Schlampe, Opfer, Schwein.. Norma Rank
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Schlampe, Opfer, Schwein. - Norma Rank страница 13
Doch wie mancher Vertrag kleine Lücken aufweist, fand er schließlich ein Schlupfloch, wie wir mehr Zeit miteinander verbringen konnten, ohne dabei jemandem auf die Füße zu treten. Breit grinsend kam Mark also eines Tages auf mich zu und eröffnete mir einen neuen Ansatz der besonderen Sorte: Wir mussten mich so bald wie möglich unter die Haube bringen! Damit wäre Helga weniger misstrauisch, und alle könnten zufrieden sein! Und: Er wollte sich persönlich darum bemühen, mir einen adäquaten Typen zu besorgen.
So ungefähr fühlte sich wohl ein Gaul auf dem Pferdemarkt. Man schob mir zwar nicht die Lippen auseinander, um mein Gebiss zu überprüfen, aber ansonsten kam es dem Ganzen schon sehr nahe! Ich war kurzfristig doch empört! Andererseits hatte sich Mark in Bezug auf Gerlinde schon mal als Kuppler bewährt, und ich war ja nicht grundsätzlich einer Beziehung gegenüber abgeneigt. Bei genauerer Überlegung konnte es gar nicht schaden, statt nur etwas fürs Bett auch mal wieder etwas fürs Herz zu haben. Es war nämlich schon eine geraume Weile her, dass ich die drei magischen Worte zu einem Mann gesagt hatte. Aber ob ausgerechnet Mark diese „Herzblatt-Sendung“ moderieren sollte?
Bevor ich ablehnte, wollte ich zumindest seinen Plan hören. Warum ich ihm nicht einfach eine scheuerte oder ihm die nicht wirklich vorhandene Freundschaft kündigte, ist schwer zu sagen. Vielleicht siegte die Neugier, vielleicht hoffte ich aber auch auf einen entsprechenden Kandidaten – wie dem auch sei, ich hörte seinen Schilderungen zu, als ginge es dabei tatsächlich um eine ernstgemeinte Zukunftsplanung.
Hier kurz zur Vorgeschichte: Mark spielte in einer Band. Er war seit seiner Jugend Schlagzeuger mit Leidenschaft und brauchte die Musik wie die Luft zum Atmen. Den Sänger der „Cultures“ hatte eben erst seine Freundin sitzen lassen, weswegen dieser sich am Rande zu einer ausgewachsenen Depression befand und mehr Balladen sang, als es der Kapelle lieb war. Außerdem hatte es Sanchos als gebürtigen Vollblutspanier hart getroffen, dass seine Susi nicht nur über Nacht abgehauen ist, sondern sich seitdem mit seinem Ex-Bassisten traf. Und bei der miesen Stimmung, die seither in der Gruppe herrschte, traute sich auch niemand, ihm zu erzählen, dass der Neue gar nicht mehr so neu war, sondern schon länger auf Susis Vergnügungsliste stand.
Da ich nicht liiert und Sanchos neuerdings wieder frei war, wäre es doch praktisch – laut Mark –, wenn wir ein Paar würden. Das würde genug Gelegenheit bieten, sich beispielsweise bei Auftritten, im Proberaum und zu Geburtstagen zu sehen, ohne dass jemand etwas dagegen haben könnte. Ich wäre ja schließlich Sanchos Freundin. Tolle Wurst!
Dieser Vorschlag schoss echt den Vogel ab, und meine Begeisterung hielt sich demnach in Grenzen! Auch Marks Beteuerungen, dass ihm dieser Gedanke nur gekommen sei, weil er mich ja nicht haben könne, überzeugten mich nicht sonderlich. Im Gegenteil: Ich wertete seine Aussage eher als Witz, denn so etwas konnte er einfach nicht ernst meinen. Wo kämen wir denn da hin? Dennoch muss ich sagen, dass er damit zum ersten Mal überhaupt darüber sprach, sich Gedanken dieser Natur zu machen, und das erstaunte mich wirklich sehr!
Tagelang fing Mark immer wieder mit dem Thema an. Er schilderte mir in schillernden Regenbogenfarben, wie gut Sanchos aussah, wie nett er sei, was er studierte, und betonte dabei, dass dieser unbedingt schnell eine neue Freundin brauchte. (Sollte er doch, aber musste das ausgerechnet ich sein?) Phlegmatisch hörte ich mir die nicht enden wollenden Lobeshymnen an, die mir „Adonis“ aus der vorderorientalischen, griechischen und römischen Mythologie höchstpersönlich versprachen.
Nichtsdestotrotz – da half alles nichts – musste ich irgendwie auf Marks angeleierte Initiative – anscheinend war Sanchos bereits ebenso informiert wie interessiert – reagieren, denn alle Argumente gegen dieses ominöse Verkuppelungsvorhaben würden meinen Wunsch nach Freundschaft unglaubwürdig erscheinen lassen. Und ich wollte doch mit Mark befreundet sein, oder? Wollte ich das wirklich? Oder kam hier erneut zum Vorschein, dass er durchaus auch für mehr in Frage kommen könnte? Egal, nicht weiter darüber nachdenken! Ich nahm mir vor, das Spiel zu spielen und mir Sanchos anzugucken, so wurde mir wenigstens ein geschicktes Ablenkungsmanöver geboten!
Spaßigerweise arbeitete Sanchos Bruder Miguel auch bei „K-Messe“. Dort war er hauptsächlich für die Kundenakquise zuständig, und wenn es seine Zeit erlaubte, spielte er Saxophon bei den „Cultures“. Die Gerüchte in der Firma stießen bei ihm auf taube Ohren, und er fand die Idee mit der „Partnervermittlung“ saulustig, zumal ihm das weinerliche Gesülze seines Bruders ziemlich auf den Sack ging. Und das bedeutete für mich nun einen Zwei-Fronten-Krieg, denn durch ihn hatte Mark jetzt die Verstärkung, die er brauchte.
Der Kampf zwischen mir und der neu gegründeten „Partnervermittlungsagentur“ war zeitweise durchaus amüsant, denn Mark und Miguel sorgten mit konsequenter Penetranz dafür, dass ich ehrlich neugierig wurde. Man muss allerdings dazu sagen, dass Miguel ein wirklich smarter und echt witziger Typ war. Er arbeitete im Hauptgebäude wie wir und nicht bei Christoph Kresser und Konsorten. Somit gehörte er zu den „Guten“! Und wenn Sanchos auch nur ein bisschen Ähnlichkeit mit ihm hatte, musste er ein netter Kerl sein.
Bog Miguel um die Ecke, fiel mir unweigerlich sofort „Scrat“ ein – das kleine Eichhörnchen mit den Säbelzähnen aus dem Film „Ice Age“. Um ihn auf die Schnelle zu beschreiben, muss man sich den typischen Südländer vorstellen und dann vom Gegenteil ausgehen. Sprich: Vornehme Blässe, glatte braune Haare (zu einem Zopf gebunden) und von schmaler Statur. Allein der Akzent verriet seine Herkunft, wenngleich er ein perfektes Aristokraten-Deutsch sprach. Seine hochgeistige Art, Dinge zu erfassen, gekoppelt mit überragender Intelligenz, zeichneten ihn zwar im Berufsleben aus, standen ihm aber im realen Alltagsgeschehen eher im Weg.
Beim ersten Kaffee in der Früh schaltete ich schon ganz automatisch den Wasserkocher für Miguels Tee an. Die blank polierte Tasse, deren Inhalt aus einem trockenen Beutel und zwei Stückchen Süßstoff bestand, wartete dann bereits seit einer halben Stunde vergeblich darauf, endlich gefüllt zu werden. Als flehte sie mich um Hilfe an, lächelte ich ihr aufmunternd zu und ging in Miguels Büro hinüber.
„Habe dein Teewasser angemacht!“, rief ich ihm über die Schulter hinweg zu, worauf sein Rücken ein „Danke“ erwiderte. Nicht unfreundlich, sondern in absoluter Konzentration auf das Gespräch mit einem potenziellen Kunden. (Es gab natürlich Prämien, sollte einer anbeißen!)
Ungefähr eine geschlagene Stunde später trank ich gewöhnlich ein weiteres Haferl Kaffee – das Stillleben in der Küche hatte sich seither nicht verändert. Erneut drückte ich daher den roten Startknopf des Gerätes, abermals wies ich Miguel darauf hin. Meist wurde es Nachmittag, bis er in den Genuss kam, seine Cylon-Mischung auch zu trinken.
Vermisste Miguel indessen sein Handy, wandelte sich seine ruhige Art, und er wurde zum ultimativen Nervenbündel. Völlig aufgelöst rannte er dann von Zimmer zu Zimmer auf der Suche nach dem Heiligtum erster Klasse. Erst nachdem er die komplette Firma in den Wahnsinn getrieben hatte, erbarmte sich das kleine Hightechgerät und begann zu läuten. Und nun raten Sie mal, woher die Töne kamen? Aus der Toilette! Die Vermutung lag nahe, dass ihm seine Frau irgendwann in weiser Voraussicht dazu geraten hatte, es beim Strullern aus der Hose zu nehmen, damit es nicht unbemerkt ins Klo fiel. Und das kann beim Lesen des Wirtschaftsteils der Süddeutschen schließlich schon mal passieren!
Diese Ereignisse wiederholten sich alltäglich turnusmäßig und machten Miguel zu einem liebenswerten Schussel, einem vergeistigten Professor im Körper eines 30-Jährigen. Selten habe ich allerdings jemanden kennen gelernt, der so gutmütig war, wie Miguel es sein konnte. Sprach er über etwas, das ihn emotional aufwühlte, wenn er beispielsweise den Geburtstag seines Sohnes vergessen hatte, fing das linke Augenlid an zu zucken – das „Scrat“-Syndrom –, und seine Unterlippe vibrierte. Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern stand Miguel dann vor mir und bot wahrlich ein Bild des Jammers.
„Mann,