Ernteplanet. Rolf-Dieter Meier
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Das sich meine Eltern an diesen Tag so gut erinnern konnten, war trotzdem nicht von vornherein zu erwarten. Erst die nachfolgenden Ereignisse verliehen diesem Tag und insbesondere diesem Abend eine ganz neue Bedeutung und rückten ihn damit in den Fokus der Wahrnehmungen, die es zu bewahren galt.
Montag, 01.04.2047
Der Radiowecker ließ es sich nicht nehmen, getreu seiner Verpflichtung, zu der voreingestellten Zeit seine Arbeit aufzunehmen. Zunächst kaum wahrnehmbar, dann die Lautstärke von Minute zu Minute steigernd, ertönte Musik, wie sie gerne in Wellness-Oasen gespielt wird. Der Schlaf von Kirstin und Erik wurde zusehends unruhiger, bis es keinen Zweifel mehr gab: das Werk war vollbracht und hatte die Beiden in die Realität des neuen Tages geführt. Während es Erik wie üblich nicht mehr lange auf seiner Schlafstatt hielt, drehte sich Kirstin mit einem Seufzer erst noch einmal auf die andere Seite. Diese softe Musik war Kirstins Wunsch gewesen und so hatten sie den Speicherchip mit entsprechenden aus dem Internet heruntergeladenen MP3-Dateien gefüttert. Nach anfänglicher Skepsis war nun auch Erik ein Fan dieser Weckmusik geworden, was ihn aber nicht davon abhielt, Kirstin, die schon wieder einzuschlafen drohte, in die Realität zu holen.
„Kirstin, ab ins Bad.“
Er legte Wert darauf, dass die morgendlichen Abläufe eingehalten wurden, was er mit den Worten: „Ich bin eben ein Gewohnheitstier“ zu erklären versuchte, wenn Kirstin mal wieder genervt von dem Gezurre an der Bettdecke, ein von ihm eingesetztes Mittel, um sie zum Aufstehen zu bewegen, ihm ein noch verschlafenes: „Du immer mit deiner Drängelei“ entgegen schleuderte. Schließlich bequemte sie sich aber doch und schälte sich aus ihrer warmen Decke.
„Warum hast du es nur so eilig, wir hätten doch noch ein paar Minuten kuscheln können.“
Dabei hob sie wie zufällig ihr kurzes raffiniertes Hemdchen an und ließ ihn ihr bestes Stück sehen.
„Verdammt“, dachte er, „warum bin ich nicht auf die Idee gekommen.“
Er machte einen Schritt auf sie zu, was sie veranlasste, ihm ihre Hände abwehrend entgegen zu strecken.
„Halt, junger Mann, zu spät! Du hast gesagt, ich soll ins Bad.“
Mit einem strahlenden Lächeln marschierte sie schnurstracks an ihm vorbei in das ihr zugewiesene Etablissement.
Für einen Moment stand Erik bewegungslos am Bett und konnte es nicht fassen, dass er sich diese seltene Gelegenheit hatte entgehen lassen. Aber wie hätte er erkennen können, dass … Egal, er hatte es halt vermasselt. Er beendete seine Überlegungen, ging zum Fenster vor dem ein dichter Frühnebel wie eine graue Wand hing und öffnete es weit, um das Zimmer kräftig durchzulüften. Der Nebel war so dicht, dass er die Häuser gegenüber mehr ahnte, als das er sie sah. „Vielleicht wird es ein sonniger Tag“, dachte er und ging in die Küche.
Während Kirstin im Bad war, bereitete er das Frühstück vor. Sie standen in der Regel bereits um sechs Uhr auf, um sich in Ruhe auf den neuen Tag vorzubereiten. Beiden war der gelassene Beginn wichtiger, als eine halbe oder eine Stunde mehr Schlaf. Dazu gehörte ein gemütliches Frühstück und ein erstes Zeitungsstudium bei dezenter Hintergrundmusik. Nach Kirstin, die eigentlich nie länger als dreißig Minuten brauchte, wobei ihr der flotte Kurzhaarschnitt und das attraktive Äußere, das keines besonderen Stylings bedurfte, sehr entgegenkam, ging Erik ins Bad, um sich seinerseits auf Vordermann zu bringen. Es hatte sich so eingespielt, dass sie noch etwa eine halbe Stunde gemeinsam am Frühstückstisch verbringen konnten. Kurz wurden die anstehenden Einkäufe, Verabredungen mit Freunden und was sonst noch auf der Tagesordnung stand abgesprochen. An diesem Montag stand nichts weiter an, deshalb kam Erik noch einmal auf sein abgeschlossenes Projekt zu sprechen.
„Ich bin gespannt, was mein Chef von dem Ergebnis des Projekts hält. Ich hoffe, er hat die Unterlagen und den Bericht bekommen. Er wollte das alles nämlich am Wochenende durcharbeiten. Du weißt ja, dieses Projekt könnte das Sprungbrett für die Partnerschaft werden.“
„Du hast doch gesagt, dass es gut gelaufen ist. Dann wird auch Dr. Konzalik zufrieden sein. Mach Dir mal keine Sorgen.“
„Dein Wort in Gottes Ohr, aber du kennst ihn nicht. Er ist einer, den man nicht zum Freund haben will, aber erst recht nicht zum Feind. Und ich habe eher das Gefühl, er ist mehr letzteres, obwohl ich nicht weiß, warum. Vielleicht sieht er mich schon als Konkurrenten.“
Obwohl er in Gedanken bereits im Büro war, konnte er nicht umhin, festzustellen, dass ihr das kleine schwarze Kostüm, das sie heute für einen Gerichtstermin gewählt hatte, ausgezeichnet stand.
„Du siehst Klasse aus“, stellte er deshalb bewundernd fest.
„Danke“, entgegnete sie, „jetzt müssen wir aber.“
Nachdem sie noch ein bisschen Ordnung geschaffen hatten, verließen sie gemeinsam das Haus. Der Frühnebel hatte sich mittlerweile verzogen und trieb als Dunst am Himmel dahin. Erik war sich sicher, es würde ein schöner Tag werden. Er fühlte, wie sich Hochstimmung in ihm breit machte und die negativen Erwartungen verscheuchte. Bald erreichten sie das nur unweit geparkte Auto, stiegen ein und fuhren zur nächsten Bushaltestelle, wo sich ihre Wege trennten. Kirstin hatte an diesem Tag Glück; der Bus kam bereits, als Erik begann, seine Fahrt zur Firma fortzusetzen. Kirstin hatte eine gute Verkehrsanbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, die Fahrt war nur kurz. Außerdem gab es im Umfeld der Anwaltskanzlei, in der sie arbeitete, nur wenig Parkplätze. Von einigen auswärtigen Terminen abgesehen, so wie heute, arbeitete sie meist im Büro. Erik hingegen war häufiger unterwegs und hatte zudem in seiner Firma eine Parkmöglichkeit. So war die Entscheidung leicht gefallen, dass er in der Regel den Wagen nahm, obwohl auch sie eine leidenschaftliche Autofahrerin war. Auf einen Zweitwagen hatten sie bisher verzichtet, da es jetzt schon beschwerlich war, in der Nähe ihrer Wohnung einen Parkplatz zu finden.
Nachdem Erik den Wagen in der Tiefgarage geparkt hatte, fuhr er mit dem Fahrstuhl in den fünfzehnten Stock der T. Summerset Consulting AG, einem Unternehmen, das in allen bedeutsamen Städten der Erde vertreten war. Am Eingang hielt er seine Codekarte an den Kartenleser, es summte und er konnte die Tür öffnen. Hinter dem Empfangstresen stand Sophie Kleinfeld, eine blonde junge Frau in einem dunkelblauen Kostüm, die ihn, als sie seiner ansichtig wurde, zu sich heranwinkte.
„Hallo Erik, schön dich mal wieder zu sehen“, sagte sie, während sie ihm ein professionelles Empfangsdamenlächeln schenkte, „und in Madrid ist alles gut gelaufen, habe ich gehört.“
Erik war verblüfft, er war doch gerade erst angekommen.
„Hallo, ja, es war toll. Vor allem war es nicht so kalt wie hier.“
„Stimmt, hier war es teilweise noch recht winterlich.“ Sie kramte in ihren Unterlagen und zog dann einen kleinen Zettel hervor. „Hier ist es ja. Du sollst gleich zu Dr. Konzalik kommen.“
„Er ist schon da?“ Erik war völlig entgeistert, damit hatte er nicht gerechnet, denn normalerweise kam er nicht vor neun Uhr.
„Ja, und er ist, wie es scheint, bester Laune.“ Sie beugte sich vertrauensselig etwas vor: „Ist schon komisch, nicht?“
„Das kann man wohl sagen! Aber wenn er gute Laune hat, kann es wohl nicht so schlimm werden!“
„Toi,