Taubenjahre. Franziska C. Dahmen

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Taubenjahre - Franziska C. Dahmen

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ihm Gold und Silber entgegen und auf dem Tisch befanden sich die ausgefallensten und delikatesten Speisen und Getränke.«

      Popos Beschreibung ließ Hannas Geschmacksknospen aufblühen. Schon meinte sie den köstlichen Geschmack von Feigen und Datteln auf ihrer Zunge zu spüren.

      »Die Tage vergingen und Bimuyakro war glücklich. Am neunten Tag jedoch sprach das Nivaši-Mädchen zu ihm: Höre, Bimuyakro, wir müssen uns für einen Tag und eine Nacht trennen. Ich werde dich hinauf auf die Erde bringen und du kannst solange zu deinem Stamm zurückkehren. In der daraufkommenden Nacht erwarte ich dich am Ufer des nächstgelegenen Flusses.

      Und tatsächlich, das Nivaši-Mädchen setzte ihn in der Nähe seines Stammes ab. Im Lager angekommen, waren alle erstaunt ihn zu sehen und fragten ihn, wo er denn so lange gewesen sei. Doch Bimuyakro blieb stumm. Er setzte sich vielmehr ans Feuer, als plötzlich aus seiner Tasche ein paar Goldstücke fielen. Verwundert sah er nach und fand darin noch viel mehr Geld.

      Der Stamm, der noch nie in seinem Leben soviel Geld und Gold auf einmal gesehen hatte, freute sich und feierte ein großes Fest, nur Lolerme stand traurig beiseite und weinte bitterlich. Gerade als sie Bimuyakro bitten wollte, ihr ihre Worte zu verzeihen und sich mit ihr zu versöhnen, war er wieder verschwunden.

      Erst nach neun weiteren Tagen kehrte er zurück und brachte wieder viel Geld mit. Jeder freute sich darüber. Denn schließlich konnte der Stamm auf einmal ohne Arbeit gut von dem, was Bimuyakro mitbrachte und so freigiebig austeilte, leben. Egal wo sie ihr Lager aufschlugen, stets kehrte Bimuyakro am neunten Tag für einen einzigen Tag zurück, nur um in der darauffolgenden Nacht erneut zu verschwinden.

      Eines Tages jedoch, genauer nach neun Monaten änderte sich alles: Bimuyakro war todtraurig, denn das Nivaši-Mädchen hatte einem Jungen das Leben geschenkt. Nun werdet ihr sagen, das ist doch etwas wunderbares, aber das Kind eines Nivaši-Mädchens ist kein normales Kind. Es ist ein Nivaši-Junge, was soviel bedeutete, dass der Junge den Menschen nur Leid und Unheil zufügen wird, um nach Verlauf von dreißig Jahren als Nivaši ins Wasser zurückzukehren. Genau dieses behagte Bimuyakro überhaupt nicht und er überlegte, wie er sich von seiner Geliebten befreien könnte.

      Da trat Lolermes Vater auf ihn zu und sagte: Ich sehe, dass du traurig bist. Meine Tochter Lolerme ist es auch. Ich weiß, dass du ihr einen Heiratsantrag gemacht hast und dass sie abgelehnt hat. Es tut ihr Leid. Sie liebt dich. Auch wenn du nicht mehr so viel Geld nach Hause bringen solltest, so möchte ich dich doch als Schwiegersohn haben. Wenn du willst, dann feiern wir morgen Hochzeit. Bimuyakro, der Lolerme heimlich immer noch liebte, sprang voller Freude auf und willigte ein.

      Schon am nächsten Tag feierten sie Hochzeit und Bimuyakro kehrte nicht mehr zu dem Nivaši-Mädchen, das einst seine Geliebte gewesen war und ihm einen Jungen geboren hatte, zurück.

      Die Zeit verging und die beiden liebten sich sehr. Das Glück schien vollkommen und das Nivaši-Mädchen war vergessen. Da begab es sich, das Bimuyakro eines Nachts mit seinen Stammesgenossen ins nächste Dorf wanderte. Dabei passierten sie eine Brücke. Und wie es alter Brauch war, spuckten auch sie dabei dreimal ins Wasser.« Popo spuckte drei Mal ins Feuer. »Da geschah es: Plötzlich flog aus dem Wasser ein Nivaši-Junge und ergriff Bimuyakro und zog ihn mit sich in die dunkle Tiefe.

      Natürlich waren alle zutiefst erschrocken und suchten ihn. Aber erst am nächsten Morgen fanden sie seine Leiche und trugen sie zurück ins Lager, wo Lolerme auf sie wartete.

      Als sie ihren toten Mann da liegen sah, erschrak sie sosehr, dass sie starb, woraufhin man beide zusammen ins Grab legte und begrub.

      Als der Stamm nach einer Weile zu dem Ort, wo die beiden toten Liebenden schliefen, zurückkehrte, da blühten auf ihrem Grab zwei weiße Blumen.«5

      Rafaels Großvater zog an seiner Pfeife und nickte Hanna zu, die sich verschämt, die Tränen aus dem Gesicht wischte.

      »Was waren das für Blumen, Popo?«, fragte ihn ein kleines Mädchen.

      Noch einmal zog der alte Mann genüsslich an seiner Pfeife. »Nun mein kleines Rotkehlchen, das waren zwei ganz besondere Blumen, die man nur sehr, sehr selten im Leben zu sehen bekommt.«

      Die Kleine starrte ihn mit großen Augen an. »Ich denn?«

      Popo zuckte mit der Schulter und lächelte sie verschmitzt an. »Wer weiß!«

      Eine der Frauen reichte ihm einen Becher mit Wein, den er dankend annahm. Erst dann wurden reihum die Gläser der anderen gefüllt, ehe die Frauen dazu übergingen, den Männern köstlich duftende Speisen zu reichen.

      Für Hanna war der ganze Ablauf Neuland. Neugierig beobachtete sie das Geschehen. Allem Anschein nach schien es eine strickte Trennung zwischen Männern und Frauen zu geben. Keine der Frauen aß etwas, nur die Männer. Gerade als sie sich bei Rafael danach erkundigen wollte, fing ein Mann an zu singen. Es war ein melancholisches Lied. Und obwohl sie die Worte nicht verstand, meinte sie förmlich vor Sehnsucht und Traurigkeit zu vergehen. Erst als ihr Rafaels Mutter die Hand auf die Schulter legte, kehrte sie in das Hier und Jetzt zurück.

      »Entschuldigen sie … «, sagte sie etwas gestelzt, »Sie sind heute unser Ehrengast. Meine Tochter hat sich ihnen gegenüber ungebührlich verhalten. Sie hätte ihnen längst etwas zu essen anbieten sollen. Es tut mir Leid. Ich kann mich nur für ihr Verhalten entschuldigen. Ich hoffe, sie können ihr verzeihen. Sie ist jung … Aber vielleicht schmeckt ihnen, was ich für sie ausgesucht habe ... Es ist gutes Essen.«, bekräftigte sie und hielt ihr einen überquellenden Steingutteller entgegen, auf dem sich neben Fleisch auch Brot und diverse Gemüsestücke stapelten.

      Verwirrt nahm Hanna ihn an und nickte. »Das macht nichts. Danke. Die Geschichte von Rafaels Großvater war so wunderschön und jetzt die Musik…«

      Ein erstes Lächeln verzauberte das Gesicht von Rafaels Mutter und ließ es von Innen heraus leuchten. »Ja, er ist ein großer Erzähler und Raoul ein großer Sänger. Aber er singt nur traurige Lieder. Er trägt zu viel Scherz in sich ... Warten sie ab, später werden wesentlich temperamentvollere Lieder gesungen. Mein Mann holt gerade seine Gitarre. Und wie ich sehe, haben ein paar andere auch schon ihre Instrumente ausgepackt. Es wird ihnen gefallen. Und entschuldigen sie bitte nochmals …«

      »Das ist Spanferkel!«, erklärte Rafael ihr, während seine Mutter weiterging.

      »Wie? - Ach!«, Hanna starrte auf ihren Teller und biss vorsichtig in das zu kleinen handlichen Stücken geschnittene Fleisch. Es schmeckte köstlich!

      Amüsiert beobachtete Rafael sie. Die anfängliche Skepsis und Zurückhaltung hatte sich gelegt und Hanna langte herzhaft zu. Er war froh, dass seine Mutter ihr den Teller persönlich gebracht hatte, insbesondere da seine Schwester sie trotz zahlreicher, warnender Blicke seinerseits, beim Servieren der Fleischplatten ignoriert hatte. Zwar hatte seine Mutter im Laufe des Abends Sara zwei Teller in die Hand gedrückt und dabei auf Hanna und ihn gezeigt, aber Sara hatte nur abweisend mit dem Kopf geschüttelt. Erst als sich Rupas Gesicht zunehmend verdüsterte, war sie widerstrebend auf sie zugegangen. Aber ein gewisses Funkeln in ihren Augen, ließ Rafael ahnen, dass dieser Teller niemals bei ihm und Hanna ankommen würde. Und so kam es, wie es kommen musste: Kurz bevor sie sie erreichte, hatte sie trotzig die beiden Teller auf einem Baumstumpf abgestellt, ihren Rock genommen und mit dem Saum demonstrativ über die beiden Teller gestrichen. Anschließend hatte sie unverfroren mit den Schultern gezuckt, ihm übertrieben entschuldigend in die Augen geblickt, die beiden Teller wieder in die Hand genommen und war von dannen gezogen. – Hätte er gekonnt, er wäre am liebsten aufgestanden und hätte seiner Schwester dafür den Hintern versohlt.

      »Das Essen … ist

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