Die lichten Reiche. Smila Spielmann

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Die lichten Reiche - Smila Spielmann

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bis in die Auen verfolgen würden.

      Mit langen Schritten durchmaß Lucthen wohl zum hundertsten Mal das Zimmer. Ihm schien es, als würde er schon seit einer Ewigkeit warten. Dabei könnte er schon seit Tagen unterwegs sein! Er schnaubte ärgerlich. Diese Verzögerung gefiel ihm ganz und gar nicht; vor allem, da er sie nicht verstand. Als ihm sein Vater in jener Nacht erzählt hatte, wo er Liisatiina finden könne, war sein erster Impuls gewesen sich auf ein Pferd zu schwingen und Richtung Osten zu reisen. Sein Vater hatte ihn unter Aufbietung all seiner Überredungskünste davon überzeugt, dass es klüger wäre mit der Genehmigung des Königs zu reisen. Als Lehrer an der Akademie des blauen Zweiges stand er indirekter Weise in den Diensten des Königs und so hatte er ihn um Erlaubnis zu fragen, wenn er ein anderes Reich bereisen wollte. Also hatte er seine Ungeduld gezügelt und um eine Audienz bei den drei obersten Talosreitern gebeten. Zu seiner Überraschung war er bereits für den nächsten Tag in den zweiten Ring bestellt worden und hatte seine Bitte vortragen können. Seine wahren Beweggründe hatte er wohlweislich verschwiegen; er hatte den Reitern erklärt, dass er auf Bildungsreise gehen wollte um die Magie der Druiden zu studieren, die tief in den Wäldern von Eidos’ Reich lebten. Man hatte seine Bitte angehört und entschieden, dass er gehen durfte – unter einer Voraussetzung: dass er eine junge Baronin bis zu einem Magus begleitete, der in den östlichen Wäldern lebte. Lucthen hatte zwar keine Ahnung welche Geschäfte eine Baronin mit einem Magus aus den Auen haben konnte, doch solange er nur gehen durfte, wollte er gerne ein paar Wochen lang das Kindermädchen für eine junge und mit Bestimmtheit schrecklich verwöhnte Adelige spielen.

      Doch sie hatte sich Zeit gelassen. Den dritten Tag wartete er nun darauf, dass sie endlich kam und mittlerweile hatte er einen ziemlichen Groll gegen die unbekannte Dame entwickelt. Vor einer Stunde hatte ihn die Nachricht erreicht, dass sie gerade bei den Dreien sei und dass er sich bereithalten solle; seitdem saß er wie auf Nadeln. Endlich öffnete sich die Tür und ein Talosreiter bat ihn in die Halle, die er vor wenigen Tagen zum ersten Mal gesehen hatte. Die Drei erwarteten ihn. Vor ihnen stand eine schlanke, ziemlich hochgewachsene Frau, die das rote Haar ordentlich aufgesteckt hatte und in ihrem grünen Kleid ganz ansehnlich war. Sie wandte sich ihm zu und ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment. Lucthen korrigierte seine Einschätzung. Sie war nicht ganz ansehnlich, sie sah gut aus. Ein zartgeschnittenes Gesicht mit großen Katzenaugen und weißer Haut. Der Ausdruck in ihren Augen war schwer zu deuten. Lucthen schienen sie dumpf zu sein. Hübsch, aber nicht besonders klug, mutmaßte er. „Lady Crystal wie ich vermute“, meinte er, als er sie schließlich erreicht hatte. „Es freut mich Euch kennen zu lernen.“

      Die Frau nickte nur stumm und reichte ihm ihre Hand. Hatte eine Nachricht, die sie gerade erhalten hatte, sie so schockiert oder war sie immer so geistesabwesend?

      „Wann könnt Ihr reisefertig sein, Lady Crystal?“, erkundigte sich einer der Drei.

      „Ich… eigentlich sofort“, gestand sie.

      „Wenn Ihr wollt, wird der Magus Lucthen Euch sicher auch nach Kornthal begleiten um Eure Sachen zu holen.“

      „Das wird nicht nötig sein. Ich habe alles Nötige bei mir.“

      Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und ihr Gesicht verzog sich bei diesen Worten schmerzhaft. Interessant. Lucthen fragte sich, was geschehen war, dass sie in solche Aufregung versetzt hatte. Nun, er würde während der Reise genügend Zeit haben, es herauszufinden.

      Es schien niemand in der Nähe zu sein. Vorsichtshalber wartete Dawn bis die Sonne ganz untergegangen war, dann näherte sie sich ihrer Entdeckung. Vor zwei Tagen hatte sie zufällig den Hügel entdeckt. Er hatte sie wie magisch angezogen und Dawn neigte dazu, ihren Impulsen nachzugeben. Also war sie ihrem Instinkt gefolgt und auf den Hügel geklettert. Er hatte eine eigenartige Form – wie eine Halbkugel, die im Boden steckte. Irgendwie perfekt; zu perfekt für einen Hügel. An der höchsten Stelle hatte sie eine Steinplatte gefunden, die in den Boden eingelassen war. Vorsichtig hatte sie den Stein untersucht. Jemand hatte sich die Mühe gemacht Zeichen in ihn einzuritzen, die Dawn jedoch nicht entziffern konnte und als sie mit den Fingern die Kante entlanggefahren war, hatte sie es entdeckt: der Stein war eine Tür! Wenn man sich dagegenstemmte, konnte man ihn so verschieben, dass ein Loch im Boden sichtbar wurde! Sie hatte einen Kieselstein hineingeworfen, um abschätzen zu können wie tief es nach unten ging. Obwohl sie nicht glaubte, dass das Loch besonders tief war, hatte sie seufzend den Stein wieder über die Öffnung gezogen und sich auf den Rückweg in die Taverne gemacht. Es hätte nicht viel Sinn gehabt ohne Laterne und Seil in die Tiefe hinabzusteigen. Jetzt hatte sie endlich die Zeit gefunden um zurückzukehren.

      Dawn entzündete die Laterne und legte das Seil bereit, dann schob sie den Stein beiseite. Ächzend fragte sie sich, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, niemandem zu sagen was sie vorhatte. Sie hatte überlegt, ob sie ihr Geheimnis Corus anvertrauen sollte, sich jedoch dagegen entschieden. Diesen Fund wollte sie mit niemandem teilen. Außerdem, es konnte ja sein, dass sie nichts fand als eine Grube und in dem Fall wollte sie sich nicht von Corus auslachen lassen, dass sie so viel Aufsehen um ein einfaches Loch gemacht hatte. Endlich gab der Stein nach und glitt zur Seite. Dawn suchte eine Zeit lang herum bis sie eine Möglichkeit gefunden hatte das Seil festzumachen, dann ließ sie das eine Ende in die Tiefe fallen. Sollte sie wirklich so verrückt sein und da nach unten klettern? Vorsichtig hielt sie die Laterne so weit wie möglich hinunter und versuchte den Boden auszuleuchten, doch sie konnte nichts erkennen. Der Drang umzukehren und mit Corus wiederzukommen, oder besser noch ganz fortzubleiben, wurde immer stärker. „Du bist ein Feigling Dawn!“, schalt sie sich. Der Klang ihrer Stimme gab ihr Mut und bevor sie es sich noch einmal anders überlegen konnte, packte sie mit der einen Hand das Seil und mit der anderen die Laterne und machte sich an den Abstieg. Das Loch war tiefer als sie angenommen hatte und als ihre Füße endlich den Boden berührten, atmete sie erleichtert auf. Zitternd ließ sie das Seil los und schwenkte die Laterne so, dass sie einen Blick auf die Wände werfen konnte. Staunend stellte sie fest, dass diese mit Schriftzeichen und Reliefs verziert waren. Im selben Moment sah sie etwas, was sie kurz auflachen ließ – eine der Wände hatte einen Durchgang. Darauf hatte sie gehofft! Kurz entschlossen trat sie in die Öffnung und erkundete den dahinterliegenden Gang. Modrige, feuchte Luft schlug ihr entgegen. Dawn schluckte krampfhaft. Beim Licht! Das war ekelhaft. Doch sie dachte gar nicht daran jetzt aufzugeben! Dawn schloss kurz die Augen und zwang sich langsam einzuatmen und wieder auszuatmen. Einatmen, ausatmen. Endlich ging sie weiter. Nach ein paar Schritten teilte sich der Gang. Kurz überlegte sie welchen Weg sie nehmen sollte, dann entschied sie sich für den linken. Wenn man den rechten Weg nicht kannte, war eine Entscheidung so gut wie die andere. Als sie wieder zu einer Gabelung kam, ging sie wieder nach links und entschied sich, immer den linken Gang zu nehmen. Auf diese Weise würde sie sich nicht verirren. Je länger sie ging, desto kälter wurde ihr und bald hatte sie zu zählen aufgehört an wie vielen Abzweigungen sie vorüber gekommen war. Sie begriff, dass nicht nur der gesamte Hügel von diesen unterirdischen Gängen durchzogen sein musste, sondern auch das umliegende Land. Immer weiter in die Tiefe führten die Gänge und Dawn wurde immer banger zumute. Was, wenn sie eine Abzweigung übersah und dann den richtigen Weg zurück nicht mehr fand? Was, wenn ihre Lampe ausging und sie in völliger Finsternis zurückblieb? Sie hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, als würde die Erde sie erdrücken und ihre Atemzüge wurden flach und schnell. Sie musste all ihre Willenskraft einsetzen um nicht panisch davonzulaufen. Was tat sie hier eigentlich? Sie musste zurück, zurück ins Licht, sie musste…

      Doch ihre Füße trugen sie weiter hinab und Dawn stellte fest, dass sie gar keine Wahl hatte als immer tiefer und tiefer hinabzusteigen. Ein Teil von ihr hatte Angst; der andere Teil von ihr wollte jedoch verzweifelt herausfinden, warum man diese Gänge angelegt hatte. Also ging sie, langsamer als zuvor, weiter. Je tiefer sie stieg, desto schwerer fiel ihr das Atmen, als würde die Luft immer dicker. Auch die Flamme der Laterne wurde immer unruhiger und Dawns Schatten wurde zitternd an die Wände geworfen, so dass sie herumfuhr, weil sie glaubte aus den Augenwinkeln eine Bewegung gesehen zu haben, nur um dann festzustellen, dass sie sich vor ihrem eigenen Schatten gefürchtet hatte. Wie von unsichtbaren

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