Die Geschwister Bourbon-Conti - Ein fatales Familiengeheimnis. Bettina Reiter
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Читать онлайн книгу Die Geschwister Bourbon-Conti - Ein fatales Familiengeheimnis - Bettina Reiter страница 33
„Au diable“, erboste sich Françoise, „was gebt Ihr für dummes Zeug von Euch?“ Zornig warf sie ihren Löffel in den halbvollen Suppenteller. Die ´Olla podridaˋ spritzte nach allen Seiten und hinterließ fettige Flecken auf der weißen Damast–Tischdecke und an Françoises Kleid. „Wie könnt Ihr diese Zurückgezogenheit gutheißen?“, verschoss sie weiteres Pulver, während sich die Gäste an den anderen Tischen angeregt unterhielten. Scheinbar hatte niemand gemerkt, dass an ihrem Tisch ein Streit entbrannte, denn der Lärmpegel war so hoch, dass selbst das Klirren des Löffels niemanden aufgeschreckt hatte. „Seit Ludwigs Amtsantritt verwaist Versailles, da die Aristokratie bevorzugt auf das Land oder in Stadtschlösser zieht. Ich kann dieser neuen Privatsphäre nichts abgewinnen und fühle mich um frühere Annehmlichkeiten beraubt. Davon abgesehen: Die Suppe ist grauenhaft.“ Françoise blickte zornig zu Lotti. „Welches Fleisch hast du ihr beifügen lassen? Verdorbene Abfälle?“
Alexandrine wischte sich mit der weißen Serviette über die Wangen und betupfte dann ihr roséfarbenes Kleid. Erst jetzt bemerkte Henriette die winzigen Spritzer an Brust und Schulter.
„Wir Bourbonen verehren diese Suppe wie ein Heiligtum“, raffte sich Lotti zu einer Entgegnung auf, „beste Zutaten verstehen sich daher von selbst.“
„Was noch lange nicht heißt, dass wir denselben Geschmack teilen. Ich mochte diese Suppe noch nie!“
„Dann hast du bloß Vater zuliebe so getan als ob? Weil sie sein Lieblingsgericht war?“ Lotti zog die Augenbraue in die Höhe. „Du warst schon immer eine Denunziantin.“
„Und dir stets einen Schritt voraus.“ Françoise nahm den Löffel und aß weiter, als wäre nichts geschehen. Die Suppe war gehaltvoll, mit einer Einlage aus dem zarten Fleisch von Rebhühnern, Wachteln, verschiedenen Gemüsesorten und wunderbar gewürzt. Dennoch fehlte Henriette der Appetit. Lotti und die Mutter neben sich zu wissen und schweigen zu müssen, fiel ihr von Minute zu Minute schwerer. Außerdem fand sie diesen Streit immer lächerlicher. Nicht nur die Frisuren der Großmutter und Großtante waren heute aufeinander abgestimmt, beide Schwestern trugen ein karmesinrotes Seidenkleid mit Goldstickerei und hochgeschlossenem Kragen. Bespitzelten sie sich jetzt schon wegen der Kleidung?
„Nun ja, vielleicht habe ich Glück, Françoise, und dir bleibt ein Stück Fleisch im Hals stecken“, trumpfte Lotti auf und schlürfte demonstrativ. Henriette stieß einen genervten Laut aus. Charlotte tauschte ihren Teller mit dem vollen von Élisabeth. Die Mutter aß wie Diana mit gesenktem Kopf, ebenso Alexandrine. Gab es denn niemanden, der dem Ganzen endlich ein Ende bereitete?
„Das kann ich mir vorstellen. In deiner jetzigen Lage wäre es die einfachste Lösung, nicht wahr, Lotti? Aber den Gefallen tu ich dir nicht.“
„Schade.“
„Ich hasse dich!“ Der Löffel in Françoises Hand bebte plötzlich.
„Warum? Weil ich nicht wie Espenlaub zittere so wie du?“, fauchte Lotti.
Langsam ließ Françoise den Löffel sinken und legte ihn neben dem Teller ab. „Hör endlich damit auf, mir beweisen zu wollen, dass du mir ebenbürtig bist. Das warst du nie und wirst es nie sein. Auch in Vaters Gunst stand ich immer höher. Das beweist schon meine Mitgift“, redete sie sich in Rage.
„Legitimiert hat er dich aber lange Zeit nach mir. Woran das bloß liegen mag?“
„Sicher nicht daran, dass Vater dich lieber gemocht hat.“
„Das sehe ich anders. Er wusste, wer es ehrlich meinte und wer nicht.“
„Da muss ich leider passen, Lotti. Mit menschlichen Abgründen kennst du dich besser aus, da kann selbst ich dir nicht das Wasser reichen.“
Henriettes Sinne waren geschärft, vor allem da die Mutter kreidebleich geworden war und wie in Trance den Löffel ablegte.
„Lass sie endlich in Ruhe“, bat Élisabeth.
Françoise machte eine wegwerfende Handbewegung. „Du hältst am besten dein Schandmaul. Apropos Schandmaul: Wo ist eigentlich dein Mann, Diana? Vergnügt sich Louis lieber im Freudenhaus als hier zu sein?“
„Was erlaubst du dir?“, entfuhr es Lotti.
„Führst du jetzt schon die Gespräche anstelle meiner Tochter?“
„Tochter? Das setzt voraus, dass sie eine Mutter hat. Die hat sie aber leider nie gehabt.“
„Du sprichst mit einer völlig Unbeteiligten“, sagte Diana. Ihr Atem kam stoßweise, als würde sie kaum Luft bekommen. Das schwarze Samtkleid ließ sie noch blasser wirken. „Diese Frau hat uns zwar geboren, aber damit ist ihre Schuldigkeit getan. Außer meinen Bruder, für den sie alles tut, hörte sie uns Töchter weder noch stand sie uns bei, als es nötig war. Für sie sind wir nicht mehr wert als der Dreck unter ihren Schuhen.“
„Was erlaubst du dir, du undankbares Gör?“
„Fühlst du dich betroffen, Mutter?“
„Hör sofort auf in diesem vulgären Ton mit mir zu sprechen!“, befahl Françoise mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Ich passe mich dir nur an.“
„Das hast du schon als Kind getan und Pflichten erfüllt, die …“
Diana schoss vom Stuhl hoch. Die Serviette flatterte von ihrem Schoß auf den Boden. Ihr Glas war umgefallen. Der Wein ergoss sich über die weiße Tischdecke. „Mir ist übel und ich möchte mich zurückziehen.“
Die Gespräche waren verstummt. Viele starrten zu ihrem Tisch.
„Geh nur.“ Lotti nickte Diana zu.
„Du bleibst gefälligst!“ Françoise schlug mit der Faust auf den Tisch.
„Schluss jetzt!“, stieß Henriettes Mutter zwischen zusammengebissenen Zähnen aus. Nie zuvor hatte Henriette sie zorniger erlebt. „Wenn es dir bei uns nicht gefällt, Françoise, dann geh! Es wird dich niemand aufhalten. Solltest du bleiben, verschone uns mit weiteren Gemeinheiten. Ich habe es satt, wie du dich aufspielst und von jedermann erwartest, dass man deine Gehässigkeit wie ein stummer Sünder duldet.“
Diana murmelte eine Entschuldigung und verließ beinahe fluchtartig den Saal.
„Diesmal will ich dir die Beleidigung durchgehen lassen“, sagte die Großtante gefährlich leise. „Ein nächstes Mal wäre jedoch gleichbedeutend mit dem Ende deiner verdorbenen Sippe! Überlege dir also gut, wie du mich behandelst. Quid pro quo.“
Auf einmal erhob sich Jeanne in der hintersten Ecke und hielt ihr Glas in die Höhe. „Lasst uns auf Babette und ihre bezaubernde Familie trinken“, forderte sie und blinzelte Henriette verschwörerisch zu, die sich bei ihrem Anblick sofort besser fühlte. Die Gäste hoben ihre Gläser und bald darauf waren sie wieder in Gespräche versunken. Als hätten sie vergessen, was sich soeben vor ihren Augen abgespielt hatte. Doch der Schein trog. Heute wollten sie auf ihre Kosten speisen und trinken, morgen würden sie sich auf ihre Kosten lustig machen. Sie musste raus hier und zwar sofort!
Henriette zog die Fackel aus der Verankerung und öffnete die schwere Eisentür zum Bergfried. Jeanne war dicht