Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
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zu ihr: »Halte nicht alle Frauen für gleich; da giebt es
auch eine gute und eine böse Art!« (Er begann nun
folgendermaßen zu erzählen.)
Ich nistete auf einem Hause, wo schon Vater und
Großvater genistet hatten. Daselbst wohnte eine Frau,
die war mit ihrem Vetter schon als Kind verheiratet
worden. Da er sie sehr lieb hatte, ließ er ihr Bild auf
seine Schnupftabaksdose malen, damit er sie sähe,
wenn er die Dose beim Schnupfen hervorzöge. Er war
ein Großkaufmann; einst mußte er eine Reise machen,
drum nahm er Waren und begab sich nach einer andern
Stadt, um dort zu handeln. Er gelangte nach
jener Stadt, brachte seine Waren in einem Laden unter
und begann sein Geschäft, so wie er begehrte. In dieser
Stadt waren aber viele Diebstähle vorgekommen,
und es befand sich da eine Masse von Dieben und
Räubern. Eines Tages stand er des Morgens auf, um
in der Moschee zu beten; er meinte, der Tag sei schon
weiter vorgeschritten, und es sei nicht mehr früh; da
nahmen ihn die Nachtwächter fest und führten ihn vor
den Richter. Der fragte ihn: »Was ist mit dir, mein
Sohn?« Er entgegnete: »Ich bin ein Kaufmann und
treibe Handel in meinem Laden.« Der Richter fragte
weiter: »Was hat dich so früh aufstehen heißen?«
Jener erwiderte: »Ich dachte, der Tag sei schon ein
gutes Stück vorgeschritten, und der erste Gebetsruf
sei vorüber.« Der Richter sah ihn an und sprach zu
ihm: »Hast du die Verordnung nicht vernommen?«
Der Kaufmann entgegnete: »Nein!« Da fuhr ihn der
Richter an: »Du lügst, du bist ein Dieb und Diebessohn!
Führt ihn ins Gefängnis!«
Als man ihn ins Gefängnis führte, da entfiel ihm
seine Schnupftabaksdose, er tastete nach ihr umher,
konnte sie aber nicht finden.
Der Richter bekam sie zu Gesicht und brachte sie
zu dem Sultan, um ihm das herrliche Bild zu zeigen.
Der Sultan sah die Dose und begann die Einheit Gottes
zu preisen; er blickte seinen Wesir an und befahl
demselben: »Begieb dich zum Eigentümer dieser
Dose und frage ihn, aus welcher Stadt er ist und wie
er heißt!« Der Wesir begab sich ins Gefängnis und
begann mit jenem auf eine freundliche Art und Weise
zu sprechen und ihm Mut zu machen; er sagte zu ihm:
»Wir werden uns für dich verwenden und deine Freilassung
bewirken.« Dann fragte er ihn: »Aus welcher
Stadt bist du?« Der Kaufmann entgegnete: »Aus der
und der Stadt und ich wohne in dem und dem Viertel.
« Hierauf verließ ihn der Wesir und begab sich
zum Sultan, zu dem er sprach: »Ich habe jenen nach
seiner Heimat befragt, und er hat mir mitgeteilt, aus
welcher Stadt er kommt und in welchem Viertel er
wohnt.« Der Sultan sprach: »Höre, Wesir! Ich wünsche,
daß du ein Schiff mit Waren befrachtest und
nach jener Stadt, wo sich die Frau dieses Kaufmanns
befindet, reisest; handle klug und umsichtig und bringe
mir diese Frau!« Der Wesir entgegnete: »Gott befohlen!
der Befehl der Sultane erheischt Gehorsam!«
Der Sultan rüstete dem Wesir ein Schiff aus, und
dieser segelte ab. Er gelangte nach der Stadt, wo sich
die Frau des Kaufmanns befand, kam in dem Hafen
an, schaffte seine Ware nach der Stadt, mietete einen
Laden, brachte seine Waren in diesem Laden unter
und begann sein Geschäft wie die übrigen Leute.
Schließlich kam eines Tages eine alte Frau zu ihm;
die kam, um bei ihm zu kaufen; sie sah ihm an, daß er
erst seit kurzem da war. Sie sprach zu ihm: »Hast du
feine Zeuge, etwa die Stoffe ›Bostra‹ ›Bedrucktes‹
und ›Spinnewebe des Palastes‹?« Er entgegnete ihr:
»Ja, das habe ich?« Er fragte: »Was willst du damit
thun?« Sie entgegnete: »Ich habe bei mir ein kleines
Waisenmädchen, das will ich ausstatten.« Er sprach:
»Gott befohlen!« Er legte ihr Zeug vor und zeigte es
ihr: er legte ihr für den Preis von 4–5000 Piaster vor.
Da rief sie: »Mein Herr, das ist viel zu viel für mich;
ich bin ein armes Weib und habe nicht soviel Geld!«
Er entgegnete: »Nimm es alles umsonst von mir, und
mit diesem Beutel voll 500 Goldstücke thu' dir eine
Güte! Besuche mich ja immer wieder, bleib nicht zu
lange von mir fern!« Die Alte erwiderte ihm: »Gott
befohlen!« Sie nahm die Sachen, kehrte frohen Mutes
heim und brachte jene Gegenstände nach Hause. Sie
merkte, daß jener etwas von ihr wünschte.
Am folgenden Tage begab sie sich wieder hin und