Für immer Rosa. Claudia A. Wieland

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Für immer Rosa - Claudia A. Wieland

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er jetzt noch einmal COOL sagte, dann schmiss sie ihn aus dem Auto, dachte Rosa grimmig. Er benahm sich auf einmal, als könne er nicht bis Drei zählen.

      Stattdessen änderte sich Toms ganze Haltung. Wirkte er vorher träge und gelangweilt, war er plötzlich hellwach und überaus interessiert. »Das ist doch Melody Gardot. Das ist wirklich gut. Ich meine, es ist so old-fashioned. Es ist …«

      Rosa hielt in Erwartung des C-Wortes für den Bruchteil einer Sekunde den Atem an.

      »gefühlvoll und wunderschön«, vollendete er den Satz.

      »Schön, dass es Ihnen gefällt. Ich liebe dieses Album. Das, was sie gerade singt, ist übrigens mein Lieblingslied.«

      »Das ist wunderbar heiter! Wie der heutige Frühlingstag«, sagte Tom mit einem scheuen Lächeln. »Ich verstehe, dass Sie dieses Lied mögen.« Dann schwieg er und lauschte aufmerksam.

       If the stars were mine

       I’d tell you what I’d do

       I’d put the stars right in a jar

       And give ’em all to you.

      Erst als auch der Nachhall des letzten Akkords verklungen war, begann Tom wieder zu sprechen. »Mögen Sie Jazzmusik im Allgemeinen?«

      »Sehr!«, antwortete Rosa. »Für mich ist Jazz neben klassischer Klaviermusik von Bach, Chopin oder den Impressionisten die schönste Musik, die ich kenne. So ausdrucksvoll und vor allem sinnlich.«

      »Gibt es da einen bestimmten Musiker, den Sie bevorzugen?« Tom wollte es ganz genau wissen.

      »Bill Evans! Er war ein Magier am Klavier und machte einfach überirdisch schöne Musik. Ich liebe seine Alben. Und wen mögen Sie, Tom?«

      »Auch ich mag Jazzmusik, und zwar in allen Varianten. Dann mag ich vor allem meinen besten Freund Bob Marden. Er steht erst am Anfang seiner Karriere, aber er macht Musik wie kein anderer. Und dazu ist er auch noch ein Dichter. Die Songtexte, die er schreibt, sind sehr poetisch. Ansonsten hüte ich mich davor, meine musikalischen Vorlieben kundzutun. Das steht dann am nächsten Tag wieder in allen Boulevardzeitungen. Mir wurde schon oft aufs Butterbrot geschmiert, dass ich den einen oder anderen Musiker nicht wohlwollend erwähnt hätte. Also halte ich mich zurück. Ihnen kann ich jedoch verraten, dass ich jede Musik mag, die gut ist.«

      »Sehr aussagekräftig! Danke für Ihr Vertrauen, Tom!« Sie lachte. »Spielen Sie selber auch ein Musikinstrument?«

      »Ein bisschen Gitarre und Klavier. Wie viele meiner Schauspielkollegen. Nichts Besonderes. Und Sie?«

      »Ich hätte als Kind so gerne Klavierstunden genommen, aber ich hatte weder die Möglichkeit noch die Erlaubnis. Ich habe das immer so sehr bedauert und bewundere jeden, der spielen kann.«

      Tom schwieg einen Moment. Dann bat er Rosa: »Bitte, erzählen Sie mir etwas über diesen Teil Frankreichs! Es interessiert mich sehr. Ich kenne nur Paris und ein Stück der Côte d’Azur. Sie wissen schon. Die Filmfestspiele in Cannes.«

      Rosa stellte den CD-Player leiser und begann zu berichten. »BRETAGNE bedeutet soviel wie BRITANNIEN und der Name stammt aus der Zeit, als britannische Kelten, so etwa seit dem vierten Jahrhundert, von der Insel hierher nach ARMORICA, in das LAND AM MEER, auswanderten. Sie ersetzten den alten Namen einfach durch den Namen ihrer Heimat. Es ist also eigentlich das kleine Britannien, gewissermaßen ein Ableger des großen Britanniens, wo Sie, Tom, ja bekanntlich herkommen.«

      Er lachte. »Gut gegoogelt! Ich muss Ihnen übrigens ein Kompliment machen. Ihr Englisch ist ausgezeichnet und ihr französischer Akzent sehr charmant.«

      Rosa fuhr unbeirrt fort, obwohl ihr das Blut in die Wangen schießen wollte. Das war ihr das letzte Mal passiert, als… Sie konnte sich nicht einmal mehr erinnern.

      »Die Bretagne ist genau genommen eine Halbinsel. Und heute haben Sie im FINISTÈRE gedreht. So heißt das Departement, wo SAINT-JEAN-DU-DOIGT liegt. Es ist der westlichste Teil des kontinentalen Frankreichs. Ihr Hotel hingegen liegt im Departement CÔTES D’ARMOR, für mich der schönste Teil der Bretagne. Sie finden dort Steilküsten, Sandstrände, Kiesstrände, rosafarbene Granitfelsen, Pinienwälder, kleine romantische Hafenstädte, mondäne Seebäder und noch viel mehr Sehenswertes.«

      »Und SIE!«, stieß Tom hervor und fügte hastig und im Brustton der Überzeugung hinzu: »Ich meine natürlich, Sie wohnen wahrscheinlich auch dort.«

      »Ja, das tue ich«, bestätigte sie schmunzelnd. »Das ist meine Heimat.«

      »Und warum spielen die Strandszenen in einem anderen Departement als ihrer Heimat? Hat das einen tieferen Sinn?«, fragte Tom forschend.

      »Ich habe einen abgelegenen Strand als Schauplatz der geheimen Treffen unserer Liebenden gesucht und die Gegend hier kenne ich ziemlich gut, weil ich auf das katholische Mädcheninternat in SAINT-POL-DE-LÉON gegangen bin.«

      »Sie sind auf ein katholisches Mädcheninternat gegangen?«, fragte Tom mit einem Grinsen. »War das purer Masochismus oder wurden sie von ihren Eltern gezwungen? Entschuldigen Sie, falls ich zu indiskret bin, aber ich bin selber katholisch und kann mir vorstellen, was es bedeutet, interniert zu werden!«

      »Nein, das ist in Ordnung«, erwiderte Rosa, obwohl ihr beim Gedanken an jene Zeit unwohl wurde. »Meine Mutter ist gestorben, als ich neun Jahre alt war. Sie war eine stille, sehr gebildete und feine Frau. Mit meiner Stiefmutter, einer exaltierten, etwas … schlichten Dame, habe ich mich nie sonderlich gut verstanden. Wir hatten uns nicht viel zu sagen und deshalb habe ich das kleinere Übel vorgezogen, als ich die Wahl zwischen dem Haus meines Vaters und dem Internat hatte. Zumindest habe ich dort, im Internat, etwas gelernt, was mir heute bei meiner Arbeit sehr zugute kommt, nämlich eiserne Disziplin.« Rosa verstummte. Mehr war zu diesem Thema eigentlich nicht zu sagen.

      »Und was war mit Ihrem Vater?«, fragte Tom vorsichtig.

      »Mein Vater hat seine neue Frau sklavisch angebetet. Er war ihr sozusagen hörig. Da gab es keinen Platz mehr für einen lästigen Quälgeist, der zu viele Fragen über die Welt stellte, seinen eigenen Willen hatte und manchmal sehr impulsiv reagierte.«

      Rosa wollte nicht mehr über dieses Thema sprechen. Es erweckte längst vergrabene Gefühle von Ungeliebtsein und quälender Sehnsucht nach Geborgenheit. Sie überlegte, womit sie das Thema in eine andere Richtung lenken konnte. Dann fiel ihr ein Kuriosum ein, das den wissbegierigen Tom vielleicht interessierte und die Stimmung etwas auflockerte.

      »Die Schutzpatronin meines Internats war die Heilige Ursula, angeblich eine bretonische Prinzessin, die später in Köln am Rhein einen gewaltsamen Tod fand, weil sie den Anführer der Hunnen nicht heiraten wollte.«

      »Köln am Rhein in Deutschland?«, fragte Tom und riss die Augen auf, sichtlich stolz auf seine Geographiekenntnisse.

      »Genau richtig! Köln am Rhein in Deutschland. Und stellen Sie sich vor, die Kölner begannen nach der Entdeckung des angeblichen Grabes der tugendhaften Jungfrau einen regen Handel mit ihren Überbleibseln. Zeitweise waren etwa 12000 Reliquien im Umlauf.«

      »Ein bisschen zuviel Knochenmaterial für eine zarte Prinzessin, oder?« Tom lachte.

      »Anscheinend ziemlich geschäftstüchtige Leute, diese Kölner!«,

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