Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Das Erbe der Ax´lán - Hans Nordländer

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der Pyramide der Sinaraner erwartete sie nach wie vor das Bild des Schlachtfeldes. Die Priester hatten einen Teil ihrer Ausrüstung zurückgelassen, die zerstreut in der Gegend herumlag. Der Boden war an einige Stellen aufgerissen. Dort waren osonische Geschosse eingeschlagen. Die Vegetation auf der Pyramidenoberfläche zeigte mancherorts Lücken und war teilweise angesengt oder ganz verbrannt. Am Fuß des Gebäudes fanden sich die Spuren der Versuche der Priester, es zu unterhöhlen. Sehr weit waren sie allerdings nicht gekommen. Auf den sichtbaren Oberflächen der Außenwände waren keine Schäden zu erkennen. Taligh wunderte sich darüber, denn nachdem, was die Sinaraner berichtet hatten, hatte er größere Schäden erwartet. Dass hier vor einiger Zeit gekämpft wurde, war nicht zu übersehen. Tote waren jedoch nicht zurückgeblieben, genauso wenig wie Waffen.

      Die Sinaraner wussten, dass ein Beiboot der ZETRIS auf dem Weg zu ihnen war. Beim Eindringen in die Atmosphäre hatte der Pilot das verabredete Signal abgestrahlt.

      „Hier war ja richtig was los“, fand Taligh, als sie vor der Pyramide standen und sich die Umgebung anschauten.

      „Das kann man wohl sagen“, erwiderte Neneema, auf deren blaue Haut unter der Sonne Azurans ein Schimmern lag, das im Kunstlicht in den Räumen der ZETRIS kaum erkennbar war. „Ah, das Tor öffnet sich.“

      In diesem Augenblick hatte sich der Eingang zur Pyramide aufgetan. Er wurde von keiner Tür verschlossen, sondern von einem Energiefeld, das im aktivierten Zustand den Eindruck einer geschlossenen, steinernen Oberfläche erweckte. Kurz darauf kam Osir an den Ausgang. Er verließ die Pyramide jedoch nicht, sondern winkte Neneema, Taligh, Gnee und Hyldan einladend herbei.

      „Seid willkommen“, begrüßte er sie im Eingang. Hinter ihnen schloss er sich wieder, was an der Trübung des Lichtes in dem Gang zu erkennen war. Auch jetzt noch war ein Blick nach draußen möglich. „Besonders freut uns, einige aus der Gruppe zu sehen, die die lange Suche nach den Fragmenten auf sich genommen haben. Wie steht es damit und wie geht es euren Freunden?“

      Offensichtlich war Osir nicht über die letzten Ereignisse unterrichtet.

      „Das ist eine lange Geschichte“, erwiderte Taligh. „Vielleicht wäre es gut, wenn Gnum auch an der Unterredung teilnehmen würde. Es sind einige Dinge zu besprechen.“

      Dass das Auftauchen der Oson kein reiner Freundschaftsbesuch war, hatte sich Osir schon gedacht. Aber jetzt wurde er neugierig, was sie ihnen berichten würden.

      Osir ging mit ihnen in einen nahen Raum. Nach wie vor gab es keine Möbel und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich im Stehen zu unterhalten. Dann tauchte Gnum in der Begleitung eines dritten Sinaraners auf, den die Oson bisher noch nicht kannten. Gnum stellte ihn als Amenubis vor. Nach einer kurzen Begrüßung kamen sie bald zum wichtigen Teil ihrer Begegnung.

      „Um es kurz zu machen“, begann Taligh ohne Umschweife, „wir haben die sieben Fragmente.“

      „Alle sieben des Chrysalkristalles?“, vergewisserte sich Osir überrascht. „Wenn das stimmt, konntet ihr unsere Bitte am Ende unerwartet schnell erfüllen.“

      „Ja, es stimmt, obwohl wir es gar nicht als so schnell empfunden haben. Und es verlief so wenig reibungslos, wie wir es erwartet hatten. Allerdings befinden sich die Fragmente noch auf der ZETRIS. Und wie es unseren Freunden geht, das wissen wir nicht.“

      Die Sinaraner blickten ihn ernst an, dann bat Gnum ihn, der Reihe nach zu berichten.

      Taligh begann mit der Begegnung zwischen ihnen und Alben Sur, kurz bevor sie Neerbucht erreichten. Die Sinaraner wussten noch nicht, dass es den Orden des Enkhór-mûl nicht mehr gab, ihnen war aber aufgefallen, dass er sich seit der verlorenen Schlacht nicht mehr um sie gekümmert hatte. Die Überfahrt in die Seemark schilderte Taligh nur in knappen Worten. Dann kamen die Ereignisse in der Ruine der Seefestung, das unerwartete Auftauchen von Elemaris und schließlich die Erkundung des Schiffes, in dem die Ax´lán ihre geheime Forschungsstation errichtet hatten, an die Reihe. Taligh berichtete von ihrer Verfolgung durch den Kampfroboter, die Ereignisse um den Tod Alben Surs und ihre anschließende Flucht aus dem unterirdischen Labyrinth. Und schließlich erwähnte er die Zeitverschiebung der Seefestung und mit ihr die ihrer Freunde.

      Die Sinaraner waren nachdenklich geworden. Sie waren ehrlich überrascht darüber, dass dem Chrysalkristall Kräfte innewohnen sollten, die angeblich das ganze Planetensystem von Nephys erschüttern konnten. Und genauso ehrlich waren sie bestürzt darüber, dass sie einen Teil ihrer Gruppe in der Zeit verloren hatten. Unter diesen Umständen war selbst ihre Freude über ihre Rettung nicht so ungetrübt, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber am Ende durfte es für sie keine andere Lösung geben.

      Nach einer kurzen Zeit des Überlegens sagte Amenubis:

      „Einiges von dem, was ihr berichtet habt, ist uns bekannt. Es stimmt, dass dieser Kristall als Kraftquelle nicht von uns entwickelt wurde. Er wurde von unseren Vorfahren auf einem anderen Planeten entdeckt und dann nach Kukul gebracht. Dass wir ihn schließlich nach Elveran mitnahmen, hatte den Grund, dass er uns eine Macht gab, die uns ermöglichte, die Ax´lán zu beherrschen. Wir hatten jedoch keine Ahnung davon, dass er eigens für diesen Planeten geschaffen wurde, noch dazu von Wesen, von denen wir keine Vorstellung haben. Und ich glaube, es geht nicht nur mir so, wenn ich sage, dass mir das zu glauben schwerfällt.“

      „Aber warum war es überhaupt eure Sache, die Ax´lán, die sich hierher geflüchtet hatten, zu überwachen?“, fragte Gnee.

      „Nun, als wir ausgeschickt wurden, gab es noch den sogenannten Galaktischen Bund, das war die Vorläuferorganisation des Zivilisationsrates. Eines ihrer Gesetze war, bewohnte Planeten vor außerplanetarischem Einfluss zu bewahren, wenn die Einwohner ein bestimmtes Entwicklungsstadium noch nicht erreicht hatten. Dieser Schutz sollte auch gewährleistet werden, wenn dieser Einfluss von einem Volk ausging, das nicht zum Galaktischen Bund gehörte, also in diesem Fall von den Ax´lán.“

      „Hätten die Ax´lán nicht selbst auf ihre Leute aufpassen können?“

      „Ich bin sicher, dass sie nicht nur auf sie aufgepasst hätten, sondern sogar versucht hätten, sie wieder einzufangen. Doch das hätte Krieg auf Elveran bedeutet mit ungeahnten Auswirkungen. Die Ax´lán, die sich in der Zwischenzeit hier ausgebreitet hatten, hatten sich waffentechnisch weiterentwickelt. Sie wurden von einem Forschungsschiff des Galaktischen Bundes entdeckt, genauer gesagt, von dem Volk der Te´kumos. Um die Lage für die Elveraner nicht noch mehr zu erschweren, hat der Galaktische Rat beschlossen, den Ax´lán nicht von ihren Volksgenossen auf diesem Planeten zu unterrichten, sondern selbst dafür zu sorgen, dass nichts Schlimmeres geschah, als bereits geschehen war. Und da wir Sinaraner den Chrysalkristall besaßen und mit verhältnismäßig geringem Aufwand eine Überwachungsstation errichten konnten, übernahmen wir diese Aufgabe.“

      „Hattet ihr denn nicht auch die Absicht, die Ax´lán von Elveran zu entfernen?“, fragte Gnee.

      „Nein, auch das hätte wahrscheinlich Krieg bedeutet. Und den wollten wir unter allen Umständen vermeiden. Unser Ziel war es, ihre weitere Ausbreitung zu verhindern.“

      „Wenn ihr den Kristall nicht eingebüßt hättet, wie hättet ihr dann den Ax´lán Einhalt bieten wollen?“, fragte Hyldan.

      „Zugegeben, das ist eine unbeantwortete Frage“, antwortete jetzt Gnum. „Wir bezweifeln aber, dass wir den Untergang von Ax´lûm hätten verhindern können. Zwar waren uns ein Teil ihrer Experimente bekannt, aber dass sie dabei waren, die Kräfte von Nephys anzuzapfen, erkannten wir zu spät. Da hatten sie zwar noch nicht unseren Kristall in ihren Besitz gebracht, aber der Kontinent war nicht mehr zu retten. So mussten wir machtlos zusehen, wie sie seinen Untergang beschleunigten.

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