Schlampe, Opfer, Schwein.. Norma Rank

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Schlampe, Opfer, Schwein. - Norma Rank страница 11

Автор:
Серия:
Издательство:
Schlampe, Opfer, Schwein. - Norma Rank

Скачать книгу

Nicht dass sie mich darauf angesprochen hätten, nein, denn was man in dieser Firma erfuhr, enthielt meist den Nebensatz „Sag's aber bitte nicht weiter!“ und kam nie von der Person, die die Aussage getroffen hatte.

      Mein Gewissen plagte mich, da Marion mir zu vertrauen schien und sich sehr loyal verhielt, während ich umgekehrt nicht preisgeben konnte, was Mark mir bedeutete. Arglos hielt sie das Gerede der Kollegen für völlig absurd und stellte sich auf meine Seite. Gerne hätte ich sie eingeweiht und mit ihr über meine Gefühle Mark gegenüber gesprochen, aber das war nun wirklich ausgeschlossen. Leider.

      Es wurde demnach immer komplizierter, und Mark musste bezüglich der Anfeindungen meines Teams ganze Arbeit leisten, mich immer wieder zu besänftigen.

      „Ist doch alles ganz normal!“ Sein Versuch, mich zu beruhigen, lief ins Leere. Durch mein mürrisches „Hm“ angestachelt, redete er mir munter weiter gut zu.

      „Sei doch nicht so empfindlich, du kleine Krampfhenne, das braucht dich doch gar nicht weiter zu kümmern.“ Geht’s noch? Aber klar, ihm zollte die Bagage ja weiterhin den Respekt, den er verdiente.

      „Sieh mal, wahrscheinlich wärst du auch neidisch, wenn ich einen der anderen am Samstag mitgenommen hätte.“ Jetzt reichte es! Mich so zu durchschauen, war wirklich nicht fair! Wie peinlich! Ich schnappte mit hochrotem Kopf nach Luft, doch Mark winkte lächelnd ab.

      „Das legt sich schon wieder, keine Panik!“ Meine Reaktion hatte seinem Ego geschmeichelt, und damit war das Thema für ihn vom Tisch. Zwar verstand er mein Dilemma, stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass es hier rein um den Job gehe und nicht um Sympathien. Sicherlich war das von der Aussage her absolut richtig, die Haltung der anderen verletzte mich aber dennoch.

      Auf diesem Weg lernte ich, dass es im Berufsleben einfach anders zuging als im privaten Umfeld, und Lernen tut meistens ein klein wenig weh. Ich musste mich von der Vorstellung, dass wir alle zusammengehörten, und von der „Einer-für-alle-alle-für-einen-Illusion“ verabschieden. Damit fühlte ich mich bei „K-Messe“ plötzlich sehr einsam. Enttäuscht von meiner Abteilung und misstrauisch gegenüber Frau Sackser, verließ ich mich noch mehr auf Mark. Er war der Einzige (neben Marion), der mir ehrlich erschien.

      Wir gingen jetzt des Öfteren mittags zum Essen, einfach nur, um allein und ungestört zu sein. Gerne saßen wir auch bei schönem Wetter nebeneinander auf einer Bank an der Isar. Das hatte schon fast etwas Romantisches. Er war mir nicht mehr fremd! Es gab viel zu lachen, aber auch tiefe Momente, die Gegenstand unserer Unterredungen wurden.

      Einer seiner Lieblingssätze lautete: „Manchmal frage ich mich, warum wir leben und was das alles für einen Sinn macht.“ Darauf gab es zwei Antworten – beide richtig. Mit der einen trat ich weise und welterfahren auf: „Wir sind da, um zu lernen, um Anderen zu helfen und an schlimmen Erlebnissen zu wachsen.“ Was zwar meiner tiefsten Überzeugung entsprach, sich aber doch päpstlicher anhörte als der Papst.

      Mit solch einem Satz lockte man keinen Hund hinter dem Ofen hervor, man trieb ihn stattdessen erst dahinter – und das auf direktem Wege, ohne vorher über Los zu gehen! Daher schüttelte ich schnell die zweite Antwort aus dem Ärmel: „Na gut, wir leben nur, um viel zu arbeiten und unseren Vorgesetzten den Hintern sauber zu halten!“

      Ich fragte mich oft, was passieren würde, wenn Mark ein wenig ernsthafter darüber nachdenken würde, wie nahe das mittlerweile der Wahrheit kam. Ich polierte ihm zwar nicht das Sitzfleisch, aber viel fehlte dazu nicht. Denn ich tat fast alles, um es ihm irgendwie recht zu machen, und wahrscheinlich hätte ich dazu auch mit Vergnügen seinen Popo blank geleckt, wenn man mich darum gebeten hätte. Aber mit genügend Selbstironie kann man von sich geben, was man will, ohne dass der Andere einem auf die Schliche kommt. Ein deprimierender Aspekt, diese Narrenfreiheit.

      Wir redeten über Gott und die Welt, erzählten Anekdoten aus unserem Leben und sprachen auch ab und an über Helga – allerdings nur sehr selten. Nie beschwerte er sich oder drückte in irgendeiner Weise Unmut über seine Situation aus, es klang alles recht normal und stressfrei.

      Dennoch hatte es den Anschein, als könnte Mark einfach nicht glücklich sein. Sicher, wer war das schon ständig und ohne die Hilfe von stimmungsaufhellenden Drogen, aber bei ihm schien die Kluft zwischen Freude und Leid beizeiten extrem tief.

      Schwarz oder weiß, gut oder schlecht waren seine Stimmungen, dazwischen gab es nichts. Der einsame schwarze Ritter am Rande des Abgrunds, ein Künstler-Klischee, das offenbar auch auf Architekten zutraf. Oder war die Mitleidstour nur eine Masche, um meine soziale Ader zu bedienen? Egal – ich wollte ihn am liebsten in die Arme schließen, um ihn zu trösten! Und: Ich nahm es als Kompliment, dass er mir erlaubte, auch diese Seite an ihm kennen zu lernen.

      Im Zustand der Schwermütigkeit plagten ihn meistens heftige Schmerzen in der linken Schulter. Diese traten aber nur dann auf, wenn er versuchte, gut gelaunt zu erscheinen, es aber in Wirklichkeit gar nicht war, oder wenn ihn etwas ernsthaft bedrückte. Natürlich bot ich ihm keine Massage an, wenngleich ich das gerne getan hätte, aber das führte dann doch zu weit.

      Ich dachte eigentlich, einen Menschen vor mir zu haben, der alles besaß, was man sich nur wünschen konnte: Erfolg im Beruf, Geld, eine Familie und Gesundheit. Was war das Problem? Reichte das denn nicht? Was wollte er denn noch? Abenteuer? Dann sollte er sich vielleicht mal im „Dschungel-Camp“ bewerben und ein paar Maden fressen!

      Manchmal machte mich das regelrecht wütend! Ich wollte ihn ja gerne verstehen, ohne ungerecht zu werden, ihn wachrütteln und ihm die Augen für all das Schöne öffnen, aber es gelang mir nicht. Sah er denn nicht, wie gut es ihm eigentlich ging? Warum konnte er sein Glück nicht schätzen? Hatte er es verlernt, die Dinge zu genießen? Oder trog der Schein doch? War sein Leben vielleicht gar nicht so perfekt, wie es nach außen wirkte? Fragen über Fragen, die in meinem Schädel Karussell fuhren.

      Wenn wir uns unterhielten, kam es vor, dass sich sein Blick in der Ferne verlor und er minutenlang einfach nur vor sich hinstarrte. Wenn er so dasaß, in seine eigene Welt versunken, in die niemand sonst Zugang hatte, kam in mir ein Gefühl mütterlicher Fürsorge auf. Es tat mir leid, ihn so hilflos und traurig zu sehen.

      Wenn ich nach seinen Gedanken fragte, winkte er resigniert ab und meinte, das könnte ich nicht verstehen, dann wurde das Thema gewechselt. Doch ich spürte, wie einsam und vom Leben überfordert er sich manchmal fühlte. Wenn ich nur irgendetwas für ihn hätte tun können! Es gab Momente, da musste ich mich regelrecht zusammenreißen, um nicht loszuheulen, wollte ich doch nur noch eines: ihm dabei helfen, glücklich zu werden. Wahrscheinlich hatte ich in diesem Stadium bereits buchstäblich den Verstand verloren!

      Es mochte sich anmaßend, wenn nicht gar größenwahnsinnig anhören, zumal ich kein Psychologe war, doch er sollte wissen, dass ich ihm beistand, dass es jemandem gab, dem er etwas bedeutete – ja, dass es mich gab.

      Natürlich wusste ich, dass mich Marks Befindlichkeiten überhaupt nichts angingen. So versuchte ich, mich davon zu lösen, indem ich mir sagte: „Vielleicht braucht er einfach Urlaub, Zeit mit Frau und Kind.“ Aber diese Idee befriedigte mich nicht wirklich, denn der Familienurlaub stand bereits an.

      Meine Begeisterung diesbezüglich stieg ins Unermessliche (ein Witz!). Ich konnte mir schon gar nicht mehr vorstellen, ihn zwei Wochen nicht zu sehen. Allein der Gedanke daran ängstigte mich, zumal er die zwei Wochen mit einer anderen Frau verbrachte.

      In den schillerndsten Farben malte ich mir aus, wie glücklich die Familie miteinander die Ferien verbringen würde. „Noch ein Brötchen, Schatz?“

      „Ach, nein danke, Liebling, sonst werde ich noch zu dick.“

      „Aber

Скачать книгу