Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
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ging sie zu einem Masewebaum, nahm von ihm zwei
Früchte, legte sie in einen Topf und deckte ihn vorsichtig
zu. Nach sechs Tagen hob sie den Deckel auf
und sah, daß aus den Früchten Kinder geworden
waren, die waren sehr schön. Diese Kinder wuchsen
heran und waren bald so groß und kräftig, daß sie
immer ihrer Mutter folgen wollten, wohin diese auch
ging. Eines Tages ging sie aus, um Wasser zu schöpfen.
Als die Kinder sich herzudrängten, um sie zu begleiten,
verbot sie es ihnen, und am anderen Tage wie
den folgenden wollte sie es ihnen auch nicht erlauben.
Da weinten die Kinder und baten so lange, bis die
Frau schließlich nachgab und sie mit zu dem Wasser
nahm. Als sie nun schöpfte, sprach das eine Kind:
»Mutter, gib mir jenes Ding, das dort im Wasser
ist!«
Die Mutter stieg ins Wasser, fing einen Fisch und
gab ihn dem Kinde.
Das Kind aber nahm ihn nicht, sondern sagte:
»Nicht dieses, jenes will ich haben!«
Die Frau stieg wieder in das Wasser und fing ein
Krokodil. Das Kind aber rief wieder:
»Nein, nein, ich will das Ding dort, das schöne.«
Die Mutter stieg noch einmal hinab und fing eine
große Schlange; aber das Kind wollte sie nicht haben,
sondern sagte weinend:
»Ich will jenes schöne Ding,« und dabei wies es
auf den Wiederschein der Sonne im Wasser. Die Mutter
wurde aber sehr zornig und sprach:
»Ihr seid nie und mit nichts zufrieden; das kommt
davon, daß ihr Masewe seid.«
Da weinten die Kinder und liefen in ihr Haus zurück.
Die Mutter suchte sie zu beruhigen, aber weder
ihr, noch den Leuten, die dazu kamen, gelang es. Die
Kinder weinten immer mehr und sagten:
»Warum haft du uns Masewe genannt? Nun kehren
wir zurück, wo wir hergekommen sind.«
Mit diesen Worten liefen sie davon nach dem
Baume, von dem ihre Mutter die beiden Früchte gepflückt
hatte. Viele Leute folgten ihnen, vermochten
aber nicht, sie einzuholen. Am Baume angekommen,
sprang das eine Kind in die Höhe, ergriff einen Ast
und wurde sofort zur Frucht des Sewebaumes, und
dasselbe geschah auch mit dem anderen Kinde.
Der Greif.
Naosage.
Es war einmal ein Mann, der wohnte in der Wildnis
mit seinen zwei Kindern, einem Knaben und einem
Mädchen. Als seine Kinder kaum etwas herangewachsen
waren, ging der Vater eines Tages an die Küste.
In der Nacht erhob sich ein starkes Geräusch; denn
ein Greif kam geflogen, setzte sich auf das Dach des
Hauses, in dem die Kinder allein waren und machte
sie furchtsam, indem er sprach:
»So, ihr Kinder, nun ist mein Essen bereit! Wohin
ist euer Vater gegangen?«
Sie antworteten:
»An die Küste.«
Der Greif sagte:
»Gut! So will ich mein Essen haben.«
Da fürchteten sich die Kinder und zeigten ihm die
Hühner ihres Vaters. Die verzehrte der Vogel und
machte sich davon.
In der zweiten Nacht schlief der Vater an der
Küste. Der Greif kam wieder auf das Dach geflogen
und sprach zu den Kindern die gleichen Worte wie am
Tage vorher. Da waren die Kinder sehr ängstlich und
zeigten ihm die Ziegen ihres Vaters, die verspeiste er
und flog fort.
In der dritten Nacht war der Mann nicht mehr sehr
weit von seinem Hause entfernt. Der Greif kam wieder
auf das Haus geflogen und sprach, wie er vordem
gesprochen hatte. Die Kinder fürchteten sich und
zeigten ihm die Hunde. Die fraß er auf und flog
davon.
Am folgenden Morgen kehrte der Vater heim. Er
begrüßte seine Kinder, fand sie aber krank und abgemagert.
Deshalb fragte er sie:
»Warum seid ihr so mager geworden, meine Kinder?
«
Da berichteten sie, was sich in seiner Abwesenheit
zugetragen hatte. Der Vater hörte schweigend zu und
überlegte, wie er wohl am besten des Greifes habhaft
werden könne. Er hatte an der Küste starke Pfeile gekauft
und hoffte, mit ihnen den bösen Vogel zu erlegen.
Als die Sonne untergegangen war, begab er sich
mit seinen Kindern ins Haus, schloß die Türe zu und
machte eine Luke in das Grasdach. Es dauerte gar
nicht lange, bis der Vogel kam und sich gerade vor