Die lichten Reiche. Smila Spielmann

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Die lichten Reiche - Smila Spielmann

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Dummkopf. Crystal beschloss, das Beste aus der Gelegenheit zu machen und sich, wenn sie schon mal hier war, alles ganz genau einzuprägen. Wenigstens hätte sie Joy eine Menge zu erzählen, wenn sie in ein paar Tagen wieder zuhause wäre. Ihr Führer ritt zielstrebig auf das größte Gebäude dieses Ringes zu. Ein einstöckiges Haus mit runden Fenstern, vor dessen Tür mehrere Männer warteten. Sobald sie angehalten hatte, wurden ihr schon die Zügel abgenommen und ihr wurde aus dem Sattel geholfen.

      Ein fremder Mann führte sie ins Haus. „Wenn Ihr Euch noch schnell frisch machen wollt, dann habt Ihr hier die Möglichkeit.“ Crystal nickte dankbar und verschwand in den Raum, auf den der Mann gezeigt hatte. Jemand hatte Speisen und einen Krug Wasser bereitgestellt, doch Crystal war zu nervös um an Essen zu denken. Für das Waschbecken und das Tuch, das man bereitgelegt hatte, war sie jedoch dankbar. Sie spritzte sich kühles Wasser ins Gesicht und wischte den Schmutz und Staub der Reise von ihrem Gesicht. Mit bebenden Fingern versuchte sie die schlimmsten Falten aus ihrem dunkelgrünen Überkleid zu streifen. Sie hatte ein besonders hübsches Kleid gewählt, da sie gewusst hatte, dass sie heute das Ziel ihrer Reise erreichen würden, doch leider hatte das Gewand den Ritt hierher nicht schadlos überstanden. Die feine Goldstickerei war zerdrückt und das Unterkleid, das in einem helleren Grünton gefärbt war, war nass von Schweiß. Seufzend kniff sie sich in die Wangen und sagte sich, dass sie nicht so eitel sein sollte. Sie gönnte sich eine kurze Verschnaufpause, dann öffnete sie die Tür. Offensichtlich hatte man bereits auf sie gewartet, denn ein Mann stand neben der Tür, der ihr schweigend bedeutete ihm zu folgen. Crystal fragte sich, ob alle Männer, die für die Elfenkönige arbeiteten, so schweigsame Gesellen waren wie die, die sie bisher kennen gelernt hatte. Vor ihr wurde eine Doppelflügeltür geöffnet und Crystal fand sich in der größten Halle wieder, die sie je gesehen hatte. Sie zog sich anscheinend über zwei Stockwerke, denn die Decke war ungewöhnlich hoch und zwei übereinander liegende Reihen der runden Fenster tauchten die Halle in angenehmes Licht. Drei Männer erwarteten sie bereits und als die Türen hinter Crystal geschlossen wurden, hatte sie plötzlich das Gefühl, in eine Falle getappt zu sein. Sie war jedoch fest entschlossen, sich nicht lächerlich zu machen und so trat sie ein paar Schritte auf die Herren zu. Beim Näherkommen sah sie, dass alle Drei schon älter waren und dass ihre Umhänge über und über mit Goldfäden bestickt waren. Als sie schließlich vor ihnen stand, war sie unsicher, wie sie die Männer angemessen zu begrüßen hatte und so ließ sie sich kurz auf ein Knie sinken.

      „Wir sind froh, dass Ihr hier seid, Lady Crystal“, begann der größte der Männer zu sprechen. Sein dunkles Haar war von grauen Strähnen durchzogen, seine Miene wirkte streng. „Ihr habt Euch bestimmt gefragt, was der Zweck Eures Besuches ist. Nun, das ist leicht zu erklären; erstens, um Euch außer Gefahr zu wissen und zweitens, weil wir eine Bitte an Euch richten möchten.“

      „Welche Gefahr?“, fragte Crystal. Die Frauen, die ihren Bruder und ihre Schwägerin ermordet hatten, waren doch verschwunden, oder? Und wenn nicht... Beim Licht, dann konnten sie die Burg jederzeit wieder angreifen!

      „Der Anschlag, der Euren Verwandten das Leben kostete – habt Ihr eine Ahnung, wem er galt?“, fragte der kleinste der Männer.

      Crystal schüttelte den Kopf, obwohl das nicht ganz stimmte. Die Worte, die eine der Angreiferinnen gesprochen hatte, gellte ihr immer noch in den Ohren. „Welche der Beiden?“ Crystal hatte wieder und wieder darüber nachgedacht, was das zu bedeuten hatte, doch sie konnte sich darauf keinen Reim machen. Sollte das heißen, dass die Frauen hinter Lucia oder gar hinter ihr her waren?

      „Nun, wir haben eine Vermutung“, mischte sich jetzt der Mann ein, der bisher geschwiegen hatte. „Euer Ruf als Liedmeisterin ist weit über die Grenzen Kornthals bekannt, wie Ihr bestimmt wisst.“

      Crystal war versucht einfach mit den Schultern zu zucken. Was hatte das damit zu tun und außerdem, woher sollte sie das wissen? Sie hatte bis vor wenigen Tagen die Baronie, in der sie geboren worden war, nie verlassen. Crystal nahm sich zusammen und blieb ruhig stehen; Respektlosigkeit war den obersten Talosreitern gegenüber – und Crystal vermutete, dass es sich bei den drei Männern um ‚die Drei’, die obersten Boten des Elfenkönigs, handelte – wohl nicht angebracht. „Ich weiß davon nichts, meine Herren. Mein Lehrer, der Meister Martim, ist zweifelsohne einer der bekanntesten und besten Liedmeister des Mittellandes.“

      Der Grauhaarige nickte. „Er spricht nur in den höchsten Tönen von Euch.“ Er seufzte. „Meister Martim konnte ja nicht wissen wie sehr er Euch dadurch schaden würde.“

      „Ich verstehe nicht…“, begann Crystal, doch der kleinste der Männer fiel ihr ins Wort. „Im letzten halben Jahr wurden in den Mittellanden bereits drei Liedmeister ermordet.“

      Crystal keuchte erschrocken auf; sie konnte sich bei allem Licht der Welt keinen Grund denken, warum jemand so etwas tun sollte – und dann verstand sie plötzlich, was diese drei Herren ihr zu sagen versuchten. Tränen stiegen in ihre Augen und Crystal hatte nicht die Kraft sie wegzublinzeln. Lucia, die dunkelhaarige Schönheit, und ihr geliebter Bruder waren ihretwegen gestorben! Sie und sie allein war das Ziel dieses Angriffs gewesen. Crystal schlug die Hand vor den Mund. Wirre Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Wenn Rhys an jenem Abend nicht in ihrem Gemach gewesen wäre, wenn sie Thorbens Antrag angenommen hätte... dann wäre ihr Bruder nicht bei ihr gewesen, dann hätte Lucia in seinen Armen geschlafen und Beide wären noch am Leben.

      „Euch trifft keine Schuld, Lady Crystal“, riss eine strenge Stimme sie aus dem Strudel der Verzweiflung, in dem sie zu versinken drohte.

      „Wie könnt Ihr das sagen!“, rief sie außer sich. Der Gedanke an Höflichkeit war längst vergessen. „Diese Frauen waren meinetwegen in der Burg. Wenn ich nicht wäre, dann würden Rhys und Lucia noch leben!“

      „Frauen?“

      Das Wort wurde so scharf hervorgestoßen, dass Crystal blinzelnd zu dem Sprecher aufschaute. Sie begriff, dass bisher noch kein Opfer Gelegenheit gehabt hatte, seine Angreifer zu beschreiben. Crystal nickte hastig. „Drei Frauen mit Tüchern vor dem Mund. Sie hatten eigenartig gekrümmte Schwerter und alle drei trugen Hosen.“

      „Lady Crystal, bis wir wissen um wen es sich bei den Angreifern handelt, seid Ihr und alle die bei Euch sind, in Gefahr.“ Der Blick des kleinen Mannes ruhte mitleidig auf ihr als Crystal langsam begriff, dass sie nicht zur Burg zurückkehren konnte. Sie dachte an die kleine Joy und nickte entschlossen. Egal was es sie selbst kostete, sie würde das Mädchen nicht in Gefahr bringen. Doch wo sollte sie hingehen?

      Der Mann, der sich bisher zurückgehalten hatte, trat nun näher an sie heran. „Deshalb haben wir eine Bitte an Euch. In den östlichen Wäldern, tief in den Auen, lebt ein Magus, der uns vielleicht helfen kann. Lucthen Amortis, ein Lehrer der hiesigen Akademie, wird sich in den nächsten Tagen auf eine Reise in die östlichen Wälder machen und wir halten es für eine gute Idee, wenn Ihr ihn begleiten würdet.“

      Crystal sah von einem zum anderen. Sie schienen diesen Vorschlag tatsächlich ernst zu meinen. In ein anderes Reich reisen! Ihr Bruder hätte sie ausgelacht, wenn sie ihm einen solchen Vorschlag unterbreitet hätte. Nicht einmal Meister Martim hatte die Grenzen des Mittellandes hinter sich gelassen und der hatte sein gesamtes Leben auf Wanderschaft verbracht. Sie wusste nichts über die Auen, außer dass ihre Königin Eidos hieß und dass das gesamte Gebiet von Wald bedeckt war. Ob sie dort überhaupt die Tradition des Liedsangs kannten? Crystal sah aus den Augenwinkeln, wie die drei Männer sich vielsagende Blicke zuwarfen. Schweigend gaben sie ihr Zeit für ihre Entscheidung. Crystal senkte den Blick, nur um die Männer unauffälliger beobachten zu können. Der Graumelierte hielt doch tatsächlich den Atem an! Die anderen Beiden tauschten bange Blicke, die von Hoffnung und Angst sprachen. Crystals Verstand arbeitete fieberhaft. Warum konnte es für diese Herren von solcher Bedeutung sein, ob sie ihren Vorschlag annahm oder ablehnte? Da musste mehr dahinter stecken als sie zugaben. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie wollten

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