Dunkle Seele Liebe. Fe Mars

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Dunkle Seele Liebe - Fe Mars

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sie sie gehen lassen? Er konnte es sich kaum vorstellen. Seltsam!

      Sie war … hübsch. Sehr sogar. Sie hatte so etwas … Durchscheinendes. Auch wenn er es, so gut es ging, vermied, sie anzusehen. Um sie nicht in die Gefahrenzone zu bringen, hatte er erst gedacht. Dachte er immer noch, aber … Als er heute ihr Gesicht durchs Objektiv betrachtet hatte …

      Lia hatte sie hinter sich hergeschleift, obwohl sie sich gewunden hatte wie ein Fisch. Er hatte deutlich spüren können, wie all ihre Fluchtreflexe in Gang gekommen waren. Als sie gemerkt hatte, dass ihr nichts anderes übrigblieb, als mitzuspielen, wenn sie nicht unhöflich sein wollte, war etwas Seltsames geschehen: Sie war einfach stehen geblieben, ganz ruhig, hatte sich zu ihm gedreht, ihn frontal angesehen; sie schien sich unmerklich zu straffen, hatte das Kinn leicht gehoben und direkt in die Kamera geblickt, plötzlich völlig gelassen. Und der Ausdruck in ihren Augen … Er konnte es nicht genau beschreiben, aber etwas in ihnen hatte … kampfbereit gewirkt. Mit einem Mal hatte er, Justin, sich als Opfer gefühlt. Nur einen Moment lang, aber das hatte ihm gereicht. Als ginge die Anziehung, das Singen von ihr aus. Aber das konnte nicht sein. Sie war doch nicht eine von ihnen, das hätte er sofort gewusst. Was war es also?

      Ganz egal, auf jeden Fall würde er ihr nach Kräften aus dem Weg gehen. Vielleicht hatte er ja Glück und sie verschwand wieder, so plötzlich, wie sie hier aufgetaucht war.

      *

      Justin. Ich schrieb es ganz zart mit Bleistift unter das Datum des Vortages in mein Tagebuch. Ich starrte den Namen lange an, dann radierte ich beides wieder aus.

      Ich war so weit fort vom Schloss und fühlte mich trotzdem noch kontrolliert. Von meiner Großmutter. Vom Schloss. Als würde mir ein Teil davon immer über die Schulter lugen, um zu sehen, was ich tat. Wenn meine Großmutter den Namen hätte lesen können … Du liebe Güte! – Warum eigentlich? Egal. Mir wurde allein bei dem Gedanken mulmig. Deswegen hatte ich ihn ausradiert. Eine kleine Schmierspur blieb zurück. Ich wusste, was sie bedeutete und das war genug.

      Später ging ich in den Garten. Im Erdgeschoss war auch jetzt keine Spur von Leben zu erkennen. Ich hatte mir ein Buch mitgenommen und in die Marmorhand geschmiegt, versuchte ich zu lesen. Aber wahrscheinlich wäre mir nicht einmal aufgefallen, wenn ich das Buch kopfüber gehalten hätte. Ich sah auf jeder Seite Justins Gesicht vor mir, seine hellen Augen, die kontrollierte Spannung in seinen Mundwinkeln. Zwischendurch wurde mir plötzlich so heiß, als hätte ich mich selbst bei etwas Verbotenem ertappt und ich blätterte schnell die Seite um, nur um die nächste genauso blind anzustarren.

      Auf der Vernissage hatte ich die Fotografin, bei der Justin wohnte und arbeitete, Valentina, zum ersten Mal gesehen. Sie war eine beeindruckende Frau, sehr groß, mit kurzen grauen Haaren, die ihr wie ein Helm um den Kopf lagen. Sie hatte mich kurz angesehen, aus Augen, die nur eine Spur dunkler waren als ihr Haar, kühl und durchdringend, dass ich mir vorkam wie ein Käfer auf dem Seziertisch. Trotzdem hatte sie es geschafft, dabei auf eine distanzierte Art freundlich zu wirken. Erst als sie sich umgedreht hatte, war mir aufgefallen, dass ich unwillkürlich die Luft angehalten hatte.

      Ich klappte das Buch zu und beschloss, eine Runde über den Platz vor der Basilika zu drehen. Zwischen den Verkaufskarren mit den Marmor imitierenden Heiligenbüsten und Papstköpfen stand wie eine verwitterte alte Krähe eine Bettlerin. Ihre Zehen ragten aus den Löchern ihrer Filzpantoffel. Schwarze Krallen. Sie stand fast jeden Tag hier, mit ihrem Holzschüsselchen in der Hand. Ich legte ihr eine Münze hinein und sie lachte mich zahnlos an.

      „Bis später“, greinte sie mit ihrer heiseren Stimme. „Bis später!“ Ich nickte nur. Vielleicht dachte sie, ich würde ihr nachher noch etwas geben, aber so viel hatte ich leider selbst nicht. Ich setzte mich auf eine der Steinbänke, von der aus ich unsere Eingangspforte im Auge hatte. Wartete. Auf Justin. Ich wollte ihn wiedersehen. Wollte dem, was hier ablief, auf den Grund gehen. Ich hatte mit einem Mal nicht mehr die geringste Lust, mir Angst einjagen zu lassen.

      Er war nicht gekommen und ich hatte nicht den Mut gehabt einfach bei ihm zu läuten. Es war kühl geworden und ich ging langsam durch den Garten hinauf in die Wohnung. Der vertraute Geruch der Räume empfing mich wie in eine Umarmung.

      „Selina, schau mal die Fotos! Justin hat sie vorher gebracht.“ Lia stand strahlend am Küchentisch, über den bunte Abzüge verstreut lagen.

      „Sieh mal, was Ennio hier für ein Gesicht schneidet. Und wie nett das von dir ist. Du bist wirklich fotogen.“ Sie blickte auf. „Wo kommst du denn her? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen!“

      „Mir ist nur kalt“, murmelte ich.

      „Ah! Hoffentlich wirst du nicht krank. Schade, dass du Justin versäumt hast. Das ist ja schnell gegangen mit den Bildern, nicht wahr?“

      Ich ließ mich auf einen der Küchenstühle sinken. Justin? Hier? Versäumt? Wie konnte das sein? Also war er doch im Haus gewesen. „Und ist er … ist er nicht mehr da?“, stammelte ich.

      „Wer? Justin?“ Lia schüttelte den Kopf. „Die wollten weg. Hast du sie unten nicht mehr getroffen? Valentina hat schon wieder ein Fotoshooting. In Neapel, glaube ich. Oder war das …? Na, egal“, winkte sie ab. „Ihr müsst euch haarscharf verpasst haben.“ Sie schob mir ein paar Fotos zu. „Schau mal, da bist du drauf und deine Freundin!“

      Lustlos und nur um Lia eine Freude zu machen blätterte ich durch den Haufen. Justin war fort und ich hatte ihn nicht mehr getroffen. Mir kam es vor, als hätte jemand einen Schalter ausgeknipst, so grau war plötzlich alles.

      5

      Die nächsten Tage vergingen öde und gleichförmig: Schule, Werkstatt, Schule, Werkstatt. Unvermittelt war es Herbst geworden.

      Die Ruhe des regenfeuchten Gartens empfing mich beim Nachhausekommen wie eine Oase. Alles schien leicht zu dampfen, Schatten verschmolzen mit dunklen Pfützen und in der Marmorhand blinkt eine kleine Lache. Ich warf einen Blick ins Atelier, sah niemanden und drehte mich zum Gehen. Fast prallte ich gegen eine Gestalt, die sich hinter mir aus dem Halbdunkel schälte. Das helle Oval eines Gesichtes, wässrige Augen, um die sich tausend Runzeln zogen - die Bettlerin, die immer auf unserer Piazza stand. Was machte die denn hier?

      „Nettes Mädchen“, ächzte sie. „Nettes Mädchen! Du hilfst mir bestimmt, nicht wahr?“

      „Gerne“, stammelte ich. „Aber was soll ich denn … Ich meine, was kann ich …“

      „Die Katzen“, unterbrach sie mich. „So nette Tierchen! Und warten doch auf mich! Aber mein Bein, weißt du? Morgen muss ich in die Klinik, bleibt nichts anderes übrig.“ Sie nickte ein paar Mal mit dem Kopf. „Da muss man früh hin, sehr früh, sonst kommt man da im Leben nicht mehr dran und meine Schätzchen warten doch, verstehst du?“

      „Äh …“ Nein, ich verstand gar nichts.

      „Komm!“ Sie schlurfte voraus, durch eine kleine Eisentür, hinter das Haus, wo die Bäume dicht an der Außenmauer standen. Der Schuppen mit dem Rasenmäher und den Gartengeräten war hier, an seiner Wand standen ausrangierte Gartenmöbel gestapelt. Ganz hinten versteckte sich ein Eingang, den ich bis jetzt noch nicht entdeckt hatte. Die Frau schien hier zu wohnen.

      „Da! Das Essen für meine Lieblinge!“ Sie hob den zerbeulten Deckel von einem Topf, der auf einem alten Holzofen stand. „Ich stell’s dir vor die Tür, ja? Und du gehst und fütterst die Kleinen. Aber früh musst du dort sein. Gerade wenn die Sonne aufgegangen ist. Vor allen anderen, ja?“

      „Ja,

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