DIE GABE. Michael Stuhr

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DIE GABE - Michael Stuhr

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sich mit einer kurzen Umarmung von seinen Eltern, oder besser: von Bruder und Schwägerin, und verließ die Manhattan, die schon am Abend wieder in Richtung New York auslaufen würde.

      „D43M0N“ leuchtete es Diego dunkelblau vom weißen Nummernschild entgegen. Da hatte der Angestellte ihm offenbar ohne besonderen Auftrag ein Namensnummernschild besorgt. Die Buchstabenkombination sollte wohl für Diego Montenaux stehen, erinnerte ihn aber viel eher an das Wort „DAEMON“. – Irgendwie erwischt einen das Schicksal doch immer, und wenn es bloß mit solchen Nebensächlichkeiten ist.

      Der neue Pass tat seinen Dienst und weder die Einwanderungsbehörde noch der Zoll machten Schwierigkeiten. Die Hackerzentrale der Darksider hatte mal wieder ganze Arbeit geleistet und Diegos neue Identität hielt natürlich jeder Überprüfung stand. Keine zehn Minuten nachdem er den Porsche vor dem Bürogebäude gestoppt hatte, konnte er schon weiterfahren.

      San Francisco hatte auf Diego schon immer den Eindruck eines versteinerten Meeres mit mächtigen Wogen gemacht. Er verzichtete darauf, auf den nächsten Freeway einzubiegen und fuhr nur so zum Spaß ein wenig durch die Stadt. Tief schnitten sich die Straßen ihren Weg durch die Häuserschluchten. Schnurgerade zogen sie sich steile Hügel hinauf. Sie schienen direkt in den Himmel zu führen, um dann unvermittelt so plötzlich in das nächste Tal abzukippen, dass Diego unwillkürlich das Lenkrad fester umfasste. Das waren die Kreuzungen, wo leichtsinnige Fahrer, die nicht auf die Schilder achteten, mit ihren Stretchlimousinen und Reisebussen schon mal auf dem Asphalt aufsetzten. Hier mussten fast täglich Fahrzeuge freigeschleppt werden, weil die Räder den Bodenkontakt verloren hatten.

      Die Gegend wurde flacher. Trotz der Nacht im Pool fühlte Diego sich ein wenig abgespannt. An einer günstigen Stelle stoppte er vor einem Starbucks und gönnte sich einen Kaffee und eine kleine Flasche Wasser. Das würde reichen, ihn bis zum Abend fit zu halten.

      Zeit, in Richtung Wohnheim aufzubrechen. In dieser Gegend war Diego noch nie gewesen. Er hatte sich eindeutig verfahren, aber die Atmosphäre der Stadt gefiel ihm, und er hielt es nicht für nötig, das Navi zu aktivieren. Irgendwann erreichte er wieder bekanntes Gelände. Hier in der 14th Street gab es irgendwo eine Frachtagentur, mit der sein Vater zusammenarbeitete.

      Er bog in die Mission-Street ein und suchte ein Hinweisschild, das in Richtung Bolinas wies, wo das Wohnheim lag. Nun wurde es doch Zeit, sich vom Navigationsgerät helfen zu lassen. Diego benutzte die Spracheingabe und nannte die Adresse des Wohnheims. Danach rief er bei der Hausverwaltung an, damit jemand mit dem Zimmerschlüssel dorthin kam, um ihn einzuweisen. Vierzig Minuten später war er da.

      Das altehrwürdige Wohnheim lag in der Nähe des Stinson Beach innerhalb eines großen Areals. Schon vor Generationen hatten die Darksider hier etliche Hektar Land direkt an der Küste gekauft und nach und nach bebaut. Das Gelände wirkte wie eine gut gepflegte Ansammlung von Vorstadtvillen und Luxusapartmenthäusern. Auch die Fahrzeuge der Bewohner ließen erahnen, dass es nicht gerade die ärmsten Leute waren, die hier wohnten. Die zentrale Poststelle und die Entsorgungseinrichtungen an der Zufahrt des Geländes deuteten darauf hin, dass selbst Briefträger und Müllmänner keinen Zugang zu den Wohnhäusern hatten.

      Auf einen Zaun um das Gelände herum hatte man verzichtet. Nur ein großes Schild an der Zufahrtsstraße wies unübersehbar in mehreren Sprachen darauf hin, dass alle Besucher sich zuerst in der Poststelle zu melden hatten.

      Diego fühlte sich nicht als Besucher, und die Schranke war oben, also fuhr er unbehelligt auf das Gelände und parkte den Porsche direkt am Wohnheim neben einem Maserati-Cabrio. Er verzichtete darauf das Verdeck des Wagens zu schließen, nahm sein Gepäck und ging auf den Haupteingang zu. Nach knapp zwanzig Schritten stoppte der Van eines privaten Wachdienstes neben ihm. „Leichte Jagd, Sir“, sprach der Beifahrer ihn mit dem Gruß der Darksider an.

      Diego blieb stehen. „Langes Leben! Ich wohne hier“, sagte er. „Erstsemester, äh - Freshman.“

      „Willkommen in Berkeley, Sir.“ Der Beifahrer stieg aus. „Dürfte ich Ihre Papiere sehen?“

      „Sicher.“ Diego stellte die Taschen ab und reichte dem Mann seinen Pass und die Bestätigung der Hausverwaltung für Zimmer 512 zum heutigen Tag.

      „Danke, Sir.“ Der Mann kletterte wieder auf den Beifahrersitz und glich die Daten auf einem Notebook ab, das auf dem Armaturenbrett angebracht war. Er brauchte dafür nur wenige Sekunden, da er bloß die Barcodes auf den Dokumenten auslesen musste.

      „Alles in Ordnung Sir.“ Der Mann reichte Diego seine Papiere zurück. „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt.“

      „Danke.“ Diego nahm die Taschen wieder auf und ging ins Haus.

      Die Verwaltung hatte zur Schlüsselübergabe eine dunkelhaarige junge Frau geschickt, die in der Eingangshalle auf ihn wartete. Ohne jeden Zweifel eine Darksiderin. Sie trug eine Kennkarte an ihrer Kostümjacke und verzichtete darauf, seine Papiere zu prüfen, als er sich mit kurzen Worten vorstellte. Wahrscheinlich hatte sie durch die Glastüren hindurch gesehen, dass der Mann von der Security das schon erledigt hatte. „Leichte Jagd!“, grüßte sie.

      „Langes Leben!“, wünschte Diego mit einem unverbindlichen Lächeln.

      „Ich bin Alicia Moss von der Hausverwaltung. Willkommen in Berkeley. Das Beste wird sein, wenn wir zunächst zu deinem Zimmer gehen, damit du das Gepäck abstellen kannst.“

      „Gerne.“ Diego folgte ihr zu den Aufzügen. „Ist mein Mitbewohner eigentlich schon da?“

      „Oh, ich fürchte, das weiß ich nicht“, sagte Alicia mit einem bezaubernden Lächeln, „aber ich könnte nachfragen.“ Sie griff nach ihrem Handy.

      „Nicht nötig, danke“, wehrte Diego ab. In spätestens zwei Minuten würde er ja sowieso wissen, ob Hercule den Weg hierher auch schon gefunden hatte.

      Hatte er nicht, also konnte sich Diego ganz in Ruhe die Einrichtungen des Hauses zeigen lassen und seine Seite des Zimmers einräumen. Gerade schloss er das Stromkabel seines Notebooks an, als es vor der Tür rumorte. Schabende und schleifende Geräusche drangen durch das Holz, gefolgt von einem Poltern und einem leisen Fluch. Statt anzuklopfen trat jemand von außen gegen die Tür. Den Geräuschen nach musste das die Lieferung mit der schweren Bücherkiste sein. Diego ging eilig zur Tür und öffnete sie.

      „Hallo, Diego!“ Es war Hercule, der sich gleich drei prallvolle Reisetaschen umgehängt hatte. Auf dem Weg hierher waren die Gurte ihm allerdings von den Schultern gerutscht, hingen jetzt in den Armbeugen und behinderten ihn bis zur Bewegungslosigkeit. Ändern konnte er daran nichts, denn vor sich trug er einen Flachbildschirm von enormen Ausmaßen, auf dessen Sichtfläche alles mögliche Zeug gestapelt war. Diego erkannte eine Notebook-Tasche, eine X-Box mit den nötigen Controllern und DVDs, eine Mini-Stereoanlage mit Lautsprecherboxen und einige unidentifizierbare Geräte, die aber bestimmt alle auch gewaltig viel Krach machen konnten. Ganz obenauf thronte ein Plastik-Totenschädel mit einem Elektrokabel daran.

      „Mein Nachtlicht“, erklärte Hercule, der Diegos Blick bemerkt hatte. „Der leuchtet. Klasse, was? Ich kann im Dunklen doch nicht schlafen. Er kann auch singen. Drei Lieder. Zeig ich dir. Ich schließ ihn gleich an.“

      „Hallo, Hercule.“ Diego spähte in den Flur. „Ist niemand von der Hausverwaltung da?“

      „Nein.“ Hercule schüttelte den Kopf. „Dieser Hausmeistertyp ist mit dem Taxifahrer gleich zurück zum Tor. Ich hab gehört, dass du schon da bist, da hab ich dem gesagt, dass du mir alles hier zeigst.“

      „Ah, ja. Na, komm rein.“ Diego trat zur Seite. „Soll ich dir was

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