Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Afrikanische Märchen auf 668 Seiten - T. von Held страница 59
herumkriechst. Fort mit dir, wir haben nichts miteinander
zu schaffen!«
»Dein Stolz, du bunter Schmetterling, steht dir
schlecht an,« erwiderte die Raupe ruhig. »All deine
Farbenpracht gibt dir nicht das Recht, mich zu verachten.
Wir sind und bleiben Verwandte; daher
schmähst du dich selber, wenn du mich schmähst.
Bist du nicht früher auch eine Raupe gewesen? Und
werden nicht deine Kinder Raupen sein wie du und
ich?«
Der Storch und die Kröten.
Bornusche Fabel aus »African Native Litterature.«
London 1854.
Einst legte eine Störchin ihre Eier in einen hohlen
Baum und brütete sie aus. Als die jungen Störche ausgekrochen
waren und nach Nahrung schrieen, hatte
Frau Storch nichts, um ihren Hunger zu stillen. Endlich
entschloß sie sich auf Anraten einer Freundin,
einen Versuch zu machen, die Kröten im nahen
Sumpfe zu überlisten. Leise legte sie sich vor Tagesanbruch
im Sumpfe nieder streckte die Beine von
sich, ließ die Flügel schlaff herabhängen, öffnete den
Schnabel und schloß die Augen, – ganz, als ob sie tot
wäre. Der Tag graute; da hob eine Kröte den Kopf
aus dem Wasser hervor und schaute sich um. Schnell
tauchte sie wieder unter und rief allen anderen Kröten
zu:
»Kommt herbei! Vor unserer Haustür liegt ein toter
Körper.«
Eine Kröte nach der anderen hob nun den Kopf aus
dem Wasser und guckte den Storch an. Dann hielt
man Kriegsrat, und auf Anraten ihrer weisen Männer
stiegen die Kröten ans Land und begannen, den
Storch fortzuschleppen. Dabei sangen sie:
»Schlepp' ihn fort und laß ihn liegen,
Schlepp' ihn fort und laß ihn liegen!«
Der Storch ließ alles ruhig mit sich geschehen. Als
die Kröten ihn eine ziemliche Strecke fortgeschleppt
hatten, ließen sie den Körper liegen und machten sich
auf den Heimweg. Da aber sprang der Storch mit Blitzesschnelle
auf und eilte ihnen nach. Bald hatte er
eine eingeholt und verschluckt, und wenn die anderen
auch davoneilten, so schnell sie nur konnten, holte der
Storch doch eine nach der anderen ein und steckte sie
in seinen Sack, den er unter seinen Flügeln versteckt
bei sich trug. Dann eilte er nach Hause, vergnügt,
Nahrung für seine hungrigen Kinder gefunden zu
haben.
Seit der Zeit wurden die Kröten plötzlich still,
wenn jemand sich dem Sumpfe nähert, darinnen sie
sind; denn sie sind bange, der Storch komme wieder.
Eine Geschichte der Neger von Damaraland.
Es war einmal ein Kind, welches eine Eingui (Art
Frucht) hatte. Es zeigte dieselbe seiner Mutter und
sprach:
»Mutter, warum sagst du mir nicht, daß ich dir
diese Frucht geben soll? Glaubst du, ich würde sie dir
nicht lassen?«
Die Frau sprach:
»Mein Kind, gib mir die Frucht,« worauf ihr das
Kind die Eingui gab und davonlief, indessen die Mutter
sie verzehrte. Als das Kind aber wiederkam,
sprach es:
»Mutter, gib mir meine Frucht.«
Die Frau entgegnete:
»Die Eingui habe ich mir wohl schmecken lassen.«
Da weinte das Kind und sprach:
»Warum hast du die Eingui gegessen, die ich von
unserem Baume gepflückt habe? Es war meine Eingui!
«
Um es zu trösten, gab die Mutter ihm eine Nadel;
mit der lief das Mädchen zu seinem Vater. Der war
gerade bei der Arbeit, aus Gras und Binsen Streifen
zu flechten, wie die Damaramänner sie um ihre Hüften
sich schlingen, und zum Flechten brauchte er spitze
Dornen Das Kind sprach:
»Vater, warum läßt du dir nicht vor mir diese
Nadel geben, statt mit Dornen zu flechten?«
»Mein Kind, gib mir doch die Nadel,« sprach darauf
der Vater. Das Mädchen gab sie ihm und lief
davon. Als der Mann mit der Nadel nähte, brach sie
entzwei. Als nun das Kind zurückkam, um sie wiederzufordern,
sprach er:
»Sie ist zerbrochen!«
Da weinte das Kind und sagte:
»Vater, warum hast du die Nadel zerbrochen, die
meine Mutter mir gab, die meine Eingui gegessen hat,
die ich mir von unserem Baum gepflückt habe?«
Zum Trost für die zerbrochene Nadel gab der Mann