Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Das Erbe der Ax´lán - Hans Nordländer страница 16
In dieser Nacht fiel es ihnen leicht, einige Zeit wach zu bleiben. Für gewöhnlich schlief kaum einer von ihnen durch und Duglars Vollmondscheibe versetzte die Gegend in ein wunderbares Licht, das sie ungewöhnlich weit sehen ließ. Da spielte es keine Rolle, dass Folgar in dieser Nacht gar nicht erst aufging.
Der nächste Tag begann, wie der vergangene geendet hatte. Als die Sonne Nephys das flache Land mit ihren hellen Strahlen übergoss, hatten die Reisenden eine verdächtig ruhige Nacht hinter sich. Während sie in den Wäldern immer wieder die Geräusche der Nachttiere um sich herum hörten, war es dort in der flachen Steppe buchstäblich mucksmäuschenstill gewesen und erst am frühen Morgen stiegen einpaar Vögel aus dem Uferdickicht auf, um mit ihrem Gesang die Sonne zu begrüßen. Nicht einmal das raschelnde Geräusch einer umherkriechenden Schlange hatten die Wachen gehört.
Die meiste Zeit hatte Duglar am Himmel gestanden und eine gute Sicht über das flache Land ermöglicht, es gab einige Bäume am Ufer des Sees, aber in dem Bereich, den sie übersehen konnten, hatten sie niemanden entdecken können. Es schien eine mehr als einsame Gegend zu sein. Und besonders Durhad hatte die Einsamkeit genossen.
Nach dem Frühstück, sie hatten sich noch die kärglichen Überreste der gebratenen Enten geteilt, folgten sie weiterhin der Straße nach Seestadt. Das blieb an diesem Tag auch ihr Weg. Im Laufe der Stunden veränderte sich die Landschaft. Was sie von ihrem letzten Lagerplatz als unregelmäßiges, graues Band am nördlichen Horizont gesehen hatten, waren flache Hügel, die von niedrigem Buschwerk bewachsen waren. Sie bildeten die nördliche Grenze der Steppe. Von nun an wurde die Landschaft wieder lebhafter.
Sie waren nicht allein auf der Straße. Nur wenige Stunden nach ihrem Aufbruch kam ihnen das erste Gespann entgegen. Es war mit Handelsgütern beladen und fuhr in Richtung Süden. Sie grüßten den Kutscher und setzten ihren Weg fort. Später begegneten sie weiteren Reisenden und bald auch Bauern, deren Höfe in den Hügeln standen. Bis sie das erste Dorf erreichten, wurde es Nachmittag. Dort gab es kein Gasthaus und außerdem wäre es noch zu früh gewesen, ihre Reise für diesen Tag schon zu beenden. Sie erstanden bei einem Bauern einpaar Laibe Brot und ritten dann weiter.
In der folgenden Nacht schliefen sie in einer leerstehenden Scheune, die auf einem Hügel stand, inmitten einer ungenutzten Weide. Ringsherum bis auf die Seite, die an die Straße grenzte, wuchsen Sträucher und flache Bäume. Sie kamen dort ziemlich spät an.
Für gewöhnlich beendeten sie ihre Tagesetappen am frühen Abend, wenn es noch hell war. Der Grund dafür, dass sie an diesem Tag noch länger unterwegs waren, war das aufziehende Unwetter, das sich seit dem späten Nachmittag am westlichen Horizont ankündigte. Und es wurde zum Abend hin immer bedrohlicher. Bald mussten sie feststellen, dass ihre Zelte ihnen kaum einen ausreichenden Schutz bieten würden. So ritten sie weiter in der Hoffnung, dass sich ihnen irgendwo eine geeignete Unterkunft bot.
Als sie schließlich die Scheune fanden, wehte ihnen schon ein gehöriger Wind um die Ohren und in den umherfliegenden Staub mischten sich die ersten Regentropfen.
Wem immer das Land gehörte, sie konnten ihn nicht um Erlaubnis fragen, die Scheune benutzen zu dürfen, denn nirgends in der Nähe befand sich ein Bauernhof, zu dem sie gehören konnte. Und es war kaum anzunehmen, dass der Eigentümer bei diesem Wetter noch auftauchen würde.
Erest und Meneas mussten sich anstrengen, die Torflügel offen zu halten, bis die anderen mit den Pferden drinnen waren und mit einem mächtigen Knall flog das Tor zu, als sie es losließen. Sie waren nicht zu früh in der Scheune angekommen, denn kurz darauf brach das Unwetter richtig los. Das Gebälk ächzte und knarrte und der Wind heulte durch die Ritzen.
„Das haben wir gerade noch so geschafft“, stellte Erest fest, und er musste laut sprechen, damit die anderen ihn bei dem Lärm verstehen konnten.
„Ja, aber hoffentlich sitzen wir jetzt nicht in der Falle“, meinte Freno und blickte unruhig zum Dach hinauf.
„Die Scheune wird schon stehenbleiben“, sagte Valea zuversichtlich. „Es wird kaum das erste Unwetter sein, das über sie hinwegzieht.“
„Ich hoffe, es wird auch nicht das Letzte sein.“
Es war schon etwas dämmerig, als sie bei der Scheune ankamen, aber jetzt wurde es ungewöhnlich schnell dunkel. Sie glaubten fast zu spüren, wie die tiefhängenden Wolken über die Scheune hinwegfegten.
Um sie herum befand sich allerlei Zeug. In der einen Ecke lag ein Berg Heu, an der Wand hing und stand eine Menge Werkzeug und geradewegs in der Einfahrt stand ein Fuhrwerk, an dem sie sich vorbeidrängeln mussten, als sie eintraten. Es war eng und sie hatten kaum Platz, sich zu bewegen. Die Pferde blieben unter diesen Umständen erstaunlich ruhig, aber sie drängten sich sicher lieber in der trockenen Enge der Scheune zusammen, als dass sie im Freien dem Unwetter ungeschützt ausgesetzt waren.
Der Sturm tobte die halbe Nacht. Obwohl die Scheune ächzte und stöhnte, hielt sie ihm stand. Immer wieder blitzte es in den Lücken zwischen den Brettern der Wände auf, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Donner. Dieses Mal verzichteten sie auf Wachen, denn es war kaum anzunehmen, dass unter diesen Umständen irgendwer geneigt war, sie zu überfallen. Außerdem hielt das Unwetter sie vom Schlaf ab, denn es war das heftigste, das sie seit langem erlebten. Manch einer döste wohl ein, aber beim nächsten, beängstigenden Knacken der Balken, Aufbrausen des Windes oder heftigen Donnerschlag war er wieder wach. Erst in den frühen Morgenstunden flaute der Sturm ab und es regnete nur noch. Jetzt übermannte sie ein kurzer Schlaf.
Als es hell wurde, öffnete Durhad das Tor. Ein trübes Licht fiel herein und Nebelschwaden trieben langsam über die Weide. Einige wachten nur sehr unwillig auf. Aber immerhin, und auch wenn sie müde waren, sie und ihre Ausrüstung waren wenigstens trocken geblieben.
Bis zur Straße mussten sie durch den aufgeweichten Boden der Weide stapfen und dort, wo das grasende Vieh die Grasnarbe zertreten hatte, reichte ihnen der Matsch bis zu den Knöcheln und höher. Auf der gepflasterten Straße wurde es besser und erst dort konnten sie aufsteigen.
Das Unwetter hatte seine Spuren hinterlassen, und es waren deutliche Spuren. Eine Menge abgerissener Äste erschwerten ihr Vorankommen und hier und da mussten sie einem umgewehten Baum ausweichen. Vielerorts war die Straße von Schlamm bedeckt, den das versickernde Wasser hinterlassen hatte. Die Leute in der Gegend würden alle Hände voll zu tun haben, um die Straße wieder herzurichten.
„Kommen solche Unwetter hier oft vor?“, fragte Meneas und meinte damit Tjerulf.
„Ich habe noch von keinem Derartigen gehört, aber das heißt ja nichts.“
„Auf jeden Fall hatten wir viel Glück.“
„Das kannst du laut sagen.“
Die Schäden seitlich der Straße und die Behinderungen begleiteten sie noch eine ganze Zeit, während der sie keinem anderen Reisenden und keinem Anwohner begegneten. Nach einigen Stunden wurden die Folgen des Unwetters dann zusehends weniger und hörten schließlich ganz auf. Sehr bald kamen sie dann in ein Gebiet mit dichtem Wald und der Waldboden und die Straße waren trocken. Es war unübersehbar, dass das Unwetter nicht über diese Gegend hinweg gezogen war.
Einige Zeit nach der Mittagsrast begegneten ihnen zwei Wanderer. Die beiden ließen die Reiter durch, wechselten einen Gruß und blickten hinter ihnen her, bis sie hinter einer seichten Biegung verschwanden. Die beiden Männer konnten ihre Überraschung nur mit Mühe verbergen.
„Hast du