Die lichten Reiche. Smila Spielmann

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Die lichten Reiche - Smila Spielmann

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ging sie weiter in den Raum hinein. Er war leer bis auf einen Altar am hinteren Ende, die Wände waren aus Erde, so dass der Raum wie eine Höhle aussah. Als der Schein der Lampe auf den Altar fiel, reflektierte irgendetwas, das sich dort befand, das Licht, so dass Dawn einen Moment lang geblendet wurde. Sie hob ihre freie Hand schützend vor die Augen und trat näher heran.

      Ihr stockte der Atem, als sie schließlich sah, was auf dem Altar lag – ein Schwert! Das Heft war wunderbar verziert und die Klinge blitzte im Lampenlicht, als wäre sie erst gestern poliert worden.

      „Lauf… lauf so schnell du kannst und komm nie, niemals wieder hierher!“ Erschrocken fuhr Dawn herum. Wer hatte das gesagt? Zitternd sah sie sich im Raum um. Es war niemand hier. Warum also hatte sie das Gefühl als würde sie in tödlicher Gefahr schweben? Sie wollte umkehren, diesen Raum, die Gänge, den Hügel verlassen... trotzdem machte sie einen Schritt nach vorne. Dawn konnte nicht anders, sie musste, MUSSTE dieses Schwert berühren, auch wenn sie das Gefühl hatte, dass es ihr Ende wäre. Einmal nur... Schon streckte sie die Hand aus und legte sie zitternd um das Heft. Dawn hatte nicht vorgehabt die Waffe zu nehmen, doch plötzlich lag sie in ihrer Hand. Wie in Trance vollführte sie ein paar Schläge. Perfekt! Obwohl die Waffe groß und wuchtig war, konnte Dawn sie so mühelos führen wie eines der Messer, die sie zum Jonglieren benutzte. Sie lachte. Wer hätte gedacht, dass sich tief unter der Erde solch’ ein Schatz verbarg!

      Als die Bilder kamen, ging sie unwillkürlich in die Knie. Sie sah ein Gesicht, das so schön wie kalt, so makellos wie grausam war. Augen wie flüssiges Gold starrten sie an, schienen ihr bis auf den Grund ihrer Seele zu blicken. Beim Licht, wer war er? Sein Haar glänzte in der Farbe von frisch gebrautem Bier, sein perfekt geschwungener Mund war zu einem grausamen Lächeln verzogen. Er hielt ein Schwert in der Hand. Ihr Schwert! Es dauerte eine Weile bis Dawn begriff, dass er sie gar nicht sah, dass er durch sie hindurch blickte, auf einen Mann, der ihm gegenüber stand. Schneller als dieser reagieren konnte, wirbelte der Fremde plötzlich herum und stieß sein – ihr Schwert! – Schwert tief in die Brust seines Gegners. Blut spritzte; Dawn schrie auf. Sie versuchte das Schwert, das sie in der Hand hielt, fallen zu lassen, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht. Unbewegt zog der Fremde sein Schwert aus der Brust des Toten, wischte es ab und steckte es zurück in die Scheide, die an seinem Gürtel hing. Seine Miene verriet nicht eine Spur von Bedauern.

      Das Schwert entglitt Dawns tauben Fingern und fiel mit einem lauten Klirren zu Boden.

      Sie waren seit fünf Tagen unterwegs und Crystal, der die lange Zeit, die sie im Sattel verbringen musste, zu schaffen machte, fühlte sich von den Eröffnungen der Drei noch immer ganz benommen. Sie sehnte sich nach Joy und hatte gleichzeitig Angst sie wiederzusehen – nun da sie wusste, dass sie für den Tod ihrer Eltern verantwortlich war. Seit sie denken konnte hatte Crystal immer davon geträumt Kornthal zu verlassen und zu erforschen was jenseits der Grenzen auf sie wartete, doch nun da das Unglück in Gestalt dreier vermummter Frauen über sie hereingebrochen war, hatte sie kaum einen Blick für die Landschaft und die Dörfer, durch die sie ritten. Sie überließ dem Magus die Auswahl der Tavernen und auch das Reisetempo bestimmte er. Sie saß einfach auf ihrem Pferd und starrte den Rücken ihres Begleiters an. Normalerweise hätte sie ihm Fragen gestellt; Fragen über die Magie, denn Magus Horten hatte sich immer hartnäckig geweigert darüber zu reden. „Die Magi des grauen Zweiges sind ja mehr Gelehrte als wirkliche Magi. Ich kann nur ein paar Gesten und um die größeren Zusammenhänge zu erklären bin ich wirklich nicht der Richtige“, pflegte er zu sagen.

      Ihre Schuldgefühle drückten ihr so schwer aufs Herz, dass jeder Atemzug schmerzte und dass sie sich ständig konzentrieren musste um nicht zu weinen. Sie hatte keine Kraft für Fragen. Manchmal merkte sie, dass Lucthens stechend blaue Augen interessiert auf ihr ruhten, als wäre sie ein Rätsel, das es zu lösen galt, doch er respektierte ihr Schweigen und dafür war Crystal ihm dankbar. Abends vor dem Einschlafen, wenn sie in einem fremden Bett lag und eine fremde Decke anstarrte, fragte sie sich, ob sie sich von jetzt an immer so fühlen würde. Als wäre sie für sich selbst eine Fremde. Als wäre der Teil von ihr, der lachen konnte und der fröhlich war, in ihrem Körper gefangen. Ihr linker Oberschenkel streifte flüchtig ihre Harfe und sie zuckte zurück. Sie hatte seit jener Nacht nicht mehr gespielt. Dabei sehnte sie sich so sehr danach spielen zu können, vergessen zu können – wenigstens einen Moment lang. Doch ein Teil von ihr fürchtete sich auch davor. Sie dachte darüber nach, dass sie nicht einmal wusste durch welche Baronie sie gerade ritten und schämte sich. Durfte sie wirklich so gleichgültig sein? Als Lucthen schließlich vor einer Taverne sein Pferd anhielt und abstieg, ließ sich auch Crystal aufseufzend aus Sturmmähnes Sattel gleiten. Es war gut, dass sie heute früher Rast machten. Sie brauchte dringend eine Pause. Gemeinsam führten sie die Pferde in den Stall. Ein Stallbursche, der ihnen geschäftig entgegenrannte und der sich – nachdem er gesehen hatte um welch prachtvolle Tiere es sich handelte – vor Hilfsbereitschaft fast überschlug, nahm ihnen die Zügel ab und bat sie nach drinnen. Sie folgten seinem Rat, dankbar sich nicht um die Pferde kümmern zu müssen. Die Schankstube war ziemlich voll, wie Crystal überrascht bemerkte, sah jedoch ganz einladend aus. Lucthen hatte eine gute Wahl getroffen, wie stets bisher. Irgendwann sollte sie ihm für seine Umsicht danken.

      „Wollen wir nach Zimmern fragen oder essen wir erst einmal?“, fragte er sie. Crystal war nicht hungrig, bemerkte jedoch seinen gierigen Blick, als er den Eintopf förmlich mit Blicken verschlang, den ein Bauer in sich hineinschaufelte.

      „Lass uns gleich etwas essen“, meinte sie deshalb und zeigte auf einen der freien Tische. Lucthen nickte dankbar und sie setzten sich. Sie tranken leichten Wein und aßen den Eintopf, der nicht einmal schlecht war und zum ersten Mal seit Tagen entspannte sich Crystal etwas. In der Schankstube war es wohlig warm und die vielen Stimmen bildeten einen angenehmen Geräuschteppich. Sie musste vom Reiten doch müder sein als sie gedacht hatte, denn sie wäre beinahe eingenickt; doch dann riss sie eine Stimme aus ihrer Benommenheit. Crystal blinzelte und blickte den großen, dunkelhaarigen Mann – ein Bauer wie sie vermutete, denn seine Kleidung war einfach – verwirrt an.

      „Ob Ihr auf der Harfe auch spielen könnt, meine ich?“, wiederholte er und deutete mit dem Kinn zu der Harfe, die neben Crystals sonstigem Gepäck bei ihren Knien stand. „Ich meine, ob Ihr eine Liedmeisterin seid oder einfach nur ein bisschen musiziert?“

      Crystals erster Impuls war zu leugnen. Schließlich gab es in den Mittellanden Menschen die Barden Böses wollten und es wäre vermutlich klug, wenn sie dem Mann erklärte, dass sie die Harfe kaum beherrschte. Doch Crystal brachte die Worte nicht über die Lippen. Sie konnte Meister Martims Ausbildung nicht so herabwürdigen – sie konnte nicht alles verleugnen was sie war! Mit einem Mal bildete sich ein Klumpen Wut in ihrem Bauch. „Ich bin eine Liedmeisterin“, sagte sie selbstsicher. Sie sah wie Lucthen erstaunt die Brauen hob. Ein seltsamer Anblick, fand Crystal. Bisher hatte er stets eine stoische Selbstbeherrschung an den Tag gelegt. Dass er jetzt zum ersten Mal eine Regung zeigte, erboste sie nur noch mehr. Was hatte er gedacht wer sie war?

      Crystal konnte nicht wissen, wie schön sie in diesem Moment wirkte. Ihre Augen sprühten grüne Funken und ihre Wangen hatten sich vor Eifer leicht gerötet. Lucthen sah zum ersten Mal ihr wahres Wesen, nicht nur die leere Hülle, die er bisher kennen gelernt hatte.

      Auch der Bauer war ziemlich eingeschüchtert. Echte Liedmeister waren selten und hoch angesehen. Es dauerte einen Moment bis er sich gesammelt hatte, dann meinte er, „Bitte spielt uns doch etwas…“ Sein Tonfall hatte sich völlig verändert und Crystal begriff, dass seine Frage ursprünglich als Scherz gedacht gewesen war – er hatte sie nicht für eine Liedmeisterin gehalten. Nun, sie würde es ihnen schon zeigen! Sie nickte hoheitsvoll und machte sich daran ihr Instrument auszupacken. Verärgert bemerkte sie, dass ihre Finger zitterten. Sie würde doch jetzt nicht Angst haben zu spielen? Entschlossen schluckte sie. Oh nein, die Angreifer würden sie nicht zum Schweigen bringen, sie nicht. Als sie sich schließlich mit der Harfe in der Hand setzte, hatte sich im Schankraum Stille breit gemacht. Einer Liedmeisterin hörte man zu. Crystal warf Lucthen einen kurzen Blick zu und lächelte, als sie seinen

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