DIE GABE. Michael Stuhr

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DIE GABE - Michael Stuhr

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Ulliette lässt sich erweichen und so müssen wir nicht weiter zu Fuß laufen. Wir nehmen die Metro vom Louvre zum Gare de Saint Lazare. So wie sie sich allerdings seufzend auf einen Platz sinken lässt, scheint mir diese Entscheidung purer Eigennutz zu sein.

      „Was haben Sie eigentlich so die ganze Zeit im Louvre gemacht, Madame?“, fragt Coco sie neugierig und grinst dabei verschmitzt. Sie vermutet wahrscheinlich, dass Madame Ulliette sich die ganze Zeit im Museumsrestaurant ausgeruht hat.

      Mit einem lauten Hupen schließen sich die automatischen Türen der Metro und so verstehen wir nur: „... endlich mal in Ruhe angeschaut.“

      „Was angeschaut?“ fragt Coco nach.

      „Die Ägyptische Sammlung“, wiederholt Madame Ulliette geduldig. „Weißt du mein Kind, es gab einmal ein Land namens Ägypten“, sagt sie betont langsam, „und diese Ägypter ...“

      „Das weiß ich doch“, erwidert Coco mit hochrotem Gesicht, „ich hatte das nur akustisch nicht verstanden.“ Ärgerlich schüttelt sie den Kopf und dreht sich weg.

      Madame Ulliette grinst und schließt, sich zurücklehnend, die Augen. Niemand stört sie mehr mit neugierigen Fragen.

      Am Gare de Saint Lazare schwingt sich Bea stöhnend hinter mich auf die Blaue Elise und wir knattern durch die Rue d’Amsterdam in Richtung Montmartre davon. In einer Seitenstraße der Avenue de Clichy lasse ich sie vor ihrem Haus absteigen. „Was machst du jetzt noch?“

      „Mathe-Hausaufgaben“ seufzt Bea.

      „Die muss ich auch noch machen“, nicke ich. „Gut dass es nächste Woche Herbstferien gibt.“

      „Da sagst du was Wahres, also salut Chérie!“ Bea beugt sich vor und drückt mir rechts und links ein Küsschen auf die Wange. Am Eingang des alten Mietshauses winkt sie mir nochmal zu, schließt auf und schlüpft durch die knarrende Holztür. In diesem Haus wohnt sie mit ihrer Mutter und einer Katze in einer kleinen Dachwohnung.

      Ich winke zurück und setze meinen Weg fort. Elises knatterndes Motorgeräusch hallt laut zwischen den hohen Häuserwänden wider.

      Wir wohnen in der dritten Etage eines alten Jugendstilhauses. Jetzt erst merke ich, wie fertig ich bin. Schnaufend schleppe ich mich die Treppen hoch. Es gibt da zwar so einen altertümlichen Aufzug mitten im Treppenhaus, aber der macht immer so klappernde Geräusche. Wenn die Gitter hinter mir zugehen, fühle ich mich eingesperrt. Auf seinem Weg nach oben schnauft er wie ein Ungeheuer, das macht die Sache auch nicht besser. Wenn er hinunter fährt, ist es noch schlimmer. Dann zischt er so seltsam, dass ich jedes Mal Zweifel habe, ob er mich auch wirklich im Erdgeschoss rauslassen wird oder geradewegs mit mir in die Unterwelt hinabfährt. Nein danke, da steige ich lieber Treppen.

      „Es gibt heute Hähnchen mit Ratatouille“, ruft Didier mir freudestrahlend entgegen, als er die Tür öffnet. Schon flitzt er wieder in die Küche. Von dort duftet es sehr vielversprechend und mein Magen stimmt mir mit lautem Gebrummel zu.

      „Bist du das Lana?“, ruft Maman aus der Küche.

      Ich stelle den Rucksack neben die Flurgarderobe und gehe zur Küchentür. „Ja“, sage ich, nichts Gutes ahnend.

      „Hallo Schatz, könntest du wohl noch mal rasch zu Madame Ledoux fahren und frisches Baguette holen? Ich hab’s vergessen und Papa kommt gleich.“

      Ich hab’s geahnt! Wenn Papa mich Schatz nennt, ist er sauer auf mich, wenn Maman mich Schatz nennt, hat sie lästige Arbeitsaufträge. „Warum kann Didier eigentlich nicht gehen?“ starte ich einen aussichtslosen Versuch. Ich kenne die Antwort, sie ist immer die gleiche.

      „Weil ich ihn um diese Zeit nicht mehr auf die Straße schicken will und du bist mit Elise dreimal so schnell wieder da!“ Der Tonfall meiner Mutter lässt keinen Zweifel aufkommen, dass mit ihr darüber nicht zu diskutieren ist.

      „Okay“, murmele ich ergeben aufseufzend, stoße mich vom Türrahmen ab und nehme das Geld vom Küchentisch, das dort schon bereit liegt. Ächzend drehe ich mich um und schlurfe laut stöhnend den Flur entlang wie ein Gefangener in Ketten.

      „Du solltest dir doch überlegen, ob du nicht bei der Theatergruppe mitmachen willst, Chérie“, höre ich meine Mutter aus der Küche. „Die Rolle der armen geplagten Tochter spielst du oskarreif.“ Man kann das Grinsen in ihrer Stimme förmlich hören.

      Ich geb’s auf. Kommentarlos und resigniert ergebe ich mich in mein Schicksal.

      Als ich angeknattert komme, räumt Madame Ledoux gerade die Stühle vor ihrem Laden zusammen. „Ah Lana“ strahlt sie mich an, „was wurde denn diesmal vergessen? Lass mich raten.“ Sie richtet mit übertrieben hochgezogenen Augenbrauen und gespitztem Mund den Blick nach oben. „Ein Baguette“ In gespielter Erkenntnis schnellt ihr Zeigefinger vor, während sie mich mit großen Augen anschaut.

      „Ja Madame“, antworte ich lahm. „Wie immer.“ Hier das Baguette, beim kleinen Ed-Discountmarkt um die Ecke die Paprika oder die Zwiebeln. Und alle finden es immer furchtbar witzig, wenn ich kurz vor Ladenschluss noch angedüst komme.

      Die Laternen zwischen den Straßenbäumen beginnen schon zu glimmen, als ich in unsere Straße einbiege. Schon von weitem sehe ich einen Mann, der auf der anderen Straßenseite vor unserem Haus steht. Aufmerksam sieht er nach oben.

      Schnell schalte ich den Motor aus und schiebe die Blaue Elise leise das letzte Stück die Straße entlang. Ich versuche im Schatten der Bäume zu bleiben und schlüpfe schließlich durch die große Haustür in den Hinterhof. – Hat er mich jetzt gesehen, oder nicht? - Wer ist das überhaupt? – Warum beobachtet der unser Haus?

      Mit klopfendem Herzen schließe ich möglichst geräuschlos die hohe Tür hinter mir und hoffe, dass dieser Kerl es nicht auf mich abgesehen hat. Er macht mir Angst.

      Mit zitternden Fingern schließe ich Elise ab und hetze, zwei Stufen auf einmal nehmend, in unsere Etage hinauf. Was ist das für ein Typ da draußen und warum starrt er unser Haus an? Das Minutenlicht geht aus.

      Ich öffne vorsichtig ein Treppenhausfenster und spähe auf die Straße hinunter. Der Mann ist nicht mehr zu sehen. Erleichtert atme ich auf. Wahrscheinlich habe ich mich nur geirrt. Was Bea aber auch heute so alles erzählt hat. Da muss man ja ganz durcheinander kommen. Langsam gehe ich die letzten Stufen hoch zu unserer Wohnung.

      „Hallo Lana“, Papa steht an der Flurgarderobe und zieht seine Jacke aus. „Lieb, dass du den Einkauf erledigt hast, aber ich hätte doch auch ein Baguette mitbringen können“, begrüßt er mich.

      Ach, diese Möglichkeit hätte auch bestanden?

      Didier lugt um die Ecke und grinst. Ich blitze ihn böse an und er verschwindet.

      „Wo hast du es denn überhaupt?“, fragt Papa.

      „Was?“ schnaufend lasse ich mich auf dem Boden nieder um endlich meine Chucks auszuziehen.

      „Na das Baguette.“ Mein Vater sieht mich mit großen Augen an und breitet fragend die Arme aus.

      „Och nein!“ stöhne ich auf und lehne den Kopf verzweifelt an die Flurwand. „Hinten auf dem Gepäckträger.“

      Didier lacht in der Küche laut auf. Ich höre Maman sagen: „Das kannst du jetzt aber mal holen Didier.“

      Didier

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