Algarveflimmern. Birte Pröttel

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Algarveflimmern - Birte Pröttel

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auf den Mann vor sich, der umständlich seine Sachen in die Schale legte. Dann fing er auch noch an, Kleingeld aus den Hosentaschen zu fummeln.

      „Genau, wie an der Supermarktkasse!“ zeterte sie zu mir rüber.

      Ich grinste und schwupp war ich auch schon dran und durch. Und vor lauter Ärger über ihren Vordermann hat Mama vergessen, sich um ihre eigenen Sachen zu kümmern und nestelte nun ihrerseits umständlich das IPad aus der Tasche.

      „He, Mama, hast du mal wieder Probleme mit „Murphys Law“?“

      „Verarschen kann ich mich selber!“

      „Mama, so was sagt man nicht!“

      Es stimmt: bei Mama geht immer alles daneben, sogar Dinge, die bei anderen ganz normal funktionieren! So wie der berühmte Herr Murphy es prophezeit „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Egal ob Mama im Supermarkt oder bei der Personenkontrolle ansteht. Sie hat einfach kein Glück. Sagt sie. Ich glaube, das macht sie extra. Hat ja sonst nicht viel zum Meckern. Aber auch sie schaffte es durch die Kontrolle, sogar ohne dass der Piepser Alarm quiekte.

      Die einen haben Schmetterlinge auf ihren himmelblauen Koffern, wie die Tussi vorhin in der Check-In Schlange. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch. Und die rotierten wie die Düsenturbinen. Sie trieben das Flugzeug zu schnellerem Tempo an. Sie trieben mich zu meinem Moritz.

      Endlich in der Maschine schlängelte Mama sich zwischen den Mitreisenden durch. Unmengen von Rucksäcken, Taschen, Beuteln und Plastiktüten hinderten sie nicht daran, zielstrebig ihren Platz anzusteuern. Meine hübsche Mama Martina sieht aus, wie eine naturgetreue Kopie von Nena. Schwarzhaarig, schmal und auf lässige Art elegant. Bereitwillig machten ihr die Leute Platz. Und dann spielte sie, raffiniert wie immer, ein Schulterleiden vor. Mit ein paar ihrer unwiderstehlichen Augenaufschläge lächelte sie den hübschen Flugbegleiter an:

      „Können sie so lieb sein und meinen Kabinenkoffer ... Ich habe nämlich einen Tennisarm!“

      Der nette Junge ächzte, als er Mamas Kabinenkoffer anhob.

      „Der hat aber bestimmt mehr als acht Kilo!“ grinste er.

      „Weiß ich nicht!“ entgegnete Mama mit Unschuldsmiene, „ ich wiege ihn nie.“

      Mit einem gequälten Seitenblick hob er das Stück und brach damit bestimmt den Weltrekord im "schwere Koffer ins Gepäckfach stemmen", denn das Teil wog mehr als ein Flusspferd. Der freundliche Helfer sah aus, als wäre Dauergast in der Muckibude, aber er stöhnte auf und fiel fast nach hinten um, das ging aber nicht, weil die Kabinen eben eng sind

      „Danke, danke, danke, sie sind ein Schatz!“ strahlte Mama ihn an. Er lächelte verkrampft, sicher hatte er jetzt „Rücken“. Den hielt er sich auch. Ich verkniff mir, ihn ebenfalls um Hilfe zu bitten, denn mein winziges Köfferchen war genauso schwer wie die Mülltonne eines Chinarestaurants.

      Da kam mir Mamas „Nebenmann“ zur Hilfe. Beim Heben seiner Arme fiel ich fast in Ohnmacht. Das Anwenden von Deodorant hielt man wohl zu seiner Zeit bestimmt für schädlich, wenn nicht gar krebserregend. Haben die es nicht neulich in einer Fernsehsendung gesagt „und was im Fernsehen kommt, stimmt doch“ oder? Nun hatte ich Nasen-Krebs.

      Mama schützte vorausriechend die empfindliche Nase mit ihrem neuen Dolce Gabbana Schal vor aggressiven Naturduft Attacken. Als besondere Dreingabe waren die Poren des hilfreichen Zeitgenossen von einer papageienbunten Tattoolandschaft verunstaltet. Seine Fahne hätte als Bionarkose bei Naturheilverfahren einen ganzen Krankensaal in Schlaf versetzt. Ich konnte dem Aroma nicht entkommen. Nach getaner Arbeit ließ er sich zufrieden in den Sitz neben Mama plumpsen. Das hatte eine weitere Duftwolke zur Folge. Seine nackten, mit blonden Stacheln übersäten Waden, steckten in mikrokurzen zerrissenen Designerjeans. Die Beine spreizte er lässig und dabei berührten seine Knie Mamas zarte Waden. Himmel hilf! Das fing ja schon gut an.

      Mama tat das einzig Wahre: sie stellte sich tot. Und Tote haben bekanntlich keinen Geruchssinn. Wow, da hatte Mama Pech gehabt.

      Mir ging es erheblich besser. Mir war das alles egal, ich war verliebt und schwebte auf Wolke sieben in zehntausend Metern Höhe über der Erde. Verliebt sein ist das Eine, Liebe das Andere. Und manchmal ist das Eine das Andere und umgekehrt. Die Liebe meines Lebens: Moritz. Dass man noch mehr lieben kann, das wusste ich da auf meiner Wolkenfahrt nicht…

      Zwar knutschte und fummelte ein verliebtes Pärchen ununterbrochen neben mir. Sie duftete nach Patschuli und er benebelte mich mit Testosteron-Wolken. Nach dem Motto: Alles Bio! Da träumte ich dann eben wieder von meinem Moritz.

      Ich freute mich, in dem alten Herrenhaus an der Algarve bei Vollmond meinen Geburtstag zu feiern. Sternförmig reisten wir auf unser Ziel die „Quinta Velha“ zu. Wir, das waren Papa, Mama, Moritz und ich. Nur wir vier! Ganz allein!

      Was wir nicht wussten: die Quinta war schon bevölkert, wie ein Ameisenhaufen.

      Paul, der verkrachte Künstler, wohnte dort sowieso jahraus jahrein . Papa hatte kein Sterbenswörtchen darüber zu uns gesagt. Da Paul von seinen von der Kunstwelt verkannten Werken, nicht leben konnte, hütete er unsere Hütte.

      Meine exzentrische Oma Paula war auch auf der Quinta gestrandet und breitete sich mit ihren bunten Tüchern und Hüten wie ein Schimmelpilz aus.

      Mein Moritz kam von irgendwo von der Iberischen Halbinsel. Er hatte moderne Gebäude spanischer und portugiesischer Architekten für seine Diplomarbeit fotografiert und wartete auf mich.

      Papa war noch nicht da, er ackerte mit dem Auto die 3000 Kilometer ab und behauptete, das würde ihm Spaß machen, wegen der Landschaft. Der Kofferraum platzte fast von den Unmengen Zeug: seiner Fotoausrüstung, einer alten Kaffeemaschine und einem museumsreifen Staubsauger Ungetüm. Weil er unser Gepäck auch mitgenommen hatte, konnten Mama und ich mit federleichtem -haha - Handgepäck reisen.

      Wir ahnten auch nicht, dass Tiago, ein Freund von Paul, andauernd aufkreuzte. Tiago war ein junger Priester und mehr auf der Quinta als in seinem Pfarrhaus. Oma stöhnte, als sie ihn zum ersten Mal sah:

      „Es ist ein Verbrechen, dass so ein Bild von einem Mann den Weibern dieser Welt verloren geht!“

      Als ich ihn sah, fielen mir fast die Augen aus dem Kopf und fortan hatte ich nichts, wirklich nichts gegen göttlichen Beistand. Im Gegenteil. Aber das ist eine andere Geschichte. Oder eben die Geschichte.

      Als wir Dussel den Flug verpasst hatten, jammerte Mama: „Das Neubuchen war sauteuer. Für das Geld hätten wir leicht einen Pauschalurlaub in einem Viersterne Hotel bekommen!“

      Stattdessen hingen wir einen Tag später platt wie Flundern in der Maschine nach Faro. Und in Lissabon wartete Papa!

      Wenige Stunden und Moritz würde mich mit seinen starken Armen rumschleudern, bis mir schwindelig wäre. Ich hielt es kaum aus vor Sehnsucht. Wir hatten drei Wochen nur per WhatsApp Kontakt gehabt. Er hatte seine Messages total süß mit Milliarden Emoticons verziert. Immer wieder guckte ich die Herzchen und Küsschen auf den Nachrichten an. Ich glaub, dabei schossen mir auch Herzchen und Sternchen aus den Augen wie in einem Comic. Nur noch drei Stunden aushalten. Dann...

      Der Champagner, den Mama und ich genüsslich geschlürft hatten, zeigte Wirkung. Die Bauch-Schmetterlinge machten langsam schlapp und legten ein Päuschen ein. Lang genug, um von Moritz‘ weichen, warmen Händen zu träumen. Er hatte die schönsten Jungenhände, die ich kannte. Die Fingernägel waren nicht abgeknabbert wie bei 90 Prozent der männlichen Smartphone

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