Für immer Rosa. Claudia A. Wieland

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Für immer Rosa - Claudia A. Wieland

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der Gruppe löste sich eine hochgewachsene, schlanke Gestalt und kam lässig auf sie zugeschlendert.

      Rosa beobachtete den jungen Schauspieler sehr genau. Sein Gang war leicht federnd, schlaksig und aufreizend langsam, so als folge er nur äußerst unwillig der Aufforderung des Regisseurs. Er trug eine olivgrüne Cargohose und Sneaker, hatte die Hände in den Kängurutaschen einer dunklen Sweatjacke vergraben und die Kapuze über den Kopf gezogen. Seine Augen waren von einer Sonnenbrille verdeckt. Wahrscheinlich Ray Ban, dachte Rosa amüsiert. Männer mit seinem Image trugen neuerdings immer Ray Ban. Auf seinem Gesicht war ein breites Grinsen zu sehen, dessen Grund sich ihr im Moment nicht erschloss.

      Rosa wusste kaum mehr über Tom Savage, als das, was sie gegoogelt hatte. Obwohl der Engländer mit Wohnsitz in Los Angeles einer der gefragtesten Schauspieler in den USA war, hatte Rosa ihn noch nie auf der Leinwand gesehen. Sie rechnete sich definit nicht zu der Zielgruppe seiner Filme, die ihres Wissens vorwiegend von weiblichen Teenagern und jungen Frauen mit einer Neigung zu unkontrollierbaren Ausbrüchen angeschaut wurden.

      Tom wäre auch nicht ihre erste Wahl für die Besetzung der Rolle des Victor, ihres Romanhelden, gewesen. Sie hatte eher an einen Typ wie Matt Damon in GOOD WILL HUNTING gedacht: rebellisch, trotzig, ein bisschen verloren. Aber Matt Damon war natürlich schon viel zu alt für die Rolle eines jungen Mannes von dreiundzwanzig Jahren. Im Übrigen hatte sie gar kein Mitspracherecht gehabt, weder beim Schreiben des Drehbuchs, noch beim Casting der Darsteller. Und so wurde ihr eines Tages von der Produktionsfirma der Name von Thomas Patrick Savage mitgeteilt. In den Medien wurde er als absoluter Adonis beschrieben, war ein heißbegehrter Junggeselle und, wie Rosa vermutete, ein Womanizer, wie er im Buche stand. Das war nur gut für die Vermarktung des Films. Aber war er überhaupt der Rolle eines ernsthaften jungen Erwachsenen auf der Suche nach dem eigenen Selbstverständnis gewachsen? Und war er mit seinen sechsundzwanzig Jahren nicht schon eine Idee zu alt für diese Rolle?

      Tom kam näher und blieb dann vor Rosa und Hank stehen. Augenblicklich zog er die Kapuze herunter, nahm die Sonnenbrille ab und schaute Rosa mit einem fragenden Ausdruck an. Das unverschämte Grinsen war einem scheuen Lächeln gewichen.

      Der Regisseur deutete mit dem Finger auf Tom: »Darf ich vorstellen: Das ist Thomas Savage. Und das ist Rosa Mansier, die Autorin von VICTOR UND CLAIRE. Ich habe Frau Mansier gebeten, unseren Dreharbeiten beizuwohnen.«

      Tom sah sie aufmerksam an. Mit einer Spur von Neugier in seinem Blick. Rosa schaute in tiefblaue, ein wenig verträumte, aber kristallklare Augen, die von dichten, kräftigen Augenbrauen überschattet wurden. Die fein geschnittene, fast zart anmutende Wangenpartie stand in starkem Gegensatz zu seinem markanten Kinn und dem Drei-Tage-Bart, den er sich vermutlich wegen der heute zu drehenden Szene hatte stehen lassen. Das dichte, haselnussbraune Haar war vom Wind wild zerzaust.

      Das, was Rosa sah, war in der Tat schön anzusehen. Toms Jungenhaftigkeit gefiel ihr sogar ausnehmend gut. Doch was sie wirklich berührte war seine kraftvolle Ausstrahlung, die sich ihr buchstäblich entgegendrängte.

      Tom streckte ihr die Hand hin und sein Lächeln wurde noch ein wenig freundlicher, sein Blick noch ein wenig interessierter. Und wenn sie sich nicht irrte, sah sie in seinen Augen … Überraschung aufblitzen? Sie nahm seine Hand, spürte einen angenehm festen Händedruck und dann … dann geschah etwas Seltsames.

      Ein unsichtbares und sehr lebendiges ETWAS kam von ihm zu ihr hinübergesprungen. Es umkreiste sie spielerisch, immer wieder und wieder, stupste sie mit Dutzenden von luftigen, vorwitzigen Zeigefingern hierhin und dorthin, zuerst zaghaft und vorsichtig, dann immer übermütiger, in die Wangen, in den Hals, in die Schultern, in die Arme, kribbelte über ihren Rücken, ihren Bauch, ihre Hüften, ihre Beine, streichelte sie dann behutsam über das Haar und hüllte sie schließlich in einer innigen Umarmung ganz fest ein. Es fühlte sich warm und weich an. Es war angenehm. Nein, es war viel mehr! Es war … wohltuend, fürsorglich, tröstlich. Eine unbändige Freude stieg in ihr auf.

      »Guten Tag, Rosa! Ich darf Sie doch Rosa nennen?« Tom machte eine kleine Pause, schien aber keine Antwort zu erwarten. »Ich bin Tom. Wir sind hier am Filmset wie eine große Familie.«

      Rosa bewegte sich leicht, um den Bann, in den er sie hineingezogen hatte, abzuschütteln. Dann räusperte sie sich. »Guten Tag, Tom! Sicher dürfen Sie mich Rosa nennen! Ich bin doch irgendwie so etwas wie die Mutter der … ich meine … die Mutter von Vic … ähm … also …« Mein Gott, was redete sie nur für einen Blödsinn daher. »Ich meine, Victor und Claire sind meine Erfindungen und deshalb…« Rosa zuckte hilflos mit den Schultern. Jetzt hatte sie sich vollends verhaspelt.

      Hank, der zweifache Oscargewinner, lachte lauthals los, als habe er gerade eine urkomische Szene erschaffen. Die kleine Lücke zwischen seinen Schneidezähnen, eines seiner Markenzeichen, wurde sichtbar. »Nun lassen Sie es mal gut sein! Wir alle sehen das hier nicht so eng.«

      Rosa war auf einmal wieder hellwach. Die Situation war ihr richtig peinlich.

      Tom aber blieb ganz ernst. »Ich weiß ganz genau, was Sie meinen, Rosa, und es ist mir eine Ehre, die Autorin von VICTOR UND CLAIRE kennenzulernen.«

      »Ich freue mich sehr, SIE kennenzulernen, Tom.« Rosa schaute ihn mit einem strahlenden Lächeln an. Soeben war ihr der Grund für ihre überwältigende Freude klar geworden. Sie war in seiner Welt herzlich willkommen!

      Erst jetzt ließ Tom ihre Hand los und sagte: »Ich hoffe, wir werden schon bald die Gelegenheit haben, intensiver miteinander zu sprechen.« Er nickte ihr freundlich zu und wandte sich dann an den Regisseur. »Geht's wieder los?«

      Hank bejahte: »Okay, lasst uns weitermachen, solange die Sonne scheint!« Tom und Hank entfernten sich, während Rosa die Szenerie beobachtete.

      Es herrschte lärmende Geschäftigkeit. Hank hatte alle Schauspieler und Komparsen gebeten, an diesem ersten Drehtag dabei zu sein, um die Atmosphäre des Ortes in sich aufzunehmen und die Arbeit der Hauptdarsteller zu beobachten. Viele der Anwesenden standen in Grüppchen herum und diskutierten eifrig. Andere liefen hin und her, um die Technik ein letztes Mal zu kontrollieren. Verteilt über den Strand konnte Rosa Kameras, Scheinwerfer, Reflektoren, einen Kamerakran und einen Schienendolly erkennen.

      Die Proben waren bereits beendet und die Markierungen für die Ausgangs- und Endpositionen der einzelnen Einstellungen gesetzt. Die eigentlichen Aufnahmen konnten beginnen. Jetzt sollte die Szene gedreht werden, die das Ende ihres Romans darstellte. Rosa las im Drehbuch, das ihr Hank überlassen hatte.

       Victor und Claire sehen sich am Strand von Saint-Jean-du-Doigt wieder, nachdem Victor seinen Tod vorgetäuscht hatte und monatelang herumgeirrt war.

      Tom ging dort, wo ein Weg von der Straße auf den Strand hinunterführte, in Position. Als die Kameras auf ihn gerichtet waren, riefen verschiedene Personen nacheinander: »Ton ab!« »Speed.« »Kamera ab!« »Rolling.« »Klappe!« Dann gab der Regisseur sein Kommando. »Und Action!«

      Die Hände in den Taschen seiner Sweatjacke, die Kapuze über den Kopf gezogen, diesmal ohne Sonnenbrille, ging Tom langsam, mit diesem jugendlich federnden Gang über den Strand in Richtung Meer. Er zögerte, schaute suchend in die Kameras und plötzlich schien er jemanden erkannt zu haben. Große Freude spiegelte sich auf seinem Gesicht.

      »Schnitt!«, rief der Regisseur.

      Tom blieb stehen und im nächsten Moment veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Mit höchster Konzentration schaute er gespannt auf Hank und schien auf eine Anweisung zu warten. Hank strich sich nachdenklich durch seinen rötlichen, mit grauen Haaren durchsetzten Bart und nickte. Er war schon mit dem ersten Versuch zufrieden. Die Aufnahme musste nicht wiederholt werden. Nun ja, das ist

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