Das Kestel Psychogramm. Jürgen Ruhr

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Kestel Psychogramm - Jürgen Ruhr страница 13

Автор:
Серия:
Издательство:
Das Kestel Psychogramm - Jürgen Ruhr

Скачать книгу

mitbringen durften“, zwinkerte er Stefanie zu und erntete einen Knuff in die Seite.

      „Wehe du verrätst etwas“, warnte ihn Mutter lächelnd. „Verdirb uns nicht die Überraschung.“

      Der Onkel hob die Hand wie zum Schwur und sagte ernst: „Auf keinen Fall. Das würde ich niemals machen.“

      „Was ist es? Bitte sag es, bitte, bitte“, bettelte Stefanie und zog den Onkel am Ärmel. Doch der schüttelte nur den Kopf: „Nachher, Liebes. Nach der Kirche erhältst du zu Hause alle deine Geschenke.“

      „Im Restaurant“, korrigierte Tobias Mutter. „Wir treffen uns doch nach der Kirche zum Essen. Es ist alles vorbereitet. Die haben mir sogar zugesagt, dass sie extra einen Tisch für die Geschenke bereitstellen werden.“

      Der Onkel schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und grinste: „Das hatte ich ja ganz vergessen. Ich habe aber jetzt schon einen mächtigen Hunger. Hoffentlich zieht der Pope die Sache zügig durch!“

      „Hendrick“, rügte Tobias Mutter mit gespieltem Ernst, „hüte deine Zunge! Die Kommunion ist schon eine wichtige Angelegenheit, auch wenn du eher zu den Ungläubigen zählst.“

      „Ja genau“, entgegnete der Onkel lachend, „und du bist die Jungfrau Maria selbst. Obwohl, naja Jungfrau ka...“

      „Hendrick!“

      In diesem Moment setzten sich die Leute vor der Kirche in Bewegung und jeder versuchte als Erster in das Gotteshaus zu kommen, worauf es am Eingang ein ziemliches Gedränge gab. Stefanie wurde derweil von einer Kirchenmitarbeiterin in Empfang genommen, die Kommunionskinder sollten alle gemeinsam zur Messe gehen.

      Von der Messe selbst bekam Tobias nicht viel mit. Sein Magen knurrte und schmerzte vor Hunger, schließlich hatte er seit gestern Abend nichts mehr gegessen. Er tröstete sich damit, dass sie ja bald in das Restaurant gehen würden und er dann etwas zu essen bekam. Seine Eltern hatten nur Augen für ihre Tochter und aus ihrem Blick sprachen Stolz und Freude. Sie alle waren keine großen Kirchgänger, eigentlich gingen sie nie in irgendeine Messe und selbst mit seinen zehn Jahren spürte der Junge, dass all die Menschen in ihrer Beziehung zum Glauben viel Heuchelei zeigten.

      Im Restaurant wurde seine Schwester wie eine Prinzessin empfangen. Der Oberkellner selbst geleitete sie zu ihrem Stuhl, und der Teller auf dem Tisch war rundherum mit bunten Blumen geschmückt. Hinter ihrem Platz, in einer Ecke, stand ein leerer Tisch, auf dem später die Geschenke abgelegt werden sollten. Nachdem alle Gäste ihre Plätze eingenommen hatten, überreichte der Oberkellner dem Kommunionskind ein in buntes Papier eingepackte Geschenk. Stefanie strahlte vor Glück.

      Zwei Kellnerinnen brachten die Getränke und natürlich bedienten sie das Mädchen zuerst. Stefanie stand im Mittelpunkt und genoss es sichtlich. Schließlich erhob sich ihr Vater und klopfte mit einem Messer an sein Glas. Stille trat ein und er räusperte sich.

      „Liebe Steffi, liebe Gäste!“, begann er seine Rede. „Heute ist ein großer Tag für unsere Familie und ich freue mich, ihn mit euch zusammen begehen zu dürfen. Für unseren kleinen Sonnenschein beginnt nun ein neuer, aufregender Lebensabschnitt, unsere Steffi wird langsam erwachsen und zu einer kleinen Dame.“

      Tobias langweilte sich. Er hatte Hunger und diese lange Rede zögerte das Essen nur weiter hinaus. Der Junge dachte an seine Kommunionsfeier. Sein Vater hatte damals auch etwas gesagt, keine Rede gehalten, sondern ihn lediglich ermahnt, dass jetzt für ihn ‚der Ernst des Lebens‘ beginnen würde. Ein Spruch, den er schon von seiner Einschulung her kannte und den er bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit zu hören bekam.

      Tobias hörte seinem Vater kaum mehr zu. Nur als dieser von den ‚hervorragenden schulischen Leistungen‘ seiner Tochter sprach, horchte er kurz auf. Stefanie war höchstens Durchschnitt in der Schule, aber für seinen Vater schien sie so eine Art Wunderkind zu sein. Endlich endete die Rede und alle klatschten begeistert in die Hände. Sein Vater verbeugte sich lächelnd und nahm wieder Platz. Tobias ignorierte das Brennen in seinem Magen, würde er doch jetzt endlich etwas zu essen bekommen.

      Doch da hatte er sich zu früh gefreut. Zunächst erhielt seine Schwester ihre Geschenke und Onkel Hendrick wollte der erste sein und drängte sich vor. Tobias bemerkte voll Schadenfreude den ärgerlichen Gesichtsausdruck seines Vaters. Eigentlich sollten die Eltern die ersten sein, von denen Stefanie ihre Geschenke erhielt. Der Onkel hielt seiner Schwester ein kleines Päckchen hin. „Aufmachen, aufmachen“, skandierte er und stand grinsend neben dem kleinen Mädchen.

      „Wo ist denn unser Geschenk?“, fragte sein Vater. „Das sollte sie aber zuerst bekommen!“

      Der Onkel nickte: „Im Auto. Ich hole es sofort. Jetzt soll unsere kleine Prinzessin aber erst einmal ihr Geschenk auspacken!“

      Hastig riss Stefanie das Papier auseinander und eine kleine, blaue Schachtel kam zum Vorschein. Der Onkel, dem das offensichtlich nicht schnell genug ging, nahm das Päckchen an sich und klappte es auf. Dann hielt er das Geschenk hoch, so dass alle den Inhalt erkennen konnten. Ein kleiner silberner Ring mit einem wunderschönen Stein darauf lag auf rotem Samt in dem kleinen Kästchen. Der Onkel verkündete stolz: „Das ist ein echter Diamantring von einem halben Karat! Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, damit dir, liebe Steffi, der heutige Tag in guter Erinnerung bleibt. Und jetzt gib mir deine Hand, damit ich dir den wertvollen Ring anstecken kann.“

      Tobias empfand einen Stich in seinem Inneren. Er hatte zwar keinerlei Idee, was ein ‚halber Karat‘ war, aber die bewundernden Blicke der anderen sagten ihm, dass dieser Ring sehr wertvoll sein musste. Er empfand Neid und dachte daran, dass das Wertvollste, was ihm der Onkel bisher geschenkt hatte, sein Taschenmesser war. Tobias trug es immer bei sich und jetzt wanderte seine Hand in die Tasche und umfasste das kühle Metall. Dieses Messer hatte ihm schon viel Freude geschenkt! Das hässliche Gefühl des Neides ließ etwas nach und er wurde ruhiger.

      Der Onkel verließ den Raum und kehrte kurze Zeit später mit einem grauen Plastikkasten zurück, an dem vorne eine Gittertüre angebracht war. Tobias konnte nicht erkennen, was sich in dem Kasten befand, so sehr er auch seinen Hals reckte. Er sah nur, dass etwas auf den Boden tropfte und eine feuchte Spur hinterließ. Der Onkel gab seinem Vater den Kasten und jetzt erhob sich auch seine Mutter von ihrem Platz und beide traten gemeinsam zu Stefanie.

      „Liebe Steffi“, hob sein Vater zu sprechen an und Tobias stöhnte innerlich auf. Würde er jetzt wieder eine Rede halten? Das hatte gerade noch gefehlt! „Dein neuer Lebensabschnitt bedeutet auch das Übernehmen von Verantwortung. Verantwortung, die du dir schon lange gewünscht hast und deine Mutter und ich freuen uns, dir diesen Wunsch nun endlich erfüllen zu dürfen.“

      Er öffnete die Tür des Kastens, griff hinein und zog ein kleines, braunes Bündel hervor, das er seiner Tochter in den Arm legte. Stefanie traten vor Freude die Tränen in die Augen. „Ein Hund, ein echter Hund“, lächelte sie glücklich und streichelte über das weiche Fell.

      „Das ist ein Beagle“, erklärte jetzt die Mutter und der Vater fügte hinzu: „Das will jedenfalls mal einer werden. Und du, kleine Prinzessin, darfst dem Hundewelpen einen Namen geben! Der kleine Kerl gehört jetzt dir alleine.“

      Stefanie setzte den Hund auf den Tisch neben ihren Teller und eine Gabel fiel klirrend zu Boden. Sie sprang auf und umarmte ihren Vater stürmisch. „Du bist der beste Papa der Welt!“ Dann nahm sie die Mutter in den Arm. „Und du bist die beste Mama der Welt! Ihr alle beide seid die besten der Welt.“

      Jetzt traten die Eltern seines Vaters hinzu und der Opa hielt ein dünnes, blaues Buch hoch. „Dies, liebe Steffi, ist ein Sparbuch. Von der Post. Es möge den Grundstein für

Скачать книгу