!Ich überlegte kurz, setzte dann den Blinker nach links und bog in die Auffahrt der südlichen Umgehungsautobahn. Zwar war dieser Weg in die City mindestens zehn Minuten länger, jedoch waren wir hier vor diesen Golf-Cabrio-Lacoste-Jüngern einigermaßen sicher. Susann blickte unentschlossen zu mir herüber. „Hast Du eigentlich eine feste Beziehung?“ fragte sie schließlich. „Du meinst s o e i n e Beziehung?“ hakte ich nach, wobei ich die Betonung auf das „so eine“ legte.„Ja!“ antwortete Susann. „Komm, Du weißt schon, was ich meine. Bist Du verheiratet oder hast Du eine feste Freundin?“ „Nein!“ antwortete ich kopfschüttelnd. „Ich bin geschieden.“ Ich drehte meinen Kopf in Susanns Richtung und zauberte ein kleines Grinsen auf mein Gesicht. „Privatdetektive sind eigentlich immer geschieden oder leben zumindest von ihren Frauen getrennt.“ fügte ich erläuternd hinzu. „Das gehört sich in Detektivkreisen einfach so!“„Gut!“ antwortete Susann kurz. „Ich mag dich nämlich. Sehr sogar!“ Unweigerlich mußte ich schlucken. Das kam überraschend. Susann hatte mir förmlich den Wind aus den Segeln genommen. Ihre Unbekümmertheit in dieser Facette zwischenmenschlicher Beziehungen verblüffte mich und machte mich -zugegeben- ein wenig verlegen. Es passierte nicht oft, daß mich etwas verlegen machte. Wenn überhaupt nur dann, wenn eine hübsche Frau zu mir sagte „Ich mag Dich.“ Ich nahm meine rechte Hand langsam vom Lenkrad und streichelte flüchtig über ihre Wange. „Ich mag Dich auch.“ sagte ich leise zu ihr. „Dann laß uns doch gleich zu mir fahren.“ schlug Susann mit einem verheißungsvollen Unterton in der Stimme vor. „Keinen Stadtbummel?“ fragte ich sie mit gespielter Enttäuschung. „Keinen Stadtbummel!“ antwortete sie kurz. „Und auch keinen Discobesuch?“ „Keinen Discobesuch!“ antwortete sie. „Na, dann wollen wir mal besser keine Zeit verlieren!“ stellte ich fest und trat das Gaspedal des Wagens voll durch. Der Motor des Sechszylinders jaulte merklich auf und der Mercedes machte einen Satz nach vorn. Die Beschleunigung preßte uns tief in die Sitze. Ich blickte zu Susann. Sie lächelte. Vorsichtig nahm ich den Fuß vom Gaspedal und ließ den Wagen langsam ausrollen. „Ich muß noch Mal schnell im Büro vorbei. Dauert höchstens zehn Minuten. Fest versprochen!“ sagte ich mit fast entschuldigenden Unterton in der Stimme. „Ist in Ordnung!“ antwortete Susann augenzwinkernd. Ich setzte den Blinker nach links und verließ die Umgehungsstraße an der Ausfahrt „City-West“. Der Verkehr hatte sich ein wenig beruht und wir kamen zügig voran. Schnell ließen wir die ersten riesigen Bürotürme hinter uns und bogen nach ein paar weiteren Minuten schließlich in die kleine Seitenstraße, in der sich unser Bürohaus befand. Nachdem wir das Hochhaus mit der Nummer fünf erreicht hatten, stellte ich den Mercedes wie immer auf meinem angestammten Privatparkplatz ab: Mitten auf dem Gehweg und im absoluten Halteverbot! Und von den Strafzetteln, die ich hier in den letzten paar Jahren schon kassiert hatte, hätten Susann und ich durchaus einen Kurzurlaub auf den Malediven finanzieren können. Vollpension, wohlgemerkt! Und Großonkel Jake hätten wir auch noch einladen können! Ich bat Susann, im Wagen auf mich zu warten und schwang mich dann aus dem Sitz.Unser Büro lag in der siebzehnten Etage eines großen Bürohauses mit verspiegelter Glasfront und der obligatorischen zweigeschossigen Garage im Keller. Ein Renditeobjekt, das eine Versicherungsgesellschaft in einem Zustand geistiger Umnachtung oder purem Größenwahn vor ein paar Jahren aus dem Boden gestampft hatte. Es war einer dieser Bürotürme, dessen monatliche Miete sich exponential zur Geschoßhöhe und zur vorhandenen Exklusivität verhielt und der sich im übrigen einen Dreck darum scherte, wie man denn die verdammte Miete aufzubringen gedachte. Aber es war eine gute Adresse. Und eine gute Adresse hatte bekanntlich ihren Preis. Langsam versenkte ich den messingfarbenen Schlüssel in das hakende Schloß der gläsernen Eingangstür, drehte ihn dann mit einem Schwung nach rechts und preßte meine Schulter gegen das kühle Glas. Die Tür schwang mit einem leisen Vibrieren nach innen. Tastend suchte ich im Dunkel nach dem passenden Lichtschalter. Und ich war mir ziemlich sicher, daß es einer der drei quadratischen Schalter in der unteren Reihe sein mußte. Ganz sicher. Nach und nach sprangen die Leuchtstoffröhren der Deckenbeleuchtung an und tauchten die Eingangshalle in ein gleißendes Licht. Und zwar erst, nachdem ich den richtigen Schalter nach ein paar Sekunden in der oberen Reihe ausfindig gemacht hatte. Es gab bekanntlich ja immer zwei Möglichkeiten: Die, die man selbst gewählt hatte und dann noch die richtige! Geblendet kniff ich die Augen zusammen, zog kopfschüttelnd die Eingangstür hinter mir ins Schloß und ging hinüber zu den Aufzugen. So konnte man sich täuschen.Mit einer gezielten Handbewegung betätigte ich den mattbeleuchteten Ruftaster des linken Aufzuges, trat einen Schritt zurück und blickte dann auf die rot erleuchtete Anzeige über der Fahrstuhltür. Sie zeigte eine große „17“. Wie kommt es eigentlich, daß ein Aufzug immer gerade aus der Etage kommt, in die man selbst möchte, ging es mir plötzlich durch den Kopf, während ich von einem Fuß auf den anderen Fuß trat. Nachdenklich versenkte ich die Hände tief in meinen Hosentaschen. Es mußte ein System dahinterstecken. Irgendein System, eine höhere Ordnung. Etwas, was ich bislang noch nicht durchschaut hatte. Aber eines Tages würde ich schon hinter das große Geheimnis kommen, nahm ich mir fest vor, als ein kurzes und gedämpftes „Pling“ die Ankunft des linken Aufzuges ankündigte. Ich würde jedenfalls daran arbeiten, beschloß ich. Mit einem Gefühl von Erleichterung schob ich mich in die spiegelverkleidete Kabine und strich über die Sensortaste mit der Aufschrift „17“. Lautlos und mit einem leichten Ruck setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. Aufwärts! Die Alternative wären knapp vierhundert Treppenstufen gewesen. Vierhundert endlos erscheinende Stufen aus grauem Beton. Eine Stufe höher als die andere. Ein einziges Mal hatte ich diese Betonstufen benutzen müssen. Stromausfall. Die komplette Woche danach hatte ich im Krankenhaus verbracht. Und zwar unter dem Sauerstoffzelt! Die Kabine stoppte nach wenigen Sekunden und entließ mich in die siebzehnte Etage. Unser Büro befand sich auf der linken Seite am Ende des Flures. Fast lautlos bewegte ich mich über den ausgetretenen Teppichboden, bis ich schließlich vor unserem Büroeingang zum Stehen kam. Ich drückte den silber-glänzenden Schlüssel in das ausgeleierte Schloß, drehte ihn dann kurz um und drückte zeitgleich die Klinke der teakholzfurnierten Eingangstür herunter. Tastend langte mit meiner Linken um die Ecke, knipste das Licht an und betrat das Sekretariat. Von Marc und mir auch kurz „Operationszentrale“ genannt. Warum? Weil dies mit Abstand der wichtigste Raum in unserem Büro war, denn hier standen Kaffeemaschine, Kühlschrank und Mikrowelle! Ich blickte mich kurz um und steuerte mein Büro an. Es lag zur Rechten und es sah genau so aus, wie ich es am späten Vormittag verlassen hatte: Unaufgeräumt. Das war auch der Grund, warum ich Susann gebeten hatte, im Auto auf mich zu warten. Eigentlich bin ich ja Gentleman durch und durch, aber nach diesem kleinen faux pas mit dem Handschuhfach hätte Susann beim Anblick dieses Büros einen völlig falschen Eindruck von mir erlangt. Ein Eindruck, der im weiteren Verlauf unserer noch jungen und aufknospenden Beziehung nur schwer zu revidieren gewesen wäre. Da war es schon besser, kein unnötiges Risiko einzugehen! Nachdem ich Frau Hilbert -unserer gemeinsamen Sekretärin und Helferin in allen Lebenslagen-

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