Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held

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Afrikanische Märchen auf 668 Seiten - T. von Held

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Hierauf wandte sich der Kadi an die drei Brüder

       und fragte sie: »Was ist eure Streitsache?« Die Brüder

       entgegneten: »Herr, als unser Vater ans Sterben

       kam, da sagte er: ›Muhammed soll erben, Muhammed

       soll erben, und Muhammed soll nicht erben!‹ Wir

       wissen aber nicht, wer das ist (der nicht erben soll);

       wir heißen alle drei Muhammed!« Der Kadi erwiderte:

       »Schlaft heute Nacht bei mir als Gäste! Morgen

       will ich euern Streit schlichten!« Hiermit ließ er sie

       ins obere Stockwerk kommen, rief dann seinen Hirten

       her und befahl ihm: »Geh hin und schlachte für die

       Gäste ein Lamm!« Der Hirt schlachtete ein Lamm für

       die Gäste, zog es ab und schaffte es nach dem Hause,

       damit es der Kadi für jene braten lassen könne. Bald

       brachte man den Brüdern das Abendbrot. Sie began-

       nen zu speisen; der Kadi aber horchte draußen vor der

       Thür des Zimmers ihrem Gespräche zu. Einer von den

       Brüdern sah auf und begann: »Dies ist Hundefleisch!

       « Der andere sprach: »Die Frau, welche das

       Abendbrot bereitet hat, ist krank!« Der dritte rief:

       »Der Kadi ist ein unehelicher Sohn!« Die beiden anderen

       Brüder aber riefen: »Nein, Mensch, sage nicht,

       der Kadi sei ein unehelicher Sohn! Woher weißt du

       denn das von ihm?« Der Gefragte erwiderte: »Wer ein

       Essen auftragen läßt und nicht mit seinen Gästen

       speist, der ist stets ein uneheliches Kind!«

       Der Kadi hatte also ihr Gespräch gehört. Dann

       ging er weg. Zunächst rief er den Hirten her und fragte

       ihn: »Warum bringst du mich, wenn Gäste zu mir

       kommen, vor ihnen in Verlegenheit und schlachtest

       einen Hund?«

       Der Hirte entgegnete: »O nein, mein Herr, bei deinem

       Haupte, ich habe nichts anderes als ein Lamm

       geschlachtet! Aber des Lammes Mutter starb, als es

       noch klein war; da hat es eine Hündin weiter gesäugt!

       « Dann begab sich der Kadi ins Haus und fragte:

       »Wer von den Frauen hat das Abendbrot für die

       Gäste zubereitet?« Eine trat vor und entgegnete: »Ich,

       mein Herr!« »Du bist unwohl?« Sie entgegnete: »Ja!«

       Hierauf begab er sich zu seiner Mutter, ergriff sie,

       warf sie zu Boden und zückte den Dolch über ihr, um

       sie zu töten, mit den Worten: »Sage mir die Wahrheit,

       wer mein Vater ist! Sonst töte ich dich!« Sie bekam

       Angst und entgegnete ihm: »Mein Sohn, dein Vater

       war schwach. Da hatten wir einen Fleischer, der

       brachte uns das Fleisch; es wurde nun eben von Gott

       bestimmt: ich gewährte dem Fleischer meine Gunst,

       dann wurde ich guter Hoffnung und brachte dich zur

       Welt!« Da ließ der Kadi seine Mutter los.

       Am nächsten Morgen begab er sich zur Gerichtssitzung.

       Er sprach zu dem von den Brüdern, welcher gesagt

       hatte, das Fleisch sei Hundefleisch: »Woran erkanntest

       du, daß das Fleisch Hundefleisch war?« Der

       Gefragte erwiderte: »Das Hammelfleisch hat keine

       Fasern, aber Hundefleisch hat Fasern.« Hierauf wandte

       sich der Kadi an den zweiten der Brüder und fragte

       denselben: »Woran erkanntest du, daß diejenige, die

       das Abendbrot gekocht hat, krank war?« Der zweite

       Bruder entgegnete: »Weil das Essen ungesalzen war.«

       Dem dritten aber sagte der Kadi nichts, sondern erhob

       sich nun und sprach: »Muhammed soll erben, Muhammed

       soll erben und Muhammed (indem er auf den

       dritten zeigte, der gesagt hatte, der Kadi sei ein unehelicher

       Sohn) soll nicht erben!« Jener fragte:

       »Warum denn nicht?« Da entgegnete der Kadi:

       »Einen unehelichen Sohn findet nur seinesgleichen

       heraus.«

       Fußnoten

       1 Gesammelt und übersetzt von Dr. H. Stumme.

       Die schlechte Frau und die gute Frau

       Sineddur (von der wir vorher gehört haben) wandte

       sich an den Sultan, ihren Schwiegervater und sprach

       zu ihm: »O König, die Leute sagen, die Frauen seien

       alle schlecht, und doch sind die Frauen nicht alle

       überein: da giebt es auch eine gute und eine böse

       Art!« (Hierauf erzählte Sineddur folgende zwei Geschichten.)

       Von unserem Herrn Salomo (so begann

       Sineddur die erste Geschichte) verlangte einst unsere

       Herrin Bilkis, er solle ihr einen Pavillon aus Vogeleiern

       bauen lassen. Salomo beschied die Vögel zu sich;

       dieselben erschienen. Nur die Eule und der Sperling

       wollten nicht kommen. Salomo sandte nach ihnen und

       ließ sie mit Gewalt herbeibringen. Er fragte beide:

       »Warum kommt ihr nicht?« Die Eule blickte Salomo

      

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