Broken Bones. Andrea Appelfelder
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Doch bevor er auch nur den Mund öffnen konnte, ergriff der Mann, den er wie ein Familienmitglied liebte, auch schon das Wort.
„Wir sind keine Haustieren. Wir sind euch überlegende Wesen, die sich dazu entschlossen habe, den Menschen zu helfen. Uns mag jetzt das fehlen, was euch Menschen ausmacht, die Sterblichkeit, aber nichtsdestotrotz unterscheiden wir uns kaum von euch. Wissen sie, was sie gesagt haben, gibt mir zu denken. Aus diesem Grund frage ich mich auch, ob sie vielleicht keine anständige Erziehung genossen haben. Wir mögen allenfalls Monster sein, wie sie gesagt haben, aber sowohl Angel als auch ich haben in unserem Leben noch nie etwas Böses getan. Also ist Abneigung hier völlig fehl am Platz. Sie dürfen auch nicht alles glauben, was sie über Vampire hören oder lesen. Bilden sie sich doch erstmal selbst eine eigene Meinung, bevor sie uns verurteilen.“
Als Angel seinem Freund so zuhörte, riss er erstaunt die Augen weit auf, denn so einen Ausbruch war er von dem ruhigen Sakuya nicht gewöhnt.
Natürlich kam es auch schon mal vor, dass er sauer wurde, aber das war die Seltenheit und eine absolute Ausnahme.
Der Vampir, den er schon seit seiner Kindheit kannte, versuchte stets ruhig und gelassen zu sein, auch auftretende Probleme konnte er so lösen.
Diese gelassene Art versuchte er auch Angel beizubringen, doch manchmal stieß er damit auf taube Ohren.
Sakuya, reagierte auch so, wenn ihn jemand beleidigte. In solchen Fällen, tat er es damit ab, dass es dessen eigene Meinung sei. Schließlich hatte jeder ein Recht auf eine eigene Meinung. Was wäre das denn für eine langweilige Welt, wenn jeder das Gleiche denken würde?
Jedoch wenn es um Angel ging, hatte er nicht diese Ansichten. Der junge Mann verteidigte ihn wenn jemand versuchte ihm zu tyrannisieren, zu beleidigen oder zu verletzen. Aber er reagierte auch allergisch auf Kamikaze Aktionen von Angel.
Dieses ungewöhnliche Verhalten lag höchstwahrscheinlich daran, dass er seit dem Tod seiner älteren Schwester, die ihm lieber und teurer als alles auf der Welt gewesen war, Angel als seinen kleinen Bruder ansah.
Gerade deswegen wurde er jetzt auch so böse, es war nicht, weil er sich durch die Worte des alten Mannes beleidigt fühlte, sondern weil es auch um seinen kleinen Bruder ging.
Schließlich musste ein großer Bruder auf seinen kleinen Bruder aufpassen. Das war die Meinung, die er vertrat.
Dem weisen alten Mann, der eigentlich doch der Vernünftigere sein sollte, war seine unüberlegte Äußerung sichtlich unangenehm. Genauso unwohl fühlte er sich auch von einem so jungen Mann zurecht gewiesen zu werden. Deshalb musste er jetzt Rückgrat zeigen und sich für das, was er eigentlich nur im Scherz gesagt hatte, entschuldigen.
Der Papst musste genau darüber nachdenken, was er zu ihnen sagen würde. Sonst würde er womöglich all die hier ansässigen Vampiren, die allesamt miteinander befreundet waren, gegen sich aufbringen und das konnte er sich in seiner noch zu neuen Position nicht leisten.
Da es aber für den alten Mann verdammt schwer war, sich für seine eigenen Worte zu entschuldigen, entschied er sich dazu erstmal zu schweigen und dann weiterzusehen.
Während der ehemalige Kardinal mit seiner runzeligen Stirn und den großväterlichen Zügen von seinen neuen Ratgebern in alles eingeweiht wurde, verließen Angel und sein Freund, den Ort an dem sie eine Beleidigung erfahren hatten.
Angel war froh und erleichtert, dass das heute nur die Vorstellungsrunde gewesen war, doch das Schwierigste würde noch auf sie zukommen. Der alte Mann musste in ihre Welt der übernatürlichen Wesen eingeführt werden. Der Junge hatte eigentlich keine Lust, diese Aufgabe zu übernehmen, aber die Menschen waren für diesen Job nicht geeignet und er war nun mal der Anführer der Vampire.
Sakuya war immer noch sehr geladen, weshalb Angel ihn diesmal beschwichtigen musste. Dieses Verhalten, dass der Jüngere dem Älteren gut zureden musste, kam auch so gut wie nie vor. Das lag aber wiederum daran, dass der Jüngere von ihnen der Impulsivere von Beiden war.
„Du brauchst dich doch nicht so schrecklich über den Opa aufzuregen. Es ist doch egal, was der Alte denkt. Mir ist das zumindest egal und dir ist das doch eigentlich auch nicht wichtig. Meinetwegen brauchst du dich doch nicht mit dem Neuen anzulegen.“, sagte Angel zärtlich, während er Sakuyas zu lächelte.
Der junge Mann mit den eisblauen Augen war eigentlich sehr wütend und er sagte das auch nur für Sakuya, da ihm die Worte des Mannes ganz und gar nicht egal waren, aber er musste stark sein.
Ihm ging es schließlich genauso wie Sakuya, oder sogar noch schlimmer denn er kochte innerlich.
Sein Freund, den auch er so liebte wie einen Bruder, hatte sich so aufregen müssen und das nur wegen der Intoleranz der Menschen.
Dieser erwiderte wiederum das Lächeln seines Freundes und ging weiter den glanzvollen Gang, der wie auch der Rest der Papst-Residenz in gold, rot und weiß gehalten war, entlang. Angel rannte ihm hinterher und sie folgten nun wieder gemeinsam diesem fast endlosen Gang.
Ob der Ältere noch sauer war oder nicht, war egal. Jetzt hieß es erstmal wieder einen klaren Kopf zu bekommen, denn seine Aufgabe war es, sich auf seinen nächsten Auftrag vorzubereiten.
In seiner Heimat Japan arbeitete der Vampir, der augenscheinlich um die zwanzig sein musste, nämlich schon seit seinem menschlichen Leben als Spiritist und Exorzist. Genau diese Fähigkeit kam ihm für seinen hiesigen Job zu gute. Er war Experte für das Austreiben von Geistern und Dämonen. Kein Bischof, Kardinal oder Kirchendiener konnte das so perfekt wie er, egal wie lange sie es schon versuchten.
Der Mann mit den lavendelfarbenen Augen hatte es von der Picke auf von seinem Vater und seiner Großmutter gelernt, die Jahre lag seine Lehrer gewesen waren.
Angel nahm seinen Freund, der immer weiter den langen Korridor mit dem roten Teppich entlang lief, bevor er zu einer Arbeit aufbrechen konnte, nochmal zur Seite.
Er wollte sich einfach davon überzeugen, dass sein engster Vertrauter sich wieder beruhigt hatte. Denn wenn er unkonzentriert oder gar abgelenkt wäre, könnte es zu unverzeihlichen Fehlern oder sogar bis zum Tod kommen.
Der Ältere der beiden Vampire war aber schon wieder völlig er selbst. Die beruhigenden Worte seines kleinen Bruders hatten ihre Wirkung anscheinend nicht verfehlt.
Angel umarmte Sakuya freudig.
„Auf Wiedersehen! Ich wünsche dir viel Erfolg und komm gesund und munter wieder zu mir zurück.“
Sakuya lächelte: „Keine Angst, dass werde ich schon, irgendjemand muss doch auf dich aufpassen, sonst machst du doch nur Dummheiten.“
Er sah seinen Freund an und ging beim Reden weiter. „Ich muss jetzt aber wirklich los, sei also schön brav.“
Sie winkten sich zum Abschied noch einmal kurz zu, bis der Ältere um die Ecke bog und verschwunden war. Jetzt konnte Angel seinen Kameraden leichten Herzens ziehen lassen. Dieser warmherzige junge Mann würde seinen heutigen Auftrag genauso professionell erledigen wie immer.
Sakuyas Arbeit war für Angel höchst interessant und der blauäugige Vampir wollte seinem Freund schon ewig einmal bei einer Austreibung zusehen, jedoch hatte er bis jetzt leider nie die Zeit gefunden und dass obwohl sie sich schon so lange kannten und auch