Die Begegnung. Ralf Wider
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Wieder reagierten die beiden gleichzeitig: "Ganz sicher."
"Wie könnt ihr das wissen?", hakte Wei nach, sein ewiges Chinesenlächeln auf dem Gesicht. Ferry holte tief Luft und machte mit den Armen eine rudernde Bewegung.
"Es ist kompliziert. Wir haben nicht alles verstanden, was Fala uns erzählt hat. Doch es scheint, dass in ihrer Welt Krieg und Not herrscht. Die An-Nun scheinen von einem anderen Volk bedrängt zu werden, sie nennen sie die Pch-Nun, die bösen Menschen."
"Siedeln sie deshalb in P1?", fragte Paris und kniff dabei die Augen zusammen.
"Genau. Es scheint nicht gut zu stehen um ihre Welt. Fala sagt, dass sie weg müssen von dort, weil sie sonst sterben. Entweder durch die Pch-Nun, oder vor Hunger."
Wieder trat betretenes Schweigen ein. Nach einem kurzen Moment fuhr Ferry fort.
"Die An-Nun sind die Hüter der Welten. Nur sie besitzen die Fähigkeit, aus ihrer Welt - wir haben sie unter uns P2 genannt - nach P1 zu reisen. Es scheint aber nicht ein Kopf-Ding wie bei uns zu sein, sondern ein technischer Vorteil gegenüber den Pch-Nun. Die An-Nun besitzen eine Technologie, die es jedermann ermöglicht, nach P1 zu transferieren! Die Pch-Nun wollen diese Technologie an sich bringen. Sie scheinen dabei sehr aggressiv vorzugehen. Um den Attacken des Feindes zu entgehen, haben die An-Nun begonnen, nach P1 auszusiedeln. Es erklärt auch, zumindest bedingt, warum sie uns so hartnäckig angegriffen haben. Sie waren verzweifelt, sie mussten sich einen neuen Siedlungsraum schaffen, respektive erobern." Er pausierte, damit sich das Gesagte setzen konnte.
"Aber die Grauen sind schon seit Jahrzenten in P1!", warf Paris kritisch dazwischen.
"Stimmt. Der Krieg in ihrer Welt scheint schon seit mehreren hundert Jahren anzudauern. Lange schienen die An-Nun dabei die Oberhand zu behalten. Doch irgend etwas muss sich verändert haben, im Laufe der Zeit. Was, wissen wir auch nicht. Auf jeden Fall scheinen ihnen langsam die Ressourcen auszugehen. Das hat sie dazu bewogen, sich nach Alternativen umzusehen. Die früheren Kontakte, die wir mit Grauen in P1 hatten, waren eigentlich reine Aufklärungsflüge ihrerseits. Sie haben die Lage gepeilt, weil sie wissen wollten, was sie dort erwartet. Dazu gehörte wohl auch, dass sie uns angegriffen haben, um herauszufinden, ob wir ein ernstzunehmender Gegner sind. Vielleicht haben sie auch gehofft, dass wir uns aus P1 zurückziehen, wenn sie uns immer wieder angreifen, was aber nicht eingetreten ist. Mit der Zeit ist wohl die Lage in ihrer Heimat immer brenzliger geworden und schliesslich haben sie begonnen, umzusiedeln, unabhängig davon, ob wir nun auch in P1 waren oder nicht." Wieder pausierte Ferry kurz, um dann mit einem schweren Seufzer weiterzufahren.
"Ich denke, dass wir sie bei Mollis enorm geschwächt haben. Wir haben damals einen Grossteil ihrer Armada vernichtet. Damit hatten sie auch in ihrer Heimat kaum noch eine Chance, gegen ihren Feind zu bestehen. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand. Es sind nur noch wenige An-Nun in P2 und sie gehen jedem Gefecht aus dem Weg, weil sie zu schwach sind. Sie sind ständig auf der Flucht."
"Warum kommen sie dann nicht alle nach P1?", bohrte Wei nach. Ferry schüttelte den Kopf.
"Sie sind die Hüter der Welten. Sie müssen das Tor bewachen. So hat Fala es ausgedrückt. Sie könnten alle nach P1 kommen, aber dann würden sie die Technologie - das "Tor" - dem Feind überlassen. Es würde nicht lange dauern, und die Pch-Nun würden in P1 einfallen."
"Und so wie es klingt, müssten wir uns dann mit einem weitaus schlimmeren Gegner auseinandersetzen.", warf Laura mit finsterer Miene dazwischen.
Monica, Wei und Paris machten betroffene Gesichter. Sie hatten in den letzten Jahrzehnten genug Ärger mit den Grauen gehabt. Das Corps hatte über die Jahre grosse Verluste hinnehmen müssen. Eine Spezies, die noch stärker und blutrünstiger war als die Grauen, die sie kannten, wollte sich niemand zum Feind machen.
"Können sie dieses Tor denn nicht schliessen?", fragte Monica und ein Ansatz von Verzweiflung war in ihrer Stimme zu hören. Wei und Paris nickten zustimmend, das hatten sie auch gerade fragen wollen. Laura und Ferry schüttelten die Köpfe.
"Scheinbar nicht.", antwortete Ferry. "Es scheint ähnlich zu funktionieren wie eine Toilette: fliegst du mit der Toilette nach P1, geht die Tür in P0 automatisch wieder auf, sobald du gelandet bist…" Das stimmte, und das war dem Rat auch klar. Man konnte die Toilettentür in P0 nicht beeinflussen, wenn man sich selbst in P1 aufhielt. Das war ein ganz schönes Dilemma.
"Und nun? Wie soll es weitergehen? Was will Annunfala?", fragte Monica langsam.
Ferry räusperte sich und wechselte einen vielsagenden Blick mit seiner Frau. Laura nickte.
"Sie hat um Frieden gebeten. Sie möchten so viele An-Nun wie möglich nach P1 evakuieren und dort ansiedeln. Im Gegenzug hat sie uns versprochen, dass sie uns nicht mehr angreifen. Mittlerweile sind sie so dezimiert, dass sie alle auf Atlantis Platz fänden. Fala sagt, dass ihnen Atlantis genügen würde, und sie alle anderen Siedlungen zu unseren Gunsten aufgeben wollen."
"Und was meint ihr zu diesem Plan?", kam die Frage von Monica. Ferry überlegte einen Moment. Wieder tauschte er einen Blick mit Laura, die wiederum nickte.
"Ich - wir - sind der Meinung, dass ihnen Atlantis zusteht. Allein hätten wir die Insel gar nie gefunden. Wir haben weder Anspruch darauf, noch Bedarf. P1 ist mehr als gross genug für unsere beiden Spezies." Erwartungsvoll schaute er in die Runde.
Nacheinander stimmten die Räte seiner Ausführung zu.
"Das ist in Ordnung für uns. Wenn wir dafür Frieden bekommen, ist Atlantis, das niemand ausser euch beiden kennt, ein geringer Preis.", sagte Monica bedächtig. "Doch was ist mit dem Tor? Wie wollen sie dieses Problem lösen?"
Ferry hielt den Kopf gesenkt, doch er spürte die fragenden Blicke des Rates, die auf ihm ruhten. Laura stupste ihn an. Ferry blickte auf und atmete zweimal tief in sein Qì.
"Annunfala will das Tor zerstören. Sie sagt, es gibt keinen anderen Weg, um ihr Volk zu schützen.", sagte er.
"Das klingt doch gut! Wo ist das Problem dabei?", horchte Paris auf. Wieder atmete Ferry tief durch.
"Das Tor muss in P2 zerstört werden. Es geht nicht von P1 aus."
"Na und? Dann braucht es halt einen Freiwilligen, der sich opfert! Um ein ganzes Volk zu retten, ist das doch wohl nicht zu viel verlangt?", gab Paris zurück.
"Annunfala sagt, dass es das Wissen und die Kraft einer Königin braucht, um das Tor zu zerstören."
"Dann braucht es eine freiwillige Königin!", warf Wei ein.
"Annunfala ist die letzte Königin der Grauen.", gab Ferry zurück. Er hatte den Kopf wieder gesenkt.
"Und sie will es trotzdem tun? Und zurückbleiben?", fragte Monica behutsam. Ferry nickte langsam und hob dann den Kopf.
"Wenn die letzte Königin stirbt, dann können sich die An-Nun nicht mehr fortpflanzen. Sie werden in Atlantis in Ruhe ihr Leben zu Ende leben können, aber sie werden aussterben…" Eine Träne rollte über seine Wange. Der Gedanke schien ihm schwer zu schaffen zu machen. Ausser dem leisen Rauschen des Meeres unter ihnen in der Bucht war nichts zu hören. Die Tragweite dieser Entscheidung lastete schwer auf ihnen allen.
"Jahrzehntelang haben wir um P1 gekämpft. Wir wollten es immer für uns haben. Nun können wir es haben, es ist nur eine Frage der Zeit. Aber wir löschen damit eine gesamte Spezies aus... Ein Genozid, um P1 für uns zu haben! Dieser Preis ist zu hoch für mich!",