Taubenjahre. Franziska C. Dahmen

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Taubenjahre - Franziska C. Dahmen

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Männer unterhielten sich angeregt, während eine Schar tobender Kinder sie immer wieder umkreiste. Unter ihnen befand sich auch der kleine Junge, der eben noch mit den drei Hunden gespielt hatte, was nichts anderes bedeuten konnte, als dass die drei Ungeheuer auch in der Nähe sein mussten. Nervös hielt Hanna nach dem schwarzschnäuzigen Köter Ausschau, aber sie konnte ihn ebenso wenig in der zunehmenden Dämmerung entdecken, wie seine beiden vierbeinigen Bundesgenossen. Zweifellos, dachte sie, umkreisen sie das Lager und lauern ahnungslosen Spaziergängern auf. Zuzutrauen wäre es ihnen auf jeden Fall!

      Eine dunkelhaarige Frau von herber Schönheit trat aus einem der Wagen und warf ihnen einen misstrauischen Blick zu, sagte aber nichts. Vielmehr schritt sie, mit einer eisernen Kaffeekanne bewaffnet, auf die am Lagerfeuer Sitzenden zu, die lauthals über etwas lachten. Bei den Männern angekommen, ergriff sie den Saum ihres langen, bunten Rocks und hielt ihn mit einer Hand fest, sodass sie niemanden mit ihm berühren konnte, während sie den Männern mit der anderen einschenkte. Leise flüsterte sie dabei einem von ihnen etwas zu, woraufhin dieser sich erhob und sich ihr zuwandte.

      Hanna fühlte sich seltsam entblößt, als sie den Blick des Mannes auf sich ruhen fühlte. Stechende Augen, überdacht von dicken, buschigen Augenbrauen in einem kantigen Gesicht musterten sie kurz, ehe sie ihren Blick fragend auf den Mann richteten, der sie hierher geführt hatte.

      Hanna merkte, wie ihr erneut die Schamröte ins Gesicht schoss, was den Mann indes nicht interessierte. Er konzentrierte sich auf den Mann mit dem Walroßbart, der in einer fremdländischen Sprache auf ihn einredete.

      »Pusta, Refli, Kob und Rafael«, waren die einzigen Worte die Hanna verstand.

      Interessiert verfolgten die drei andern das Gespräch aus den Augenwinkeln heraus, taten gleichzeitig aber so, als wären sie in ihr eigenes Gespräch vertieft.

      »Ich höre, sie wollen zu meinem Sohn!?« Ein leicht abweisender Unterton schwang in der Frage des Mannes mit den dicken Augenbrauen mit, ansonsten ließ nichts darauf schließen, dass es ihm missfiel, dass eine wildfremde Frau im Lager aufgetaucht war und mit seinem Sohn sprechen wollte.

      Hanna nickte.

      »Nun gut!«, sagte Rafaels Vater und wandte sich daraufhin an die junge Frau, die soeben noch den vier Männern Kaffee eingeschenkt hatte. »Celia, geh zu Rafael und sag ihm, dass er …«, Rafaels Vater flocht gekonnt eine Pause ein, »Besuch bekommen hat!«

      Derweil fühlte Hanna sich recht unbehaglich in ihrer Haut und wusste nicht, was sie tun sollte. Rafaels Vater hatte sich wieder ans Feuer gesetzt und die junge Frau war hinter einem der Wagen verschwunden, um Rafael zu holen. Keiner der Männer lud sie ein, sich zu ihnen zu setzen. Keiner wechselte ein Wort mit ihr. Alleingelassen und befangen, stand sie da und fühlte sich einsamer als je zuvor inmitten des abendlichen Gemurmels und Gescheppers von Tellern und Töpfen, das eine familiäre Vertrautheit und Wärme verriet, die sie selber gerne als Kind erlebt hätte.

      Die Kinder hatten mittlerweile aufgehört zu toben und waren wohl in den umstehenden Wagen verschwunden, wo ihre Mütter sie für die Nacht vorbereiteten. Leiser Protest drang aus einem der Wagen heraus, der alsbald wieder verebbte, sodass Ruhe einkehrte.

      In Gedanken malte Hanna sich aus, wie der kleine Junge, der vorhin mit dem schwarzschnäuzigen Hund gespielt hatte, sich dagegen wehrte, in den Badezuber zu müssen.

      »Du badest jetzt!«, würde seine Mutter zu ihm sagen, woraufhin der Kleine lauthals mit einem: »Nein, ich will nicht!«, protestieren würde, während seine Mutter sorgsam das Badehandtuch für ihn ausbreitete.

      »Doch, sonst darfst du morgen nicht mit Pusta, Refli« – oder wie auch immer diese verdammten Köter heißen mochten – »spielen.«

      Große, traurige Kinderaugen würden mit einem Schmollmund gepaart leidvoll auf den Badezuber blicken, um letztlich dann doch nachzugeben. Was bedeutete schon ein Bad, wenn man am nächsten Tag wieder nach Herzenslust toben konnte? Also würde der Kleine freiwillig in den Zuber steigen, anschließend liebevoll abgetrocknet werden, ehe es ab ins Bett ging. Natürlich unter Protest. Aber ein letzter wärmender Friedenskuss würde ihn besänftigen, sodass er zufrieden mit sich und der Welt in Morpheus Arme sinken konnte.

      Hanna seufzte leise. Das Leben konnte so schön sein, wenn, ja, wenn … Hanna verbot sich weiterzudenken.

      Ein leichter Windstoß ließ sie frösteln. Ohne Nachzudenken war sie aus dem Haus gerannt. Sehnsüchtig dachte sie an ihren Wollmantel, der jetzt die kalte Steinwand der heimatlichen Diele wärmte. Das nächste Mal werde ich ihn mitnehmen!, sagte sie sich, nur um sich selber im gleichen Atemzug zu korrigieren: Dumme Gans! Als ob es überhaupt ein nächstes Mal geben wird! – Wo nur dieser Rafael bleibt?

      Nervös schaute Hanna sich um, doch die zunehmende Dunkelheit verhinderte eine weite Sicht. Selbst die Wagen waren nur noch schemenhaft erkennbar. Überhaupt, dachte sie, wird es langsam ungemütlich. Die feuchte Kälte, die zunehmend vom Bach heraufzog, ließ sie frösteln. Sehnsüchtig blickte sie auf das wärmende Lagerfeuer, das die Männer für sich reserviert zu haben schienen.

      Die warm leuchtenden Flammen flackerten einladend und zauberten zuckende Muster auf die Gesichter der Männer, die sich leise unterhielten. Hin und wieder leuchtete im Dunkeln das punktförmige Ende einer Zigarette auf.

      »Kala ist alt genug.«, hörte sie einen der Männer sagen, dessen dicke Nase soeben von einem Flammenschatten verschluckt wurde.

      »Sie hat Haare auf den Zähnen.«, wandte Rafaels Vater ein. »Falin ist nicht der Richtige für sie.«

      Die Männer lachten.

      »Er wird nicht mit ihr fertig werden! Er ist zu weich.«

      »Du hast ihr Zuviel durchgehen lassen!«, meinte ein hagerer, grauhaariger Mann und schlug dabei dem Dicknasigen auf den Rücken, der missmutig an seiner Zigarette zog, sodass diese punktförmig aufglühte.

      Hanna hatte keine Ahnung, um wen, geschweige denn um was es ging, und wenn sie ehrlich war, dann interessierte sie das Ganze herzlich wenig. Sie stellte sich mittlerweile eine ganz andere Frage: Hatte Rafael nicht von einem Fest gesprochen?

      Skeptisch schaute sie sich um. – Nichts! Nur gähnende Leere. Ob sie sich verhört hatte?

      Unsicher nagte sie mit den Zähnen an ihrer Unterlippe. Vielleicht wäre es besser, einfach nach Hause zu gehen? Schließlich hatte sie sich für den heutigen Tag genug blamiert! Wenigstens würde sie diese Leute nie wieder in ihrem Leben zu Gesicht bekommen, was als Erfolg zu werten wäre, dachte sie in einem Anflug von Galgenhumor.

      Schon wollte sie einen der Männer um eine Fackel bitten, als sich mit einem Mal eine warme Hand auf ihre Schulter legte, sodass sie zusammenzuckte.

      »Komm Mädchen!«, hörte sie eine weibliche Stimme hinter sich sagen.

      Neugierig drehte sie sich um und blickte in das runzlige Gesicht einer alten Frau, in deren Mundwinkel eine brennende Pfeife hing. Auf der Nase saß eine Nickelbrille, die ihre dunklen Augen in verzerrter Form größer erscheinen ließen, sodass Hanna unwillkürlich an einen Uhu denken musste. Bestimmt wohnt sie in dem Wagen mit der geschnitzten Eule und dem Eichhörnchen. Noch ehe sie sie fragen konnte, wohin sie denn gehen würden, sah sie, wie Rafael auf sie zukam.

      Endlich!

      »Danke Mami, dass du dich um sie gekümmert hast.«

      Die alte Frau nickte Rafael missbilligend zu. Dann drehte sie sich im rauschenden Reigen ihrer übereinander

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