Elementa. Daniela Kappel

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Elementa - Daniela Kappel Elementa-Trilogie

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Stunden, seit ihr Bruder ermordet worden war, verändert hatte. Von ihrem stets so liebevollen Wesen war nicht mehr viel zu spüren. Doch vielleicht musste sie sich auf diese Weise verhalten, um das alles durchzustehen, überlegte Vincent. Er machte ihr deshalb jedenfalls keinen Vorwurf, was auf seine Mutter allerdings nicht zuzutreffen schien.

      Als Sophia zu einem „Sei doch vernünftig, Silvia“, ansetzte, unterbrach sie ihre Schwägerin barsch.

      „Das kann doch nicht dein Ernst sein! Er war dein Bruder. Er hat es verdient, eine vernünftige Beerdigung zu erhalten.“ Tränen glänzten in Silvias Augen und ihre Hände zitterten.

      Vincents Magen krampfte sich zusammen.

      „Ja, du hast recht, trotzdem ist es unmöglich. Wie du genau weißt, können wir den Schutz des Bunkers nicht verlassen. Wo also willst du ihn begraben?“, zischte Sophia.

      Silvia erwiderte nichts. Ihre Lippen waren zu einem schmalen, blassen Strich zusammengepresst und ihr Brustkorb hob und senkte sich schwer.

      „Wir werden Raffael bitten, seinen Körper zu versteinern“, hörte Vincent sich sagen. Er wusste nicht, woher er die Ruhe nahm, die in seiner Stimme lag, oder die Kraft, an seine Mutter heranzutreten und sie in eine rasche Umarmung zu ziehen.

      Sophia hatte sich erhoben und nickte ihrem Neffen steif zu. „Ich werde alles veranlassen“, erklärte sie, ohne Silvia noch einmal anzusehen. „Du solltest dich ausruhen. Der Arzt wird in den nächsten Stunden eintreffen, ebenso wie der Rest der Garde. Es wird eine Versammlung geben.“ Damit drehte sie sich um und ließ Vincent mit seiner Mutter allein.

      Ein Seufzen entwich ihrem Mund und ein dünnes Rinnsal Tränen glitt über ihre bleichen Wangen. Vincent konnte sich nicht erinnern, seine Mutter jemals so verletzt gesehen zu haben. Den Tod ihres Sohnes hatte sie offenbar noch gut kompensieren oder vielmehr verdrängen können. Doch nun war ihre ganze Welt endgültig aus den Fugen geraten.

      Vincent fühlte ihren Schmerz, bemühte sich jedoch weiterhin, die Fassung zu bewahren.

      Seine Mutter aber kannte ihn besser als jeder andere Mensch und wusste, wie es in ihm aussah. Mit einer eiligen Handbewegung wischte sie ihre Tränen fort und schenkte ihm ein trauriges Lächeln. „Wann bist du nur so erwachsen geworden?“, fragte sie mit Wehmut in der Stimme.

      Vincent schnaubte frustriert. „Wann war ich jemals ein normales Kind?“, erwiderte er grimmig.

      Der Ausdruck, der daraufhin auf dem Gesicht seiner Mutter erschien, war schlimmer als der Schmerz. Sie nickte langsam.

      „Du hast recht. Du warst immer schon zu Großem bestimmt. Aber fühlst du dich dem Ganzen wirklich gewachsen? Ich meine, es gibt viele andere, die …“

      Vincent brachte seine Mutter mit einer harschen Handbewegung zum Schweigen.

      Sie schluckte, sichtlich irritiert von seiner Reaktion.

      „Ich weiß, wo mein Platz ist. Ich wusste es schon immer. Auch wenn ich es jahrelang nicht wahrhaben wollte. Mit der Erfüllung der Prophezeiung – und glaube mir, ich hätte liebend gerne auf die Ehre verzichtet – habe ich zum ersten Mal in meinem Leben auch die Entscheidungsgewalt.“ Sein Herz pochte laut in seiner Brust, als er an Daria dachte. An Daria und das Ding. Das Baby.

      „Wenn ich es gewusst hätte. Wenn ich nicht davon ausgegangen wäre, dass es unmöglich ist.“ Vincent starrte auf seine Handflächen und schüttelte den Kopf.

      Seine Mutter wartete schweigend.

      „Ich hätte niemals riskiert, dass sich die Prophezeiung erfüllt. Ich hätte Daria und euch alle nie dieser Gefahr ausgesetzt. Wenn ich könnte, würde ich es ungeschehen machen“, schloss er mit zusammengebissenen Zähnen.

      „Sag so etwas nicht“, hauchte Silvia und berührte ihn sanft an der Schulter. „Er ist dein Sohn, auch wenn du noch so jung bist. Er wird dich lieben und du ihn auch.“

      „Sicher nicht. Ohne ihn wären wir all dem hier nicht ausgesetzt.“ Vincents Hände umschrieben einen großen Bogen, schlossen den kargen Raum, seine Verzweiflung und all seine Ängste mit ein. „Es gibt nur einen Grund, warum ich hier bin und kämpfen werde, und der ist nicht die Prophezeiung oder dieses Baby, sondern Daria.“

      *

      Erik hatte den Verhörraum bald nachdem Iris angefangen hatte, über die Auserwählten zu berichten, verlassen, was Major Forbes nur recht gewesen war.

      hätte ihre Anwesenheit ohnehin nicht viel länger ertragen. Ihr schmales Gesicht, die vertrauten Züge, ihre Stimme. Er kannte sie. Kannte jeden Zentimeter ihrer Haut, all ihre Sehnsüchte und Träume. Ihre Macken und Vorlieben. Aber das war schon lange her.

      Erik war sich nicht im Klaren, ob die Frau, die da in diesem Verhörraum saß – die Frau, die ihre Tochter ohne Umschweife derart schwer verletzt hatte und bereit gewesen war, einen Jungen zu töten –, noch viel gemeinsam hatte mit der Frau, die er in seinen Erinnerungen trug. Vermutlich nicht.

      Galle stieg ihm die Kehle hoch und er verzog das Gesicht. Ob vor Schmerz oder Abscheu wusste er selbst nicht.

      Erik hob den Kopf und betrachtete die Zahl auf der Eisentür vor ihm. Das musste Darias Zimmer sein. Sachte drückte er die Tür auf und war nicht wirklich überrascht, als er Daria im Kreis ihrer Freunde antraf. Sie lümmelten alle auf den beiden schmalen Pritschen herum und unterhielten sich leise.

      Ihre Gespräche verstummten jäh, als sie ihn entdeckten. Alle starrten ihn an. Er hatte allerdings nur Augen für seine Tochter. Erik schluckte schwer und räusperte sich, weil er seiner Stimme nicht recht vertraute.

      „Könnte ich bitte mit meiner Tochter einen Augenblick alleine sein?“ Er bemühte sich um einen neutralen Tonfall, was im Angesicht der Situation nicht die einfachste Übung war.

      Seine kleine Daria, die in seinen Augen selbst noch ein Kind war, würde ein Baby bekommen. Und nicht irgendein Baby, sondern die Reinkarnation von einem der mächtigsten Elementträger, die je auf Erden gewandelt waren. Ihr ganzes Leben lang hatte er alles Erdenkliche getan, um sein kleines Mädchen zu beschützen, und er würde es bis zu seinem letzten Atemzug weiter versuchen. Doch die Angst, dass es ihm bei allem, was ihnen nun bevorstehen mochte, nicht gelingen könnte, schnürte ihm die Kehle zu.

      Bewegung kam in die Gruppe und einer nach dem anderen drückten sie sich an ihm vorbei zur Tür hinaus. Die Letzte, die den Raum verließ, war Darias beste Freundin Izzy. Sie drückte Daria noch einmal fest an sich und bedachte Erik mit einem bedeutungsschweren Blick, als sie an ihm vorbeiging.

      „Du hast wirklich gute Freunde“, stellte Erik fest, während er sich neben seiner Tochter auf die Pritsche sinken ließ.

      Sie nickte und musterte ihn aus ihren großen blauen Augen. Ein schuldbewusster, verletzlicher Ausdruck lag darin. Offenbar wartete sie auf ein Donnerwetter.

      Erik seufzte schwer und schloss seine Tochter in die Arme. Er brauchte keine Worte, um ihr das mitzuteilen, was sie wissen musste.

      Er würde für sie da sein, so wie er es immer gewesen war.

      Eine ganze Weile saßen sie einfach nur schweigend beieinander. Erik konnte beim besten Willen nicht sagen wie lange. Irgendwann jedoch begann Daria mit leiser, zaghafter Stimme zu sprechen. Sie erzählte von jener Nacht, als sie von diesen irren Mitgliedern der Auserwählten entführt und

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