Für immer Rosa. Claudia A. Wieland
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Tom lächelte. Dann schien er einen Moment lang zu überlegen. »Der Name des Ortes, wo wir heute gedreht haben, ist kompliziert, aber es geht auch um einen Heiligen, nicht wahr?« Er versuchte, den Namen auszusprechen. »SAINT..JEAN..DU..DOIGT.«
Rosa war angenehm überrascht, dass er zugehört und sich den Namen gemerkt hatte. »Yann, oder Jean auf Französisch, ist ein bretonischer Heiliger und sein angeblicher Zeigefinger wird in der örtlichen Kirche aufbewahrt.«
»Aha, noch eine Reliquie!«, erwiderte Tom stirnrunzelnd und setzte gleich nach: »Nur einer? Ich meine, nur ein einziger Zeigefinger? Damit kann man keine großen Geschäfte machen. ARME Bretonen!« Er verzog sein Gesicht zu einer so komischen Grimasse, dass Rosa ihn unwillkürlich anschauen musste und beinahe das Auto, das vor ihnen aus einer Nebenstraße geschossen kam und ihr die Vorfahrt nahm, nicht gesehen hätte. Im letzten Moment stieg sie mit voller Kraft auf die Bremse, während sie instinktiv den rechten Arm schützend vor Tom hielt und rief: »Attention!«
Tom hielt sich sofort am Türgriff fest. Rosa umklammerte das Lenkrad wieder mit beiden Händen und steuerte das Auto auf den Seitenstreifen. Der Verursacher des Fastunfalls fuhr ungerührt weiter, als habe er nichts bemerkt.
Als der Peugeot zum Stehen kam, schrie Rosa außer sich vor Wut dem anderen Fahrer lautstark hinterher: »Crétin! Imbécile!« Tom zuckte leicht zusammen. Sie schlug mit den Händen auf das Lenkrad, atmete tief durch und schickte noch einen Fluch hinterher: »Putain de merde!« Sie war wütend über den rücksichtlosen Fahrer. Aber noch wütender war sie über ihre eigene Unachtsamkeit. Tom hätte verletzt werden können! Durch ihre Schuld! Sie wandte sich ihm zu und fragte in ängstlichem Ton: »Sind Sie in Ordnung, Tom?«
»Ja, ja, mit mir ist alles okay. Wow! Das war eine superschnelle Reaktion. Was haben Sie da bloß geschrieen? Ich habe nur Achtung und Kretin verstanden.«
»Nichts, gar nichts. Das war vulgär. Entschuldigen Sie bitte!«
Tom grinste sichtlich amüsiert über Rosas Temperamentsausbruch. Der Vorfall hatte ihn offenbar nicht weiter erschreckt. Vielleicht war alles zu schnell gegangen? Vielleicht hatte er gar nicht bemerkt, in welcher Gefahr er sich befunden hatte? Rosa jedenfalls zitterte, weil sie ihn in eine bedrohliche Situation gebracht hatte. Sie musste einen Augenblick warten, bis sie sich beruhigt hatte und weiterfahren konnte.
Tom setzte unbeirrt seine Nachforschungen fort, als sei nichts geschehen. »Wohnen Sie in der Nähe unseres Hotels?«
»Nicht direkt. Ich muss noch ein Stück entlang der Küste Richtung Osten fahren, ganz grob gesagt Richtung Paimpol, einer kleinen Hafenstadt, wo sich auch die Abtei von Beauport befindet.«
»Ach ja, ich erinnere mich aus dem Roman, dass die Abtei direkt an der Küste liegt. Dort spielen einige Schlüsselszenen.«
Rosa freute sich insgeheim, dass er ihren Roman gelesen hatte. Das war nicht selbstverständlich. Viele seiner Kollegen hätten sich mit der Lektüre des Drehbuchs, das alles verkürzt und vereinfacht darstellte, zufrieden gegeben.
»Ich bin sehr neugierig auf diese Abtei«, fuhr Tom fort. »Scheint ein sehr mystischer Ort zu sein.«
»Ja, das ist sie. Wenn Sie möchten, mache ich Ihnen eine ganz persönliche Führung durch Beauport!« Toms Art, an allem ein intensives Interesse zu zeigen, gefiel ihr sehr.
»Sehr gerne! Ich werde bei Gelegenheit auf Ihr Angebot zurückkommen.«
Rosa war Richtung Lannion gefahren, nahm jetzt aber nicht den direkten Weg durch das Inland nach Perros-Guirec, wo sich Toms Hotel befand. Sie wählte lieber die längere Strecke entlang der Felsenküste, die durch ihre spektakulären rosafarbenen Granitfelsen berühmt war. Angeregt unterhielten sie sich über das Leben in der Bretagne und erreichten trotz des Umwegs schneller, als Rosa lieb war, den Badeort, wo der Großteil des Filmteams seine Zelte im HOTEL THALASSO MIRAMAR aufgeschlagen hatte. Nur ein paar französische Filmleute, Techniker und Komparsen nächtigten außerhalb.
Es gab hier weit und breit keine amerikanischen Luxushotels, wie man sie bei Hollywoodproduktionen gerne in Anspruch nahm, zumindest für seine Hauptdarsteller. Aber das MIRAMAR, das direkt an der Strandpromenade lag, bot nicht nur herrliche Aussichten auf das ständig durch das Wetter und die Gezeiten in Veränderung befindliche Meer, sondern offerierte auch die berühmte Thalassotherapie. Das Hotel war von der Produktionsfirma für die Zeit der Dreharbeiten komplett gemietet worden, einschließlich Wellness-Behandlungen für die ganze Filmcrew. Zudem hatte sich das Management des MIRAMAR vertraglich verpflichtet, auch die Verpflegung am jeweiligen Drehort zu übernehmen, zusätzliche Sicherheitsleute einzustellen und gegenüber der Außenwelt absolute Verschwiegenheit über die anwesenden Gäste zu bewahren.
Das gemeinsame Abendessen fand im großen Speisesaal statt, einem gewaltigen, fast das gesamte Erdgeschoß einnehmenden Raum mit einer großen Panorama-Fensterfront an der Meerseite. Als Rosa und Tom den Raum betraten, waren die anderen Mitglieder des Teams bereits eingetroffen. Sie hatten den kürzeren Weg durchs Inland genommen. Der Regisseur erblickte Rosa und winkte sie zu dem freien Stuhl an seiner Seite, wo sie notgedrungen und mit einem leisen Gefühl des Bedauerns Platz nehmen musste. Tom setzte sich auf die andere Seite des langgezogenen Tisches, schräg gegenüber, neben Charlotte, seine Gefährtin im Film.
Rosa beobachtete während des Essens, wie vertraut Tom mit Charlotte umging. Er neckte sie ständig, kniff sie in die Seite, lachte mit ihr. Ja, sie aß sogar einmal von seinem Teller. Dabei schaute sie Tom mit einem derart unschuldigen Augenaufschlag an, dass Rosa unbewusst den Kopf schüttelte. Diese Charlotte hatte es faustdick hinter den Ohren! Ihre Unschuld war doch nur gespielt! Da, jetzt kokettierte sie ganz heftig mit Tom!
Überhaupt benahmen sich die beiden wie verliebte Teenager. Und sie sahen so unglaublich jung und unbeschwert aus. Rosa fühlte eine leise Niedergeschlagenheit in sich aufsteigen. Nein, sie gehörte nicht mehr dazu. Sie war nicht mehr jung und unbeschwert. Und dann war da auch wieder dieser bittere Anflug von Eifersucht, über die sie sich maßlos ärgerte. Vielleicht stimmten ja diese ewigen Gerüchte, dass Tom Savage immer wieder etwas mit seinen Filmpartnerinnen anfing? Jedenfalls verhielten sich bloße Arbeitskollegen nicht so! Nicht auf diese fast intime Art und Weise! Aber es ging sie schließlich nichts an.
Rosa musste sich zwingen, mit Hank ein einigermaßen normales Gespräch zu führen.
»Hoffentlich können Sie uns oft am Set besuchen. Ich möchte mich sehr präzise an das Original halten und Sie bei der ein oder anderen Szene konsultieren.«
»Es ist eine große Ehre für mich, als französische Autorin so eng in eine Hollywoodproduktion eingebunden zu werden.«
»Ach was! In Hollywood kocht man Suppe auch nur mit Leitungswasser und nicht mit bling h2O, wie die meisten Leute glauben. Alles nur schöner Schein.«
Dann erzählte Hank, dass die Filmpremiere, die für das Frühjahr des nächsten Jahres geplant war, in einem Theater in New York stattfinden werde und dass sie, als Autorin des Romans, selbstverständlich auch eingeladen sei, ja dass sie unbedingt kommen und ein paar Worte auf der Pressekonferenz sagen müsse.
Rosa nickte nur zaghaft lächelnd und konzentrierte sich auf ihren doppelten Espresso, den Blick angestrengt von den Turteltauben schräg gegenüber abgewandt.
»Rosa, wo sind Sie mit Ihren Gedanken? Hat Ihnen das Essen nicht geschmeckt? Langweilt Sie Hank mit seiner Fachsimpelei?«, fragte Tom quer über den Tisch. Offenbar hatte er ihre Anwesenheit trotz seiner anregenden Beschäftigung mit Charlotte doch noch bemerkt! Gegen Ende des Abendessens, sozusagen im letzten Augenblick!
»Oh